Waltroper Treff für Asylbewerber ist ein Ort der Begegnung
Donnerstagabend. Im Jugendzentrum „Senfkorn“ der Pfarrei St. Peter in Waltrop herrscht reges Treiben. Mehr als 20 Jugendliche spielen Billard, kickern, essen, reden. Aus den Räumen klingt ein Sprachengewirr aus Deutsch, Englisch und allerhand Landessprachen südlicher Länder. Im „Senfkorn“ treffen sich Deutsche und Asylbewerber. Bereits seit Anfang des Jahrs tun sie das Woche für Woche.
Die Firmvorbereitung, in deren Rahmen das Projekt einst entstand, ist längst vorbei. Die Begegnung geht weiter - und das mit Auszeichnung: Sie gehört im Kreisdekanat Recklinghausen zu den drei Preisträgern des Projektwettbewerbs, den das Bistum Münster zum 750-jährigen Weihejubiläum des St.-Paulus-Doms Münster ausgelobt hatte. Während des Festwochenendes vom 26. bis 28. September werden sich alle Gewinner in Münster präsentieren.
„Wir brauchten ein soziales Projekt für unsere Firmvorbereitung“, erinnert sich Niklas Klasen. Nachdem eine Gruppe Firmlinge geholfen hat, Weihnachtspakete ins Asylbewerberheim zu bringen, war schnell klar: das wird’s. „Die Asylbewerber sollen nicht in Deutsch-land leben und trotzdem irgendwie allein sein“, erklärt der 16-Jährige. Also hat die Gruppe die Treffen am Donnerstagabend ins Leben gerufen. Begleitet werden sie von Firmkatechetin Silvia Klasen und von Maria Gaida-Greger.
Seit Januar sei sie in der passiven Phase der Altersteilzeit und helfe im Caritas-Laden aus, erklärt Maria Gaida-Greger. Dort sei sie erstmals einem jungen Afrikaner begegnet und mit ihm ins Gespräch gekommen. „Ich habe angefangen, ihm Deutschunterricht zu geben“, erinnert sich die ehemalige Grundschullehrerin. Woche für Woche seien weitere Personen dazu gekommen. „Mittlerweile unterrichte ich zwei Mal pro Woche zwei Stunden lang“, erklärt sie. Den Unterricht besuchen knapp 40 Personen in vier Gruppen. Pfarrei und die örtliche Volkshochschule stellen die Räume dafür zur Verfügung.
„Was soll ich denn zu Hause? Das hier ist Abenteuer pur - jeden Tag“, beschreibt Maria Gaida-Greger ihre Motivation. Mittlerweile hilft sie „ihren Jungs“ regelmäßig bei Behördengängen, Arztbesuchen und allem, was sonst so anfällt. „Ein deutschsprachiger Ansprechpartner macht vieles einfacher“, erklärt sie weiter.
Was den meist allein angereisten jungen Männern ebenso hilft: Abwechslung und Freundschaft erfahren, reden. Das können sie im „Senfkorn“. „Wir sind ein offenes Angebot“, erklärt Silvia Klasen. „Jeder kommt und geht, wann er mag und tut, worauf er Lust hat.“ Heute möchten viele der jungen Leute Billard spielen und kickern. Das geht auch ohne große Worte. „Wir verständigen uns mit ein bisschen Englisch und Französisch, Händen und Füßen“, sagt Niklas Klasen schmunzelnd. Das sei manchmal anstrengend, aber immer lustig: „Hier kann man zusammen lachen und Spaß haben - auch, wenn man sich nur schwer versteht.“ Die Flüchtlinge nehmen das Angebot dankbar an.
Langweilig und trist sei der Alltag in ihren Containerheimen. Jegliche Aktivität ist eine willkommene Abwechslung. „Oft trifft man sich in der Stadt, unterhält sich ein bisschen“, berichtet einer der deutschen Teilnehmer. Und im „Senfkorn“? „Wir spielen, haben Kontakt, relaxen“, zählt Fisseka Kiflu auf. Der 27-Jährige flüchtete vor knapp einem Jahr aus Eritrea. Was ihm außerdem Freude macht im „Senfkorn“: „Action, Information, Kultur“, sagt er in gebrochenem Deutsch und strahlt dabei. Er wolle so schnell wie möglich Deutsch lernen und dann endlich weiter studieren. In seiner Heimat stand er kurz vor dem Diplom für Tourismus-Ökonomie. Seine deutschen Kontakte helfen ihm, seinem Traum ein Stück näher zu kommen.
„Die Menschen sind einem mit der Zeit ans Herz gewachsen“, meint Christian Vonnahme. Warum sollte das Projekt dann nicht auch über die Firmvorbereitung hinaus Bestand haben? „Es kommen coole Leute“, ergänzt Niklas Klasen.
„Die Deutschen hier haben ein gutes Herz“, sagt Maged Pekhid aus Ägypten. Er fühlt sich so wohl, dass er seinen Sohn Jonathan (2) mitbringt. Auch er soll deutsche Freunde finden. Die vorwiegend allein reisenden Männer, die teilnehmen, kommen aus Eritrea, Syrien, Marokko, Algerien, Ghana, Nigeria, Bangladesch und dem Iran.
Autor:Lokalkompass Waltrop aus Waltrop |
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