"Versunkene Schiffe" im Hebewerk Henrichenburg

Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker und Mitarbeiterin Linda Wilken mit einer originalen Planke der „Bremer Kogge“ aus dem 14. Jahrhundert. | Foto: Foto: LWL/Holtappels
  • Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker und Mitarbeiterin Linda Wilken mit einer originalen Planke der „Bremer Kogge“ aus dem 14. Jahrhundert.
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In einer neuen Ausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg geht es um „Versunkene Schiffe“. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) präsentiert fünf Beispiele aus dem Feld der Unterwasser-Archäologie in seinem Industriemuseum in Waltrop.

Die fünf Wracks spiegeln die ganze Bandbreite der Schifffahrt wider - vom Mittelalter bis zum Ersten Weltkrieg und von der Weser bis zum Südchinesischen Meer. Texte und Fotos geben Aufschluss über die Geschichte der Schiffe, ihre Bergung und Konservierung. Dazu werden rund 200 Originalteile in Szene gesetzt, darunter die älteste Schiffstoilette der Welt aus der „Bremer Kogge“ von 1380, Geschirr aus einer 1822 gesunkenen chinesischen Dschunke, ein Lederschuh und Teile der Bordapotheke des Vorpostenbootes „Prangenhof“, das im Ersten Weltkrieg vor der belgischen Küste strandete, sowie die Steinladung aus den Weserkähnen.
„Für die Archäologen sind Wracks Zeitkapseln, die wie in einer Momentaufnahme das Leben und Arbeiten in ihrer Epoche dokumentieren. Sie liegen in geheimnisvoller Tiefe unter dem Wasserspiegel und erinnern an das dramatische Schicksal ihrer Besatzungen. Das macht ihre Faszination aus“, so LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale.

Die Konservierung von Funden, die unter Wasser geborgen werden, verlangt besondere Vorsicht, denn beim Kontakt mit Sauerstoff drohen sie zu zerfallen. Stark gefährdet sind ausgerechnet zwei Materialien, die im Schiffbau besonders wichtig waren: Holz und Eisen. Mit komplizierten Verfahren bemühen sich Restauratoren, solche Funde zu retten.

Als das am besten erforschte Wrack der deutschen Seefahrtsgeschichte gilt die „Bremer Kogge“. Fast 600 Jahre lang lag sie im Schlick der Weser. Dann stießen Bauarbeiter bei der Erweiterung des Hafens auf ein Schiffswrack. Über 2000 Teile wurden im Laufe von vierzig Jahren geborgen, datiert, konserviert und zusammengesetzt. „Damit gilt die Bremer Kogge als Meilenstein der deutschen Unterwasser-Archäologie“, erklärte Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker.
Die Faszination, die von Schiffswracks ausgeht, setzt sie aber auch einer großen Gefahr aus, denn dadurch geraten sie in das Visier von Schatzjägern. Als Beispiel dafür steht in der Ausstellung die „Tek Sing“, eine chinesische Dschunke. Sie ging 1822 mitsamt ihrer Keramik-Ladung unter und wurde von kommerziellen Ausgräbern aufgespürt.

Ein Spielball der Wellen wurde auch der Fünfmaster „Preussen“, eines der schönsten Segelschiffe der Welt. 1910 kollidierte sie auf der Reise nach Chile im Ärmelkanal mit einem Dampfer, der ihre Geschwindigkeit unterschätzt hatte. Bei dem Versuch, das havarierte Schiff nach Dover zu schleppen, lief es auf Grund und konnte nicht mehr befreit werden.

„Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die ‚Preussen‘ ausgerechnet durch einen Dampfer zerstört wurde. Ihr Untergang markiert das Ende der Ära der großen Segelschiffe“, sagte Linda Wilken, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Ausstellungsprojekts. In den folgenden Jahrzehnten verfiel das Wrack allmählich. Teile der Ladung konnte die Reederei bergen. Andere Gegenstände, die in Chile hätten verkauft werden sollen, wie Heiligenbilder und Mundharmonikas blieben an Bord. Sie wurden in den folgenden Jahrzehnten von Tauchern aus dem Wrack geholt und sind in der Ausstellung zu sehen.

Durch die Verbesserung der Tauchtechnik und durch moderne Geräte für das Orten und Erkunden von Fundstätten werden immer mehr Wracks zugänglich, die zuvor in großer Tiefe vor Ausplünderung geschützt waren. Auch durch Fischfang, Kiesabbau, Ölplattformen und Windparks werden Fundstätten gefährdet, die unter Wasser liegen. Außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone vor der Küste sind die Ozeane ein Niemandsland für Archäologen. Die Unesco bemüht sich aktuell, Regeln für den Umgang mit dem Kulturerbe unter Wasser durchzusetzen.

Möglich wurde die Ausstellung durch Leihgaben, insbesondere aus dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven, dem Historischen Museum Bremerhaven, der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin und dem Weserrenaissance-Museum Schloss Brake. Die Ausstellung „Versunkene Schiffe“ ist Teil des Themenjahres „Unterwelten“ im LWL-Industriemuseum mit Ausstellungen und Veranstaltungen an allen acht Standorten des Landesmuseums für Industriekultur.

Begleitprogramm

An den Sonntagen 9. und 23. November und 7. Dezember finden um 14.30 Uhr öffentliche Führungen für Einzelbesucher statt. Die Teilnahme ist kostenlos; Besucher zahlen nur den normalen Eintritt.

Auch Vorträge gehören zum Begleitprogramm:

Dienstag, 18. November, 19 Uhr, „Die Hansekogge“ - Dr. Ursula Warnke vom Deutschen Schiffahrtsmuseum Bremerhaven berichtet über die schwierige Bergung und Konservierung der „Hansekogge“, einem Meilenstein der Unterwasserarchäologie.

Dienstag, 3. Februar, 19 Uhr, „Sensationsfund in der Weser. Die Bergung und Konservierung zweier Weserlastkähne im Kreis Nienburg“ - Dr. Vera Lüpkes vom Weserrenaissancemuseum Schloss Brake in Lemgo berichtet über die aufwändige Bergung und Konservierung der Weserlastkähne aus Rohrsen im Kreis Nienburg.

Autor:

Lokalkompass Waltrop aus Waltrop

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