Abschied Horst Borrieß - Anfang und Ende der Schifferseelsorge am größten Kanalknotenpunkt Europas

Horst Borrieß vor der Friedenskirche, der kleinen  Schiffer-, Pilger- und Eventkirche in Nähe des Schiffshebewerkes Henrichenburg, die er 2006 gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen liebevoll restaurierte
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  • Horst Borrieß vor der Friedenskirche, der kleinen Schiffer-, Pilger- und Eventkirche in Nähe des Schiffshebewerkes Henrichenburg, die er 2006 gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen liebevoll restaurierte
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„Schifferseelsorge, das ist Horst Borrieß“, da sind sich alle Schiffer auf allen Dattelner Kanälen einig. Jetzt geht der Käpt'n der Seelen von Bord und wird nach 35 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.

Das Ende seiner Amtszeit bedeutet jedoch auch das endgültige Aus der evangelischen Schifferseelsorge am größten Kanalknotenpunkt Europas. Wenn Horst Borrieß am Heiligen Abend 2016 seine letzte Messe in der Schiffer- und Friedenskirche am Schiffshebewerk Henrichenburg hält, endet hier die geschichtsträchtige Ära der Schifferseelsorge im Ruhrgebiet.
Als Horst Borrieß 1981 als junger Diakon nach Datteln kommt, lautet seine Devise: „Wenn die Schiffer nicht zur Kirche kommen können, fahre ich zu den Schiffern.“ Das gilt für ihn bis heute. 1951 in Hamburg als Sohn eines Seemanns geboren, entschließt sich der ausgebildete Klavierbauer zum Studium der Theologie und Sozialarbeit an der Hochschule in Hamburg. Zehn Jahre arbeitet er als Jugenddiakon in Hamburg. Dann lockt ihn die Ausschreibung der Schifferseelsorge der Evangelischen Kirche von Westfalen nach Datteln.

Mit seiner Familie zieht er in das 1977 neugebaute Haus der Evangelischen Schiffergemeinde an der Eichenstraße in Datteln. Damals wurde die Schifferseelsorge für das Westliche Ruhrgebiet von Herne nach Datteln verlegt. Darüber hinaus gab es noch zwei weitere Schiffergemeinden in Minden und Höxter. Alle drei hatten für die Kanalschiffer und ihre Familien einen hohen Stellenwert.
„Das Leben der Schiffer spielte sich fast ausschließlich auf dem Wasser ab. Taufen und Hochzeiten wurden oft an Bord gefeiert. Es war selbstverständlich, dass ich als Schifferpastor zu den Schiffen fuhr“, erinnert sich Horst Borrieß. Daher schaffte er sich 1986 ein eigenes Schiff an, die „Regenbogen“, die als Dienstfahrzeug zu Wasser von der Diakonie anerkannt wurde.

Der Schifferpastor erzählt: „Viele Schifferkinder kamen mit sechs Jahren ins Schifferkinderheim, um an Land die Schule zu besuchen. Jeden Freitag holte ich sie bei der Dortmunder Bahnhofsmission ab, brachte sie zu ihren Eltern und am Sonntag wieder zurück.“
Doch nicht nur seelsorgerische Dienste verrichtete Horst Borrieß für über 100 Schifferfamilien, die zwischen Basel und Nijmwegen unterwegs waren. Post, Ersatzteile und Geld brachte er auch gleich mit, bezahlte Rechnungen an Land und gab Bestellungen auf. Das änderte sich erst in den 90er Jahren, als Handy und Internet zur Verfügung standen und Autos an Bord kamen.

Eine weitere große Veränderung ergab sich 2005, als das Haus der Schiffergemeinde verkauft wurde. Nicht zuletzt Horst Borrieß ist es zu verdanken, dass 2007 die kleine Friedenskirche in Nähe des Schiffshebewerkes Henrichenburg als Schiffer- und Pilgerkirche restauriert und eingeweiht wurde und sich zusätzlich als Eventkirche etablieren konnte.
Doch mit dem von der Diakonie beschlossenen Ende der Schifferseelsorge, endet auch die Ära der Schifferkirche, die nun als Eventkirche von einem Verein weiter betrieben wird. Taufen, Hochzeiten und Trauer-Gottesdienste wird es hier nach der offiziellen Verabschiedung von Horst Borrieß am 15. Januar um 15 Uhr nicht mehr geben.
Der Schifferpastor jedoch bleibt seinen Anhängern auch nach seiner Verabschiedung treu. Horst Borrieß sagt: „Ich bleibe hier. Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen kann ich auch weiterhin durchführen. Freiberuflich sozusagen“, und fügt schmunzelnd hinzu: „Vielleicht werde ich ja auch Bürgermeister.“ Die Ära Borrieß ist also noch lange nicht vorbei.

Autor:

Petra Pospiech aus Recklinghausen

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