Schiffshebewerk Henrichenburg beleuchtet Erinnerungskultur im Ruhrgebiet
Revierfolklore am Kanal

Schlägel und Eisen sind heute nicht mehr nur Symbol des Bergbaus, sondern stehen für die gesamte Region.Foto: LWL / Holtappels
  • Schlägel und Eisen sind heute nicht mehr nur Symbol des Bergbaus, sondern stehen für die gesamte Region.Foto: LWL / Holtappels
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Noch bis zum 8. August ist dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr die Ausstellung "Revierfolklore. Zwischen Heimatstolz und Kommerz" im Schiffshebewerk Henrichenburg, Am Hebewerk 26, zu sehen.

Waltrop.Förderwagen im Vorgarten, Schlägel und Eisen als Schlüsselanhänger und Ruhrpott-Schriftzüge auf T-Shirts - im Alltag finden sich viele Andenken an den Bergbau im Ruhrgebiet. Einige stehen nicht mehr für die Arbeit auf der Zeche, sondern markieren ein besonderes Lebensgefühl im Ruhrgebiet und die Verbundenheit mit der Region.
Doch was steht hinter dieser Revierfolklore? Ist sie ein Ausdruck von Heimatstolz oder Folge einer Vermarktung der Erinnerung und Kommerzialisierung der Region? Das fragt eine Ausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) seit Wiedereröffnung nach dem Lockdown in Waltrop zeigt.
Sie präsentiert alte und neue Objekte aus Kohle und Plastik, Metall und Vinyl. Das Spektrum reicht vom Wandteppich über Skulpturen bis zu kuriosen Objekten wie Plüschpantoffeln mit Förderturm, Bade-Enten in Kumpel-Kluft und einer Eieruhr, die das Steigerlied spielt. An Hörstationen können Besucher Musik über den Ruhrpott lauschen. Ergänzt wird die Schau durch Fotos von als Blumenkübel oder Erinnerungsstätten genutzten Förderwagen, die Museumsfotograf Martin Holtappels in einer Serie dokumentiert hat.
„Vor allem in der populären Kultur sind immer deutlichere Anzeichen einer Folklorisierung des Bergbaus und des Ruhrgebiets zu sehen. Einige sind Ergebnisse von gezielten Marketingstrategien, andere können eher als Ausdruck einer Identifizierung mit dem Ruhrgebiet verstanden werden“, erklärte Dietmar Osses, LWL-Museumsleiter der Zeche Hannover und Kurator der Ausstellung. Symbole aus der Montanindustrie stünden heute nicht mehr für die ausgestorbene Bergbau-Branche, sondern hätten sich vielmehr zu Zeichen für die gesamte Region und einer Identifikation mit dem neuen, gewandelten „Ruhrpott“ entwickelt.
Symbole aus dem Bergbau begegnen uns im Ruhrgebiet auf Schritt und Tritt. „Der Ruhrbergbau hat traditionelle Symbole wie Schlägel und Eisen aus alten Bergbaurevieren übernommen und teilweise neu gestaltet“, so Historikerin Lisa Egeri vom LWL-Industriemuseum, die die Ausstellung mitgestaltet hat. Obwohl die Zeiten des Steinkohlenbergbaus in den meisten Städten des Ruhrgebiets schon lange vorüber sind, pflegen Knappen- und Traditionsvereine bis heute die bergmännischen Traditionen. Barbarafeiern und Knappenumzüge sind wichtige wiederkehrende Ereignisse des Vereinslebens. Ein Film-Feature gibt Einblick in diese Tradition.
Fußball und Ruhrgebiet gehören für viele Menschen zusammen. Viele Fußballvereine im Ruhrgebiet berufen sich auf eine tiefe Verwurzelung im Arbeiter- und Bergbaumilieu. Dies spiegelt sich in der Fankultur des Reviers, aber auch im Marketing der Vereine wider, wie die ausgestellten Artikel – von der Knappenkarte bis zur Pöhlerkappe – zeigen. Bier und Currywurst gelten als typisch für das Ruhrgebiet. Mit der Entstehung der Großbrauereien in der Region entwickelte sich der Dreiklang von Kohle, Stahl und Bier im Revier. Heute werben die Brauereien im Ruhrgebiet mit ihrer Verbundenheit zur Region – dafür steht nicht zuletzt das Dortmunder „Bergmann Bier“. Mit Flaschen, Werbeschildern und „Ruhrpott-Curry-Ketchup“ setzt die Ausstellung die kulinarische Seite des Reviers in Szene.
Vom Schlager bis zum Gangsta-Rap: Die Musikszene des Ruhrgebiets bedient sich in ihren Liedtexten über alle Genres hinweg der gängigen Symbole und Klischees des Reviers. Die Schlagermusik der 1990er-Jahre und die Rap-Musik des 21. Jahrhunderts haben dem Ruhrgebiet in Songtexten große Popularität beschert. Osses: „Das Steigerlied nimmt heute oft die Bedeutung einer Hymne der Region ein – bei bergmännischen Feiern genauso wie in den Fußballstadien. In der Rap-Musik dreht sich dagegen alles um den Ruhrpott“.
Die Folklorisierung des Ruhrgebiets zeigt sich heute in einer Vielzahl von Andenken und Souvenirs. Ob Kaffeebecher, T-Shirt oder Pantoffeln – viele Objekte zeigen Symbole des Bergbaus und der Region. „Die Bandbreite reicht von der nostalgischen Verklärung des Bergbaus bis hin zur künstlerischen Bearbeitung der Skyline des neuen Ruhrgebiets als Ruhrpott mit Industriedenkmalen und Landmarken“, erläuterte Lisa Egeri.
Corona-bedingt gibt es keine Eröffnungsveranstaltung. Die Ausstellung im Hafenmeistergebäude des Schiffshebewerks Henrichenburg kann von bis zu 14 Personen gleichzeitig besucht werden.

Autor:

XY Z aus Sonsbeck

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