„77 Jahre Frieden in Langenberg“
Friedensmarsch und Demo - Aktueller Krieg weckt alte Erinnerungen
Fast acht Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg wütet mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wieder ein Krieg in Europa: Anlass für die Initiative „Gemeinsam statt einsam“, für Gründonnerstag, 14. April, unter dem Motto „77 Jahre Frieden in Langenberg“ zum Friedensmarsch durch die Senderstadt aufzurufen.
Von Reinhard Lüdeke
Das Datum hat eine besondere Bedeutung, denn fast auf den Tag genau, am 16. April 1945, endete mit der Besetzung durch amerikanische Truppen der Krieg für Langenberg. Bei einem Zwischenstopp des Friedensmarsches am Bürgerhaus wird Karl Goldmann, unter anderem viele Jahre Stadtführer, basierend auf Material von Peter Dettling und des Arbeitskreises Alt-Langenberg über diese letzten Kriegstage berichten.
Eine tragische Rolle kam dabei Herbert Porwitzki zu: Angestachelt vom NS-Ortsgruppenleiter türmte der Hitlerjunge trotz Verbots seiner Eltern, sich zur Verteidigung Langenbergs zu melden, von zu Hause und stellte sich mit anderen Jungen den Amerikanern mit Panzerfäusten entgegen. Dabei wurde Herbert schwer verwundet und starb kurz darauf an seinen Verletzungen. Die Amerikaner zogen sich zunächst zurück und forderten Artillerieunterstützung an. Der massive Beschuss am folgenden Tag vor allem auf den Bereich untere Hauptstraße forderte kurz vor Ende der Kampfhandlungen noch zahlreiche Opfer.
„Wie müssen sich die Leute damals gefühlt haben - wenn in verblendetem Gehorsam die Jugend auf die Straße ging, um einen Unrechtsstaat mit ihrem Leben zu verteidigen?“, fragt Frank Brettschneider. „Und wie ist es heute? Wenn junge Menschen von einem Despoten in einen Krieg geschickt werden, mit der Propaganda im Rücken, einen Bruderstaat entnazifizieren zu wollen?“, zieht der Langenberger die Verbindung zwischen beiden Kriegen.
Brettschneider ist Mit-Initiator der Arbeitsgruppe „Gemeinsam statt einsam“ und gehört der Initiative Jung und Alt Langenberg an, die die Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Begegnungsstätten St. Michael und Klippe 2, dem Stadtteilzentrum Langenberg der Bergischen Diakonie, Caritas, Bürgerbusverein und Bürgerverein Langenberg, der Seniorenresidenz Elisabeth und der Tafel Niederberg trägt.
Vielen hochbetagten Mitbürgern sind die Schrecken des Zweiten Weltkrieges bis heute präsent. „Das ist ganz furchtbar“, sagt Bernhard Vetter angesichts der Bilder aus der Ukraine und fügt hinzu: „Da kommt alles wieder hoch.“ Der 86-jährige Langenberger hat insbesondere die letzten Kriegstage in Erinnerung, er kannte auch den einige Jahre älteren Herbert Porwitzki. Damals neun Jahre alt, beobachtete Vetter mit einem Fernglas vom elterlichen Haus an der Wilhelmshöher Straße, wie die Amerikaner über Bonsfeld nach Langenberg vorstießen. Das für ihn Schlimmste war am Tag vor dem Einmarsch der US-Armee geschehen: Er und sein Freund Ludwig waren zu einer Granatwerfer-Stellung nahe der Wilhelmshöhe gepirscht. Als eine Granate als Rohrkrepierer explodierte, wurde ein Soldat getötet, ein weiterer schwer verletzt – und Ludwig von einem Splitter tödlich am Kopf getroffen: Erinnerungen, die den Langenberger nun wieder einholen.
Zeitplan
Der Friedensmarsch beginnt am Gründonnerstag, 14. April, um 16 Uhr am Pferdemarkt/Stiller Park mit Reden für den Frieden. Erwartet werdenunter anderem von Dr. Esther Kanschat, stellvertretende Bürgermeisterin und Landtagskandidatin der Grünen, und SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese.
Ankunft um 17 Uhr am Bürgerhaus, Vortrag Goldmanns
Gottesdienste: 17.30 Uhr, evangelischen Kirche; 19.30 Uhr, katholische Gemeinde in St. Marien (Kolpingstraße, Velbert-Mitte).
Am Karfreitag, 15. April, von 12 bis 16 Uhr Mahnwache „77 Jahre Frieden“ vor dem Bürgerhaus. Info unter www.juala.de
Autor:Harald Landgraf aus Dinslaken |
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