Goldene Heilige überdauern die Jahrhunderte
Kolumbus hatte Amerika noch nicht entdeckt, Johannes Gutenberg den Buchdruck nicht erfunden: Um das Jahr 1440, im späten Mittelalter also, gaben die Zisterzienser-Mönche der Abtei Kamp den Auftrag, einen neuen Hochaltar für ihre Klosterkirche zu schnitzen.
In einer Werkstatt aus der Umgebung von Lüttich wurden der Altar und 14 Figuren gefertigt, die Elisabeth Maas, stellvertretende Leiterin des Xantener Stiftmuseums, heute als „etwas ganz Besonderes“ bezeichnet. Denn die Figuren, die vor fast 600 Jahren in Auftrag gegeben wurden, haben die Jahrhunderte überdauert und sind als Ensemble zusammengeblieben. Zu bewundern sind sie ab sofort als Sonderausstellung im Stiftsmuseum.
Wechselvolle Geschichte
Sie haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Nach mehr als 400 Jahren in der Abtei Kamp wurden sie im Zuge der Säkularisation, also der Klosteraufhebung, verkauft. Rückblickend war es ein Glücksfall, dass die Pfarrei St. Peter in Rheinberg damals den Zuschlag bekam. Niemand geringeres als der damalige Kölner Dombaumeister Erich Friedrich Zwirner gestaltete mit den Figuren einen neuen Altar, der seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in St. Peter steht. Das eigentlich zusammenhängende Ensemble teilte Zwirner in zwei Hälften. Und er entschied sich zu einer ungewöhnlichen Maßnahme: Die Gottesmutter Maria, die 400 Jahre lang neben Gott Vater gethront hatte, ließ er umarbeiten. Aus Maria wurde Jesus. „Kunsthistoriker sehen am Gesicht genau, dass das nicht von 1440 ist“, sagt Elisabeth Maas lächelnd. Warum Zwirner sich für die Umwidmung entschied, das bleibt verborgen im Dunkel der Geschichte.
Unter den 14 Figuren ist auch ein Rückkehrer: Mehr als vierzig Jahre lang war die Figur nach einem Diebstahl verschollen, vor eineinhalb Jahren wurde sie mit anderem Diebesgut in einer Tasche vor einem Kloster abgestellt. Nun ist die Figur, die womöglich den Heiligen Philippus darstellt, gereinigt und restauriert worden und steht im alten Glanz zwischen den anderen Heiligen.
Neu erforscht
Diesen Glanz haben alle Figuren unter anderem einer Ausstellung über die Zisterzienser in Bonn zu verdanken. Dort waren sie bis zum Anfang des Jahres als Leihgabe zu sehen und wurden vorher professionell restauriert und auch neu erforscht, wie Maas erklärt. Von Bonn aus sind sie nach Xanten gekommen. Wann sie endlich wieder die verwaisten Plätze im Rheinberger Altar einnehmen ist hingegen noch unklar. Nach einem Wasserschaden sind nach wie vor sämtliche Kunstwerke aus der Kirche genommen und eingelagert worden. Daher ermuntert Pfarrer Martin Ahls alle Rheinberger, die Figuren im Stiftsmuseum aus der Nähe zu betrachten, bevor sie Ende des Jahres zunächst wieder in einem Depot eingelagert werden müssen. „Am 1. Juli, dem Sonntag nach dem Patronatsfest, gibt es für alle Rheinberger kostenlosen Eintritt und eine Sonderführung“, kündigt er schon jetzt an.
Autor:Christoph Pries aus Xanten |
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