18 Exmoor Ponys suchen ein Zuhause
Kündigung wegen Eigenbedarfs

Christina Verfürth hat ihre eigene Methode, das Vertrauen der scheuen Tiere zu gewinnen. Den Erfolg sieht man
4Bilder
  • Christina Verfürth hat ihre eigene Methode, das Vertrauen der scheuen Tiere zu gewinnen. Den Erfolg sieht man
  • hochgeladen von Randolf Vastmans

Exmoor, das ist ein Nationalpark im Südwesten Englands. Aus diesem Nationalpark stammen die Exmoor Ponys, eine Wildpferderasse, wie sie ursprünglicher nicht sein kann. Hierbei handelt es sich nicht um ausgewilderte Hauspferde, sondern um „richtige“ Wildpferde, die dazu noch Großbritanniens älteste Pferderasse sind und heute immer noch genauso aussehen, wie vor Tausenden von Jahren.

Weltweit existieren nur wenige Tausend dieser Warmblüter, die über eine Schulterhöhe von bis zu 1,30 m verfügen. In Deutschland liegt die Zahl bei etwa 400 und 18 davon leben in Xanten.
Hier sorgt Christina Verfürth zusammen mit ihrer Schwester für das Wohl der 18 Tiere, die hauptsächlich aus verwahrlosten Haltungen stammen.
„Die Ponys“, so Christina Verfürth, „sind sehr vielseitig und werden oft privat gehalten, bis die Besitzer merken, dass es sich um Tiere mit eigenem Charakter handelt“.
„It´s a race, not a breed“, sagt der Brite über diese Tausende von Jahren alte Pferderasse, was so viel heißt, wie „Es ist eine Rasse, keine Zucht“.
Sie würden zwar oft als Familienponys gehalten, seien freundlich zu Kindern und robust, aber viele seien nun mal ziemlich „speziell“. Zudem würden diese zähen und widerstandsfähigen Tiere gerne für Shows genutzt und wenn sie ihre Schuldigkeit getan hätten, dem Schlachter zugeführt.
Dann kommt oft Christina ins Spiel.

„Jou, dat isset“

Ihr erstes Exmoor Pony, Ginger, kaufte sie, nachdem ihre Stute „Plümmel“ im Alter von 40 Jahren in Rente ging.
Also habe sie ein Nachfolgepferd zum Reiten gesucht, aber nichts habe ihr so richtig zugesagt.
Von der Arbeit, sie arbeitet bei der Stadt Xanten unter anderem in der Stadtbücherei, lieh sie sich Bücher über Pferderassen aus und stieß auf das Exmoor Pony. „Jou, dat isset“, sagte ich mir in typisch niederrheinischem Hochdeutsch“.
Erkundigungen ergaben einen Kontakt in Exmoor, Professor Willmann, ein Deutscher, der an der ältesten deutschen Universität in Göttingen das Institut für Zoologie und Biodiversität leitete. Der wiederum verwies sie an einen Halter dieser Ponys im münsterländischen Billerbeck, wo sie im Dezember ihre „Ginger“ kaufte.
Bei einem Besuch von Exmoor ein Jahr später lernte sie durch Zufall die Züchterin kennen, der die Rasse sozusagen ihr Überleben zu verdanken hatte, denn in den Hungerjahren des 2. Weltkrieges wurden die Pferde gnadenlos von Wilderern verfolgt, so dass es vorübergehend nur noch 50 von ihnen gab.
So brachte sie es im Laufe von etwa zehn Jahren auf fünf Ponys und gehörte 1995 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Exmoor Pony Gesellschaft, bei der sie noch lange Vorstandsmitglied war.
„Es ist nicht einfach“, resümiert Verfürth, „das Vertrauen dieser Ponys zu gewinnen“. Das gelte besonders, wenn die Tiere Schlimmes erlebt hätten, wie der mit 37 Jahren älteste aktuell lebende Exmoor Hengst Agapanthus, der ebenfalls bei ihr auf der Weide steht. „Der Hengst muss die Hölle durchgemacht haben“, sagt sie und es habe drei Jahre gebraucht, sein Vertrauen zu gewinnen. Auch heute noch merke er, wenn Christina irgendwie unter Stress stehe. Das sei nichts für ihn. Er brauche die absolute Entspannung. Das sei bei allen Pferden dieser Rasse so. Entspanntheit und Ruhe bräuchten sie.

"Lese ihnen Kinderbücher vor"

Um ihnen diese zu vermitteln, hat die Xantenerin ihre eigene Methode. „Ich setze mich auf die Weide und lese ihnen Kinderbücher vor. Das mag für manchen etwas seltsam klingen, aber ich konzentriere mich dabei völlig aufs Lesen, ohne die Pferde dabei anzusehen, denn das mögen sie nicht so gerne“. Dabei vermittle sie ihnen ein Gefühl der Ruhe und des Friedens. Irgendwann kommen sie dann von selbst an.
„Man muss ihnen zeigen, dass es auch Menschen gibt, die ihnen nichts Böses wollen.“
Das wüssten einige Halter, die weniger Geduld zeigten und deshalb ihrer Pferde überdrüssig geworden seien. „Manchmal drohen sie mir schon fast. Entweder ich nehme das Tier oder es wird geschlachtet“.
Dann kann sie nicht anders. Das brächte sie nicht übers Herz. So kam dann eins zum anderen. Dabei erinnert sie sich an einen Fall, als ihr vereinbarungsgemäß ein Pony aus Schleswig-Holstein gebracht wurde und sich in dem Pferdehänger noch ein weiteres befand. Rückfragen beim „Lieferanten“ ergaben, dass sie das Pony für ihn verkaufen und die Differenz zwischen seiner Preisvorstellung und dem erzielten Erlös ihr sozusagen als Provision bleiben sollte. „Darauf habe ich mich nicht eingelassen und das Pony steht jetzt auch bei mir“.
Etwa einen Hektar haben die Pferde auf dem Bauernhof zur Verfügung. Da sie gefüttert werden und sich eher bedächtig bewegen, reiche das aus. Man sagt zwar, ein Pferd brauche etwa einen Hektar, aber das gelte, wenn sie sich von der Weide ernährten. „Hier setzten wir auf Auslaufhaltung und füttern die Tiere“.
Ihr Leben ist durchgeplant. Morgens steht sie in ihrem Häuschen in der Xantener Innenstadt um vier Uhr auf, um zu den Pferden zu gehen und sie zu füttern. Dann geht´s zur Arbeit und danach wieder zu den Pferden. So werde es meist 23 Uhr, wenn sie wieder nach Hause komme. „Den letzten Urlaub hatte ich 1999. Da war ich in England, um ein Pferd zu kaufen“, erinnert sie sich mit einem Augenzwinkern.

Tiere haben viel durchgemacht

Als Stress sieht sie das nicht. „Wenn ich nach Feierabend zu meinen Tieren komme, fällt jeder Stress von mir ab. Das ist für mich Erholung“.
Leider wurden ihr im letzten Jahr Wiese und Scheune wegen Eigenbedarfs gekündigt. Seitdem sucht sie eine adäquate Fläche von ebenfalls etwa einem Hektar, möglichst in oder um Xanten. Bis zum Ende dieses Jahres muss sie den Hof mit den Pferden verlassen, was ihr schlaflose Nächte bereitet.
„Was, wenn sie nichts findet? Was passiert dann mit den Pferden? Es werde aus den eingangs beschrieben Gründen nicht leicht sein, diese abzugeben? Und wenn, in welche Hände kämen sie, die schon so viel durchgemacht haben und sich wieder an neue Menschen gewöhnen müssten“?
Fragen über Fragen, aber noch will sie die Hoffnung nicht aufgeben.
Vielleicht findet sich ja doch noch eine akzeptable Lösung?
Sollte, wie man so schön sagt, jemand jemanden kennen, der jemanden kennt, kann der Kontakt gerne über unsere Redaktion hergestellt werden.
18 Exmoor Ponys und drei weitere Pferde würden es danken.

Randolf Vastmans

Autor:

Randolf Vastmans aus Xanten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

15 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.