Hubertusmesse - Zwischen Tradition und Kritik
04.11.2024
Die Hubertusmesse, auch als Jägermesse bekannt, ist eine besondere Messe zu Ehren des heiligen Hubertus von Lüttich, dem Schutzpatron der Jäger. Traditionell wird sie Anfang November – oft am 3. November, dem Gedenktag des heiligen Hubertus – gefeiert. Die Messe ist geprägt von feierlicher Musik, die typischerweise mit Jagdhörnern gespielt wird, sowie von Riten und Symbolen, die die Beziehung des Menschen zur Natur und die Verantwortung der Jägerschaft gegenüber dem Wild betonen.
Ursprung und Bedeutung der Hubertusmesse
Der Ursprung der Hubertusmesse reicht ins Mittelalter zurück, als Hubertus von Lüttich (656–727 n. Chr.) heiliggesprochen wurde. Der Legende nach war Hubertus ein leidenschaftlicher Jäger, der jedoch eine religiöse Erleuchtung erlebte, als er bei einer Jagd einen Hirsch mit einem leuchtenden Kreuz zwischen den Geweihstangen sah. Dieses Erlebnis führte zu seiner Konversion, und er entschloss sich, sein Leben Gott zu widmen. Er wurde Bischof von Lüttich und setzte sich für das Wohlergehen von Mensch und Tier ein.
Die Hubertusmesse verbindet diesen religiösen Hintergrund mit der traditionellen Kultur des Jagdwesens. Jagdhornbläsergruppen tragen zur musikalischen Gestaltung bei, und die musikalischen Elemente sind meist Kompositionen, die die feierliche Stimmung der Natur und der Jagd widerspiegeln. Beliebte Werke sind beispielsweise die Hubertusmessen von Hermann Baumann oder Reinhold Stief.
Inhalte und Rituale
Die Hubertusmesse wird häufig im Freien oder in Kirchen gefeiert und umfasst Elemente wie Gebete, Fürbitten und Predigten, die die Verantwortung der Jägerschaft gegenüber der Natur betonen. Es wird für das Wohl der Tiere gebetet, für den respektvollen Umgang mit der Natur und für das Verständnis, dass die Jagd auch mit Pflichten und Verantwortung verbunden ist. Typische Symbole wie die Trophäe oder der Hirschkopf werden oft in die Dekoration der Messe integriert.
Kritik an der Hubertusmesse
Trotz ihrer langen Tradition ist die Hubertusmesse auch Gegenstand von Kritik. Kritische Stimmen kommen dabei sowohl aus kirchlichen wie auch aus tierschutzorientierten und ethischen Kreisen. Die Kritikpunkte lauten wie folgt:
1. Verknüpfung von Religion und Jagd: Ein häufig geäußerter Kritikpunkt ist, dass die Feier der Jagd im Rahmen einer Messe dem christlichen Prinzip des Schutzes allen Lebens widersprechen könne. Viele Menschen empfinden es als widersprüchlich, wenn im Namen Gottes das Töten von Tieren gefeiert wird, auch wenn dies im Kontext einer "heiligen Messe" stattfindet. Kritiker argumentieren, dass der Tod von Tieren durch Jagd und das dazugehörige Brauchtum wenig mit dem Glauben an einen barmherzigen Gott zu tun haben, der das Leben schätzt und schützt.
2. Symbolik und Trophäenkultur: Die Verwendung von Trophäen und Tierpräparaten als Symbole wird von manchen als problematisch gesehen, weil sie dem Leben der Tiere nicht gerecht werde. Kritiker sehen hierin eine Verharmlosung der Jagd und der damit verbundenen Tiertötung. Sie empfinden die Zurschaustellung von Tieren oder Teilen von Tieren in einem sakralen Kontext als respektlos und als Verherrlichung der Jagd anstatt als Mahnung zur Verantwortung.
3. Missbrauch des Glaubens zur Legitimation der Jagd: Kritiker werfen der Hubertusmesse vor, dass sie den Glauben instrumentalisiere, um die Jagd moralisch zu legitimieren. Durch die religiöse Einbettung werde der Jagd eine ethische Unbedenklichkeit suggeriert, die den tatsächlichen moralischen Fragestellungen, die die Jagd aufwirft, nicht gerecht wird. Dies kann, so die Kritiker, eine verzerrte Wahrnehmung fördern, dass die Jagd aus göttlichem oder kirchlichem Auftrag heraus geschieht.
4. Konflikte mit dem Natur- und Tierschutz: Aus Perspektive des Tierschutzes wird die Hubertusmesse als Widerspruch zum modernen Tierschutzgedanken gesehen. Während die Kirche in ihrer Lehre auch den Schutz der Schöpfung und das Bewahren von Leben predigt, steht die Hubertusmesse symbolisch für eine Tradition, bei der das Töten von Tieren als kultureller oder sportlicher Akt im Vordergrund steht. Tierschutzorganisationen kritisieren daher, dass die Feier einer Jagdmesse ein veraltetes Bild von Mensch-Natur-Beziehungen unterstützt, das auf Herrschaft und Nutzung statt auf Bewahrung und Schutz basiert.
5. Innerkirchliche Differenzen: Auch innerhalb der Kirche gibt es teils kritische Stimmen gegenüber der Hubertusmesse. Einige Geistliche und Gläubige sind der Ansicht, dass eine Messe, die auf den Schutz der Schöpfung hinweist, keinen Raum für eine verherrlichende Darstellung der Jagd bieten sollte. Sie fordern, dass Gottesdienste eher auf die Bewahrung der Artenvielfalt und den Schutz gefährdeter Tiere fokussiert sein sollten.
Die Rolle der Hubertusmesse heute
Trotz dieser Kritik bleibt die Hubertusmesse für viele Jäger eine wichtige Tradition. Sie wird oft als Gelegenheit genutzt, um über die eigene Verantwortung als Jäger nachzudenken und sich für einen ethischen Umgang mit der Natur und den Tieren zu verpflichten. Für viele Gläubige und Jagdanhänger hat die Messe einen symbolischen Charakter, der auf die Achtung der Schöpfung und die Pflicht zur Hege hinweist. Die Diskussion um die Hubertusmesse spiegelt jedoch einen Wandel in der Gesellschaft wider, in der Tierschutz und Naturschutz immer stärker in den Vordergrund treten.
Ein Kompromiss könnte darin liegen, die Messe stärker auf den Schutz und die Pflege der Natur auszurichten und die Rolle der Jagd im Sinne eines achtsamen und nachhaltigen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen zu betonen.
Autor:Hans-Martin Scheibner aus Xanten |
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