Zwei Bewerber auf eine Stelle

Foto: Jens Bangert
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Es ist eine seltsame Situation: Arbeitgeber wie Sieglinde Zoglauer von der Firma Autohaus Langens in Heiligenhaus finden keine passenden Bewerber, um ihre Lehrstellen zu besetzen. Auf der anderen Seite suchen in Niederberg doppelt so viele Jugendliche eine Lehrstelle wie zur Verfügung stehen. „Allerdings kommt langsam Schwung in den Ausbildungsmarkt“, betont Martin Klebe, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Wuppertal. So wurden im Vergleich zum Vorjahr 41 Ausbildungsstellen mehr gemeldet. Der Experte sieht einen Konjunktur-Zusammenhang: „In den letzten zwei Jahren ist die Zahl der Ausbildungsverträge drastisch zurückgegangen, jetzt hat sich die Situation stabilisiert.“ Auf Grund des Fachkräftemangels sieht Klebe gute Chancen für Schüler, noch einen Vertrag zu ergattern.Fast 200 Bewerbungen sind beim Autohaus Langens eingegangen. Die magere Ausbeute: Ein einziger Ausbildungsvertrag kam bisher zustande.
„Viele Bewerbungen sind einfach lieblos gemacht“, klagt Sieglinde Zoglauer, die mit ihrem Mann Michael den Heiligenhauser Kfz-Betrieb leitet. Ein Höhepunkt: „In einer Bewerbung stand, dass der Jugendliche gerne den Beruf des Bäckers erlernen würde“, erinnert sich Zoglauer. Solch ein Fauxpas ist unverzeihlich, die Absage folgt umgehend.
Dabei hat die Chefin gar nicht so hohe Ansprüche. „Ein Hauptschulabschluss reicht aus.“ Handwerkliches Geschick und Teamfähigkeit sind weitere Voraussetzungen, die an zwei bis drei Probearbeitstagen getestet werden. In diesem Jahr möchte das Unternehmen drei Azubis einstellen: Ein angehender Lackierer ist bereits gefunden, die Lehrstellen zum Automobilkaufmann und zum Karosseriebauer sind noch unbesetzt.
Ähnliche Nachwuchsprobleme beobachtet auch Oliver Assmann, Vermittler im Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur Velbert. „Vor allem Bäcker, Fleischer und der Gastronomie-Bereich finden keine Lehrlinge.“ Das führt der Arbeitsvermittler vor allem auf die unattraktiven Arbeitszeiten zurück. Aber auch im Einzelhandel werden Auszubildende gesucht.
Martin Klebe, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Wuppertal, weiß, dass sich die Situation weiter verschärfen wird. „Ich habe keine Erklärung dafür, dass die Unternehmen nicht noch mehr ausbilden“, sagt er in Hinblick auf den Fachkräftemangel. Dahinter sieht er große Chancen für Jugendliche. „Der demografische Wandel ermöglicht neue Chancen. Auch Schüler, die mit ihrem Abschluss heute nur geringe Aussichten auf eine Ausbildungsstelle haben, werden in Zukunft gefragt sein.“
Deshalb rät er den jungen Leuten, sich frühzeitig Gedanken über die Berufswahl zu machen und in Praktika praxisnahe Einblicke zu erlangen. Denn die momentane Situation, zwei Bewerber pro Stelle, wird sich in naher Zukunft umkehren. In Düsseldorf sei dies schon der Fall.
Das Ehepaar Zoglunder weiß schon, wie es die Azubis langfristig an sein Unternehmen bindet. Mit Weiterbildungsmaßnahmen, etwa dem Besuch der Meisterschule, gelingt es dem Paar schon heute, gut ausgebildete Handwerker zu halten.

„Die positive Entwicklung der vergangenen Monate setzt sich wie erwartet auch im Juni fort. Wir haben eine positive und konjunkturell robuste Lage auf dem Arbeitsmarkt in unserer Region. Der Bedarf an Fachkräften ist jetzt vor den Ferien noch einmal deutlich gestiegen“, erläutert Martin Klebe, Chef der Agentur für Arbeit Wuppertal.
Die Arbeitslosenquote in Velbert, Wülfrath und Heiligenhaus bleibt wie im letzten Monat bei aktuell 7,5 Prozent. Vor einem Jahr betrug die Arbeitslosigkeit im Juni 8,5 Prozent.
Aktuell sind in der Region Niederberg 5.031 Männer und Frauen ohne Job, fünf mehr als im Mai, aber 708 weniger als im letzten Jahr. Davon werden rund 1.300 von der Agentur für Arbeit Velbert betreut und etwa 3.700 vom Jobcenter ME-aktiv. Die Arbeitslosigkeit sank in diesem Monat ausschließlich im Versicherungsbereich der Agentur für Arbeit, während sie in der Grundsicherung leicht anstieg.
Insgesamt 1.049 Personen aus Velbert, Wülfrath oder Heiligenhaus meldeten sich im Juni bei der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter arbeitslos, das waren rund 100 mehr als im vergangenen Jahr. Aus einer Arbeitsstelle meldeten sich etwa genauso viele Personen neu arbeitslos wie im letzten Jahr.
Auf der anderen Seite konnten in diesem Monat 1.043 Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden. Das waren rund 60 mehr als im Mai. Eine neue Arbeit fanden im Juni insgesamt 342 Menschen und somit rund 50 weniger als vor einem Jahr.
Der Bedarf an Arbeitskräften ist im Juni noch einmal gestiegen. So wurden dem gemeinsamen Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Wuppertal und des Jobcenters ME-aktiv in diesem Monat insgesamt 273 neue Stellen von Arbeitgebern aus Velbert, Wülfrath und Heiligenhaus gemeldet. Das war ein Viertel mehr als im Mai und als im letzten Jahr.
In Niederberg werden derzeit insbesondere Fachkräfte in folgenden Berufsgruppen gesucht: Bürofachkräfte, Sozialarbeiter, Elektromechaniker, Krankenschwestern, Elektroinstallateure, Arzthelfer, Mechaniker, Schlosser, Werkzeugmacher, Lebensmittelfachverkäufer, Altenpfleger, Friseure, Formgießer, Maler und Lackierer, Floristen, Dreher, Schleifer und KfZ-Instandsetzer. Aber auch angelernte Kräfte haben durchaus Chancen, beispielsweise als Montiererhelfer.
Arbeitgeber, die Mitarbeiter suchen, können sich unter Tel. 01801/664466 melden.

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Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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