485 Tage Kastrationspflicht im Vest:
"Leider kriegen wir nicht immer alle."

Fundkater Wasabi sucht noch ein neues Zuhause. Interessenten melden sich bei der Streunerseelen - stray souls foundation unter 01 57 / 31 31 25 85 oder per Email an info@streunerseelen.org | Foto: Streunerseelen - stray souls foundation
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  • Fundkater Wasabi sucht noch ein neues Zuhause. Interessenten melden sich bei der Streunerseelen - stray souls foundation unter 01 57 / 31 31 25 85 oder per Email an info@streunerseelen.org
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Seit dem 1. Juli 2023 gilt im Kreis Recklinghausen die Katzenschutzverordnung. Das bedeutet: Alle Katzenhalter im Vest müssen ihre Tiere, sofern es sich um Freigängerkatzen handelt, kennzeichnen, registrieren und auch kastrieren lassen. Bei Verstoß droht ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro. Wozu dient diese Verordnung? Wie wird sie umgesetzt, wie kontrolliert? Und was hat sie bisher gebracht? Christina Oddey von der Initiative Streunerseelen – stray souls foundation kennt sich mit der KatzenschutzVO aus. Die 39-jährige Tierschützerin ist eine der Personen, die vom Kreis Recklinghausen berechtigt wurde, Maßnahmen im Sinne dieser Verordnung durchzuführen.

Christina, viele Katzenhalter im Vest fragen sich: Was soll das? Warum gibt es auf einmal diese neue Verordnung?

Zunächst einmal ist die Pflicht, die eigenen Freigängerkatzen kastrieren, kennzeichnen und registrieren zu lassen nicht so neu, wie viele jetzt vielleicht glauben. In vielen Städten – auch in einigen Kommunen im Kreis Recklinghausen – gibt es eine solche Verpflichtung schon seit Jahren. Neu ist jetzt, dass es eine entsprechende Verordnung für den gesamten Kreis gibt. Wobei so neu nun auch wieder nicht. Immerhin ist die KatzenschutzVO schon seit fast anderthalb Jahren in Kraft.

Aber wozu das ganze? Ist es nicht meine Sache, ob ich meine Katze kastrieren und chippen lasse?

Könnte man meinen. Dem ist aber nicht so. Abgesehen davon, dass eine Kennzeichnung, eine Registrierung in einem Haustierregister wie Tasso oder Findefix und letztlich auch die Kastration dem Wohl des eigenen Tieres dient, sind diese Maßnahmen existenziell wichtig zum Schutz der Streunerkazten. Eben jene Tiere, die ohne Halter auf der Straße leben. Die Population der Straßenkatzen wächst seit Jahrzehnten stetig an. Dabei wird der gesundheitliche Zustand der Tiere immer schlechter. Gegen diese Entwicklung kämpfen wir Tierschützer schon seit einer gefühlten Ewigkeit an. Wenn aber zig Halter ihre Kater unkastriert, sprich zeugungsfähig, in den Freigang lassen, macht das die Situation nicht besser. Und eine unkastrierte Katze im Freigang ist für den Halter nun wirklich ein Spiel mit dem Feuer.

Das mag ja sein. Dennoch könnte man auch sagen: Was gehen mich die Straßenkatzen an?

Eine ganze Menge. Zum einen ist das Problem der Straßenkatzen menschgemacht. Die Tiere sind ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Es handelt sich um entlaufene oder nicht selten um einfach ausgesetzte Katzen und deren Nachkommen.
Zum anderen kann eine Überpopulation an Streunerkatzen auch zu einem Problem eines jeden Bürgers werden. Wenn ich beispielsweise meinen Kater unkastriert draußen herumstromern lasse und er trifft dabei auf eine rollige Katze, kommt in acht bis neun Wochen das Ergebnis in Form von vier bis acht Katzenbabys zur Welt. Diese werden in einem halben Jahr ebenfalls fortpflanzungsfähig sein. Und so weiter.

Auch für den V-Wurf (v.l.: Venice, Vegas, Vienna & Vancouver)  suchen die Streunerseelen aktuell noch ein Zuhause. Interessenten schreiben an info@streunerseelen.org oder melden sich unter der Rufnummer 01 57 / 31 31 25 85. | Foto: Streunerseelen - stray souls foundation
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In zwei Jahren können aus dieser einen Begegnung meines Katers mit der Straßenkatze rein rechnerisch um die 70 Nachkommen entstehen. Und wenn die dann alle durch die eigene Straße, durch Gärten und über Spielplätze stromern, überall Urin und Kot hinterlassen und meine Mülltonne plündern, spätestens dann hat mich selbst das Problem eingeholt.

Würde es dann nicht einfach Sinn machen, die Straßenkatzen zu kastrieren?

Das machen wir im Tierschutz ja. Wie gesagt, seit einer gefühlten Ewigkeit. Nur ist das in Kombination mit den unkastrierten Freigängerkatzen ein Kampf gegen Windmühlen.

Bis zu 1.000 Euro Bußgeld bei einem Verstoß gegen die Katzenschutzverordnung – ein happiges Sümmchen. Ein bloßer Versuch der Geldmacherei, werden sich einige Katzenhalter sagen.

Wenn du mich fragst, sind 1.000 Euro noch zu wenig. Wer seine Katze oder seinen Kater unkastriert und unregistriert in den Freigang lässt, handelt verantwortungslos. Zumal jeder Katzenhalter im Vest eine Übergangsfrist von sechs Monaten seit Inkrafttreten der Verordnung hatte, um der Kennzeichnungs-, Registrierungs- und Kastrationspflicht nachzukommen. Ganz ehrlich: Wenn es dem Kreis Recklinghausen darum ginge, die Kasse auf Kosten der Katzenhalter aufzubessern, könnte man einfach ähnlich der Hundesteuer auch die Haltung von Katzen besteuern. Tatsächlich kostet die Verordnung dem Kreis sogar Geld. Denn er übernimmt die Kosten für die Kastrationen der halterlosen Straßenkatzen.
Und auch der rein ehrenamtlich organisierte Tierschutz zahlt drauf. Lass mich ein Beispiel nennen: Erst kürzlich haben wir eine Streunerkatze zwecks Kastration in einer Gegend eingefangen, wo nachweislich mindestens drei unkastierte Kater herumlaufen, die von ihren Haltern in den Freigang gelassen werden. Zur Kastration der Katze kam es erst einmal nicht. Sie war trächtig. Sechs Kitten hat sie zur Welt gebracht. Zwei davon sind verstorben. Die übrigen vier wachsen derzeit im Beisein ihrer Mutter bei uns auf Pflegestelle auf. Sie wachsen, gedeihen und sind total süß. Allerdings fressen sie auch ordentlich, gehen aufs Katzenklo, müssen tierärztlich untersucht, geimpft und gechipt werden.

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Ob der Vater der kleinen Rasselbande einer der drei Freigängerkater ist, wissen wir natürlich nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist aber recht groß. Und wer hat die Arbeit und trägt die Kosten? Wir!
Nicht falsch verstehen: Wir helfen den kleinen Fellnasen gerne bei ihrem Start ins Leben. Besser wäre aber noch, wenn es gar nicht erst soweit kommen würde. Zumal wir für die vier süßen Zwerge in ein oder zwei Wochen ein neues Zuhause bei verantwortungsvollen Menschen finden müssen. Dann zieht Mutti nämlich wieder zurück in ihr Revier – kastriert, versteht sich – und die Kleinen können vermittelt werden.

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Okay, die Problematik verstehe ich. Aber wer kontrolliert denn, dass die Katzenschutzverordnung eingehalten wird?

Es wird jetzt niemand von Haus zu Haus ziehen, Katzenhalter aufsuchen und prüfen, ob die Tiere gekennzeichnet und kastriert sind. Allzu sehr sollte man sich aber nicht in Sicherheit wiegen, wenn man gegen die Katzenschutzverordnung verstößt. Verstöße können zum Beispiel dem Kreisveterinäramt oder den Ordnungsbehörden der Kommunen gemeldet werden. Und: In jeder Stadt im Kreis Recklinghausen gibt es Tierschützer, die – wie wir – vom Kreis berechtigt sind, Maßnahmen im Sinne der Katzenschutzverordnung durchzuführen.

Was bedeutet das konkret?

Wenn wir zum Beispiel im Rahmen von Kastrationsaktionen neben den Streunerkatzen auch ein unkastriertes Besitzertier einfangen, sind wir gemäß KatzenschutzVO berechtigt, das Tier kastrieren und kennzeichnen zu lassen. Wenn sich der Besitzer des Tiers ermittel lässt, geben wir diese Informationen an das Kreisveterinäramt weiter. Dann droht das Bußgeld. Und die Kosten für die Kastration will der Kreis von dem Halter obendrein wieder haben.

Wie oft kommt es denn vor, dass du einen Besitzer ausfindig machen kannst?

Das ist gar nicht so selten. Denn gemäß Katzenschutzverordnung sind wir auch dazu berechtigt, das Tier zwecks Haltersuche in unsere Obhut zu nehmen. Sprich also: Will der Halter seine Katze oder seinen Kater zurück, muss er sich melden.

Und wenn sich niemand meldet?

Dann sind wir auch berechtigt, das Tier in ein neues Zuhause bei hoffentlich verantwortungsbewussteren Menschen zu vermitteln. Bisher ist in solchen Fällen unsere Erfolgsquote jedoch recht hoch, dass wir den Halter finden. Die meisten sehen auch tatsächlich ihre Nachlässigkeit ein. Viele wissen nicht einmal, dass sie da gegen einen rechtskräftige Verordnung verstoßen haben. Wir müssen aber auch eingestehen: Leider kriegen wir nicht immer alle.

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So zum Beispiel in dem Fall von "unserem" Wasabi. Den BKH-Bengal-Mix haben wir bei einer Fangaktion an einer unserer Futterstellen aufgegriffen. Nicht kastriert, nicht gechipt. Das war im März. Bis heute hat sich kein Besitzer gemeldet. Was schade ist. Denn Wasabi ist nicht nur bildhübsch, sondern auch ein richtig toller Kerl. Zumindest gegenüber Menschen. Mit anderen Katzen kommt er weniger klar. Höchstwahrscheinlich wurde er einfach ausgesetzt. Ansonsten hätte sich bei diesem Traumkater bestimmt jemand gemeldet. Wie dem auch sei: Jetzt suchen wir für Wasabi ein neues Zuhause.

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Wenn ich also meinen Kater oder meine Katze in den Freigang lasse, sollte ich sie besser kastrieren lassen und registrieren?

Auf jeden Fall! Dazu rate ich sogar dann, wenn das Tier nicht in den Freigang geht, also ein reiner Stubentiger ist. Ein offenes Fenster, ein ungesicherter Balkon, eine geöffnete Tür – schnell ist eine Wohnungskatze entlaufen. Und ob gewollt oder nicht, nach der Katzenschutzverordnung befindet sich das Tier dann im "unkontrollierten freien Auslauf". Das bedeutet: Die Verordnung greift vollumfänglich.

Gut zu wissen. Ich danke dir für das Gespräch und wünsche viel Erfolg mit der Tierschutzarbeit und der Vermittlung von Wasabi und den kleinen Katzenkindern.

Autor:

Lars Riedel aus Castrop-Rauxel

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