Jahresbilanz der Arbeitsagentur Mettmann
Rettungsanker Kurzarbeit
"Das ist ein merkwürdiges Jahr", brachte Karl Tymister, Chef der Agentur für Arbeit Mettmann, die Entwicklungen der vergangenen Monate auf dem Arbeitsmarkt auf den Punkt.
"Der Datenstand, auf den wir zurückgreifen können, ist der von Mitte/Ende November, also noch vor dem harten Lockdown", so Tymister jetzt bei der Präsentation der Jahresbilanz. "Die Auswirkungen der neuesten Entwicklungen gilt es dann im Januar auszuwerten." Vor allem eines kann aber jetzt schon gesagt werden: "Die Kurzarbeit war und ist zurzeit das wichtigste Instrument, um Arbeitsplätze zu erhalten. Sie ist im Jahr 2020 für viele Unternehmen der Rettungsanker gewesen und bleibt es auch im nächsten Jahr. Die hohen Zahlen zeigen, wie hart die Corona-Krise die Wirtschaft getroffen hat. Sie verdeutlichen aber auch, wie viele Betriebe mit Hilfe des Kurzarbeitergeldes ihre Beschäftigten halten möchten. Das Kurzarbeitergeld verhindert damit die Arbeitslosigkeit von tausenden Menschen."
Insolvenzen zurzeit noch unauffällig
Bis Mai hatten bereits 5.327 Betriebe für 78.755 Beschäftigte vorsichtshalber Kurzarbeit angezeigt. Tatsächlich kurzarbeiten mussten davon im Mai 38.780 Beschäftigte in 3.341 Betrieben. In den Folgemonaten ging die Inanspruchnahme der Kurzarbeit zunächst kontinuierlich zurück. Von Oktober auf November zeigt sich allerdings eine deutliche Erhöhung der angezeigten Kurzarbeit aufgrund der neuen Einschränkungen. Insolvenzen seien erfreulicherweise bisher noch unauffällig, auch weil der Gesetzgeber die Anzeigepflicht vorübergehend ausgesetzt habe.
Wenig aussagekräftig seien hingegen die bisherigen Zahlen zur Beschäftigungsentwicklung. "Sie lassen sich leider erst mit einer Zeitverzögerung von sechs bis acht Monaten abrufen", so Tymister. "Die aktuellen Daten liegen für März 2020 vor, also vor Beginn der Corona-Krise. Im Kreis Mettmann waren zu diesem Zeitpunkt 195.104 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, womit ein neuer Höchststand erreicht wurde. Die ersten Auswirkungen der Corona-Krise zeigten sich bei der geringfügigen Beschäftigung. Diese ist um 1.423 Minijobber oder 5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken."
Die Arbeitslosigkeit stieg im Jahr 2020 deutlich aufgrund der Corona-Krise, blieb aber unter dem Niveau der Finanzkrise von 2009. Im Kreis Mettmann waren im Jahr 2020 durchschnittlich 17.239 Menschen arbeitslos gemeldet, 2.545 Personen oder 17,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote stieg auf 6,6 Prozent im Jahr 2020. Vor einem Jahr betrug sie noch 5,6 Prozent, im Jahr der Finanzkrise 7,5 Prozent.
"Die Hilfebedürftigkeit in der Grundsicherung ist pandemiebedingt leicht gestiegen", so Nathalie Schöndorf, Geschäftsführerin des Jobcenters ME-aktiv. "Das Jobcenter unterstützte im Jahr 2020 insgesamt 19.131 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 857 Bedarfsgemeinschaften mehr als im Jahr zuvor. Besonders in Ratingen, Heiligenhaus und Velbert gibt es im direkten Kreis-Vergleich einen deutlicheren Anstieg als in anderen Städten."
Die Arbeitskräftenachfrage ging im Frühjahr deutlich zurück und erholte sich im Herbst wieder auf Vorjahresniveau. Insgesamt meldeten die Unternehmen im Kreis Mettmann 8.053 neue freie Stellen, das sind 2.731 Stellen oder 25,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. "Auch während der Pandemie gibt es immer Chancen, denn der Fachkräftebedarf ist nach wie vor sehr groß", betont Karl Tymister.
"Jahrgang Corona" in 2021 verhindern
Der Ausbildungsmarkt liege in diesem Jahr deutlich hinter dem Vorjahr zurück. Es bestehen aber immer noch gute Chancen, in das laufende Ausbildungsjahr einzusteigen. "Bis Ende Januar werden wir jede Chance nutzen, um Verträge abzuschließen. So wollen wir verhindern, dass nach 2020 auch 2021 ein 'Jahrgang Corona' wird. Jeder jetzt noch geschlossene Ausbildungsvertrag erspart einem Jugendlichen eine Warteschleife und sichert dem Arbeitgeber eine gute ausgebildete Fachkraft“, so Karl Tymister.
Qualifizierung weiterhin ein Thema
Mit einem Ausblick auf das kommende Jahr tut sich Karl Tymister schwer. Nach wie vor seien aber vor allem Qualifizierungsmaßnahmen ein großes Thema. „Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2021 wird davon abhängen, wie lange und in welchem Umfang die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie noch erforderlich sein werden. Absehbar ist, dass nach Überwinden der Corona-Pandemie der Fachkräftemangel sehr bald wieder das bestimmende Thema auf dem Arbeitsmarkt sein wird“, so Karl Tymister. „Neben der schnellen Sicherstellung des Lebensunterhalts werden wir im Jobcenter ME-aktiv alle Möglichkeiten nutzen unsere Kunden bestmöglich zu beraten und bei ihrem Weg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Wir werden auch 2021 Qualifizierungsmöglichkeiten eröffnen und die Integration in den ersten und den sozialen Arbeitsmarkt aktiv mitgestalten“, so Nathalie Schöndorf.
Autor:Janina aus dem Siepen aus Hattingen |
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