Die Vierfleck Libelle - ein beeindruckender Wanderschwärmer
von Christel und Hans-Martin Scheibner
Die Vierfleck Libelle (Libellula quadrimaculata / Segellibelle) gehört mit zu den häufigsten Libellen in Deutschland. Dort kann man sie vom nordischen Tiefland bis in gut 1000m Höhe des Alpenraums finden. Sie ist jedoch in der gesamten nördlichen Hemisphäre anzutreffen wie Europa, Asien und Nordamerika. Von Mai bis August fliegt sie an pflanzenreichen Stillgewässern jeglicher Größenordnung, ist aber auch an Gartenteichen zuhause. Sogar in Brackwasser können sich ihre Larven entwickeln. Das Pflanzenreichtum ist wichtig, da ihre Larven am Ende ihre Entwicklung zum Schlüpfen an ihnen zur Wasseroberfläche klettern. Im Alter von höchstens 9 Wochen ist der Lebenszyklus der Libelle beendet.
Mit einer Körperlänge von 41 - 45mm und einer Spannweite von 76mm ist sie recht groß und wird deshalb auch der Familie der Großlibellen zugeordnet. Großlibellen ? Aus dem Permzeitalter kennt man Libellen mit einer Spannweite von sage und schreibe 75cm. Die Vierfleck Männchen kann man fast nicht von den Weibchen unterscheiden, von den Farben her sind beide Geschlechter gleich. Nur die Hinterleibsanhänge sind beim Männchen etwas nach außen gerichtet.
Sie ernährt sich von Insekten, die sie im Flug fängt. Da diese Libellen beim Jagen sehr schnell fliegen, sind sie aufgrund ihrer starren Linse mit Facettenaugen, welche aus 30.000 Einzelaugen bestehen, ausgestattet. Zusammen bilden sie den Sehkomplex, wobei in diesem Fall der obere Teil eher auf Fernsicht, der untere auf Nahsicht eingestellt ist. Großlibellen werden Fluggeschwindigkeiten von 100km/h zugeschrieben. Normalerweise fliegen Libellen aufgrund ihrer hohen Fluggeschwindigkeit geräuschlos. Bei Großlibellen ist allerdings bei Flugmanövern ein leichtes Knistern zu hören, welches durch das Aneinanderreiben der Hinter- an den Vorderflügeln.
Da Libellen wie alles Insekten wechselwarm sind, passen sie sich der Außentemperatur an. Sie müssen Tageswärme tanken, um ihre nächtliche Unbeholfenheit zu vertreiben. Erst dann sind sie in der Lage, zu fliegen.
Die Paarung findet ebenfalls im Flug statt. Danach legt das Weibchen bis zu 2000 Eier in einem wippenden Flug ab, indem sie mit dem Hinterleib immer wieder die Wasseroberfläche berührt. Ihre Anzahl ist größer als bei Libellen, welche ihre Eier mit dem Legebohrer in Pflanzen legen. Die Eier werden durch eine durchsichtige Gallerthülle geschützt und sinken auf den Boden des Gewässers oder bleiben an der Unterwasservegetation kleben, die sie zufällig treffen.
4 Wochen später schlüpfen die Larven, welche am Grund auf kleine Larven, Insekten und Krebstierchen warten, um diese zu fressen. Dabei schrecken sie auch vor ihrer eigenen Art nicht zurück. Sie sind gut zu Fuß, doch müssen sie sich einmal schneller bewegen, bedienen sie sich der Torpedotechnik. Normalerweise pumpen sie durch ihre Öffnung im Hinterleib Wasser ein und aus, um die Kiemen im Enddarm mit dem im Wasser gelösten Sauerstoff zu versorgen. Doch in diesem Fall lösen sie sich vom Boden und pressen ruckartig alles Wasser aus dem Hinterleib, wodurch sie ein Stück vorwärts schnellen, was mehrfach wiederholt werden kann. Etwa 2 Jahre benötigen sie für ihre Entwicklung zur Libelle, die etliche Stadien durchläuft. Sie ist nötig, weil jeweils die Chitinhülle zu eng wird. Unter dieser hat sich dann schon eine neue, dehnungsfähige Haut gebildet, welche aber in kurzer Zeit fest wird. Ihre gesamte Larvenzeit verbringen sie im Wasser, wo sie auch überwintern, indem sie sich im Schlamm eingraben.
Libellen und ihre Larven sind große Jäger, stehen aber umgekehrt auch auf der Speisekarte anderer Tiere. So ist davon auszugehen, daß mindestens 95 % der ausgeschlüpften Larven als Beutetier enden. Sie sind also ein wichtiges Glied im ökologischen Systems.
Vierflecklibellen sind dafür bekannt, in Schwärmen zu wandern. Diese Schwärme können gigantische Ausmaße annehmen. Beispielsweise setzte sich der größte über Deutschland beobachtete Schwarm am 19. Mai 1862 aus schätzungsweise 2,4 Milliarden Tieren zusammen.
Angst vor Libellen?
Ursprünglich waren diese schönen Insekten, welche als größte Spezies der gesamten Insektengruppe gelten und in England "Dragenfly" - Drachenfliege - heißen, der germanischen Götin Freya gewidmet und galten als heilig. Ihr war der Freitag zugeordnet. Im Zuge der Missionierung wurde der Freitag zum Unglückstag erklärt, und über die Libelle wurden die wildesten Geschichten in Umlauf gebracht. Ihre starren Augen, die Körperform, aber auch ihr Legebohrer wurden so zum Anlaß zu allerlei Aberglauben. Sie galt nun als teuflische Blutsauger, und so gab man ihr Namen wie Satansbohrer, Gift-, Hexen- oder auch Teufelsnadel. Die Bezeichnung "Siebenstecher" begründete sich auf dem Gerücht, daß sieben Stiche einer Libelle ausreichen würden, um einen kräftigen Mann oder ein Pferd zu töten.
Die Angst vor Libellen hat die Jahrhunderte überdauert. Immer noch meine viele, Libellen könnten beißen oder stechen. Libellen sind jedoch für Mensch und Tier - außer in diesem Fall natürlich für ihre Beutetiere - absolut ungefährlich. Der Legebohrer der Weibchen, welcher zum Anbohren von Pflanzen benutzt wird, um dort Eier abzulegen, wird von diesen Tieren nicht zur Abwehr benutzt. Außerdem besitzen sie keinerlei Giftdrüsen wie z. B. Wespen oder Bienen. Mit ihrem kräftigen Kiefer können sie zwar Chitinpanzer von kleinen Insekten knacken, aber Menschen und Säugetieren keine blutenden Wunden zufügen - höchstens leicht zwicken. Wenn sich also eine Libelle auf Weidetieren niederläßt, dann nur, um sie von ihren Plagegeistern wie Mücken, Bremsen etc. zu befreien.
Danke für die berichtigte Bestimmung, welche in diesem Fall für mich äußerst schwierig war, durch:
Gerhard Redeker aus Burgdorf und Norbert Steffan aus Augsburg von myheimat !
Autor:Hans-Martin Scheibner aus Xanten |
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