IHK zur Konjunktur - Wirtschaft nach Lockdown in der Krise
Kaum einer glaubt an schnelle Erholung
"Es gibt vereinzelte Gewinner, aber leider deutlich mehr Verlierer durch den coronabedingten Lockdown", lautet Gerd Helmut Diestlers Fazit rund um die Wirtschaftslage im Kreis Mettmann.
Der Konjunkturexperte der IHK Düsseldorf stellte mit Marcus Stimler, Leiter der IHK- Zweigstelle in Velbert, die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage vor. Dass die Auswirkungen der Pandemie die Stimmung sowie die Zahlen über alle Branchen hinweg stark bis zu sehr stark beeinflussen, ist natürlich keine Überraschung.
Teils gab es einen
kompletten Stillstand
"Die Verantwortlichen der 180 Betriebe mit zusammen rund 15.000 Beschäftigten aus dem Kreis Mettmann, die sich an der Umfrage beteiligten, sehen sich in der Krise und glauben zum größten Teil nicht an eine schnelle Erholung", informiert Gerd Helmut Diestler. Zunächst hatte die Krise die Wirtschaft fest im Griff, sorgte teils für einen kompletten Stillstand - und nun, nach ersten Lockerungen, sind viele Tätigkeiten nach wie vor erheblich eingeschränkt. „Viele Branchen können die (Umsatz-)Verluste nicht wieder wettmachen. Die Nachfrage gewerblicher und privater Kunden stockt immer noch. Darüber hinaus ist die eng verzahnte, arbeitsteilige und globalisierte Wirtschaft empfindlich gestört und kommt nur langsam wieder in Gang.“
Fast jeder zweite
Betrieb ist unzufrieden
Fast jeder zweite Betrieb ist unzufrieden, geht aus der Umfrage hervor. "Unter den Vorleistungsgüterproduzenten sind es sogar fast drei von vier", so der Konjunkturexperte. "Der Geschäftslagesaldo - also die Differenz der Anteile von Betrieben in guter beziehungsweise schlechter Verfassung - liegt aktuell bei minus 30 Prozentpunkten, nach noch plus 13 Punkten zu Jahresbeginn."
Wenig Optimismus
So schnell der Lockdown kam und umgesetzt werden musste, so lange wird es dauern, bis sich die Unternehmen von den Verlusten und nötigen Einschränkungen erholt haben. "Optimismus ist aktuell nur in der IT-Branche, im Baugewerbe und in der Pharmaindustrie zu spüren." In den nächsten zwölf Monaten erwartet sogar fast jeder zweite Betrieb einen (weiteren) Rückgang. "Nur jeder vierte rechnet mit einer Besserung seiner Geschäfte", sagt Diestler. Das bedeutet ein Saldo von minus 27 Prozentpunkten. „Eine baldige konjunkturelle Erholung oder gar Rückkehr zum Vor-Krisen-Niveau sieht die Wirtschaft aktuell nicht.“
Kunden setzten mehr
auf Online-Shopping
Den stationären Einzelhandel hat es besonders stark getroffen, erinnert Marcus Stimler. "Die veranlasste, lange Schließungszeit der Geschäfte hat dazu geführt, dass viele Kunden zum Online-Shopping übergegangen sind und gefallen an dieser unkomplizierten und schnellen Lösung gefunden haben. Sie wieder vom Kauf vor Ort zu überzeugen, ist nicht leicht", sagt der Leiter der IHK-Zweigstelle. "Sich breiter aufzustellen und neben dem stationären Verkauf einen Online-Handel zu betreiben, kann in dieser Lage eine sinnvolle Lösung sein."
Tourismus, Gastronomie und Freizeitwirtschaft kamen ebenfalls fast komplett zum Erliegen und können nur eingeschränkt unter strengen Auflagen neu starten. Auch Großhändlern sei die Nachfrage in großen Teilen weggebrochen. Industriebetrieben machten zudem Grenzschließungen sowie Nachfrageeinbrüche aus dem In- und aus dem Ausland schwer zu schaffen. Von den Vorleistungsgüterproduzenten, zu denen auch die Zulieferindustrie zählt, befindet sich kaum einer in einer guten Geschäftslage.
Auslastung von Maschinen
und Ausrüstungen ist eingebrochen
"Dagegen ist die Situation der Investitionsgüterproduzenten derzeit noch ausglichen", so Gerd Helmut Diestlers. "Die Logistikbranche profitiert zwar vom Online-Boom, leidet aber unter gesunkenen Frachtaufkommen sowie der eingeschränkten Personenbeförderung."
Die Auslastung von Maschinen und Ausrüstungen der produzierenden Betriebe ist auf weniger als zwei Drittel eingebrochen. „Das sind vier Punkte weniger als auf dem Tiefpunkt im Spätsommer 2009“, vergleicht Diestler. Selbst das Baugewerbe musste einen merklichen Rückgang auf nur noch 77 Prozent hinnehmen.
Investitionen überdenken
und zurückstellen
Kurzarbeit für die Mitarbeiter anmelden und die Hilfspakete der Bundesregierung in Anspruch nehmen, eigentlich geplante Investitionen überdenken und zurückstellen - solche Lösungen müssen helfen, die Verluste zumindest zum Teil zu kompensieren. "Bei den Inlandsinvestitionen überwiegen nun mit 39 Prozent der Nennungen die Betriebe mit Budgetkürzungen, in der Industrie sind es sogar 48 Prozent. Die Hälfte aller Betriebe hat ihre Investitionsbudgets für die kommenden zwölf Monate gesenkt", nennt der IHK-Konjunkturexperte die Zahlen der Betriebe aus dem Kreis Mettmann. "Nur ein Drittel will seinen finanziellen Aufwand aufrechterhalten, und nur zwölf Prozent wollen auch während der Krise stärker als zuvor an ihrem Standort investieren."
33 Prozent aller antwortenden Unternehmen tragen sich mit dem Gedanken, Personal abbauen zu wollen, in der Industrie beabsichtigen dies 47 Prozent und bei den Vorleistungsgüterproduzenten sogar 57 Prozent. Nur in der Bauwirtschaft sind die Pläne noch ausgeglichen. „Noch schlagen sich die Kürzungsabsichten der Unternehmen nicht in den Arbeitslosenzahlen nieder, sondern werden kurzfristig gut durch die Kurzarbeit aufgefangen“, so Diestler.
Hoffnung auf Aufschwung
nach der Talfahrt
Es sei weniger eine konjunkturelle, als viel mehr eine pandemiebedingte Rezension gewesen, so die Experten der IHK. "Konjunkturelle Impulse sind nun wichtiger denn je. Die Senkung der Mehrwertsteuer ist ein Anfang und trägt hoffentlich ihren Teil dazu bei, dass die Wirtschaft nach dieser plötzlichen Talfahrt wieder einen Aufschwung erfährt."
Autor:Maren Menke aus Velbert |
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