In der Sprache zu Hause

Ehrenamtlich gibt die Langenbergerin Nüket Wonsak Deutschunterricht für Flüchtlinge.
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Mit sechs Jahren kam Nüket Wonsak nach Deutschland. Schnell hat sie in Velbert ihre neue Heimat gefunden - „dank der Hilfe vieler Menschen“, wie sie sagt. Heute gibt sie diese Hilfe zurück: Die 52-Jährige unterstützt Flüchtlinge dabei, in Deutschland heimisch zu werden.

Noch gut erinnert sich die Langenbergerin an den Tag im Juli 1970, als sie - damals ein kleines Mädchen aus der Türkei - zum ersten Mal die Treppen zu ihrem neuen Zuhause erklimmt. „Es war ein regnerischer, kalter Tag und im Treppenhaus stank es nach Zigarrenrauch.“ Den Geruch kann sie bis heute nicht ausstehen, und obwohl diese tief verwurzelten Erinnerungen eher negativ behaftet sind, strahlt Wonsak beim Erzählen. Denn diesem ersten Gefühl der Fremde folgten schnell tolle Erinnerungen: Wie sie von den Kindern in der Nachbarschaft ohne Vorurteile aufgenommen wurde, wie eine Nachbarin, Tante Albrecht, ihr und ihrer Schwester das deutsche Kaffeetrinken am Sonntagnachmittag nähergebracht hat. „Mir haben sehr viele Menschen geholfen, in Deutschland heimisch zu werden“, sagt die dreifache Mutter.
Deshalb will sie jetzt etwas zurückgeben. Und das tut sie an der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW Am Waldschlösschen in Neviges: Dort kommen in unregelmäßigen Abständen Flüchtlinge an, die gerade erst eingereist sind. Familien, alleinreisende Mütter mit Kindern, viele junge Männer sind darunter.

„Zwischenzeitlich hab‘ ich gedacht: Das packst Du nicht, so viel Leid. “

Bis zu 150 Menschen leben in der Sporthalle, kämpfen mit den Erinnerungen an die Flucht und mit ganz alltäglichen Problemen. „Es ist schon hart, ständig neue schreckliche Geschichten von den Flüchtlingen zu hören. Zwischenzeitlich hab ich gedacht: Das packst Du nicht, so viel Leid“, sagt Wonsak. Aber sie packt es doch. Weil der Wunsch zu helfen größer ist als die eigene Gefühlswelt.
Und so lädt sie die Flüchtlinge zu ihrem Deutschunterricht in die benachbarte Schule ein. Ganz praktisch vermittelt sie zunächst wichtige deutsche Wörter wie „Ausländerbehörde“, „Flucht“ oder „Brot“. „Es ist sehr wichtig, dass die Menschen sich früh allein zurechtfinden können“, sagt die gebürtige Türkin, und spricht aus eigener Erfahrung. Als Jugendliche hat sie für Bekannte ihrer Eltern übersetzt, hat beim Ausfüllen von Formularen geholfen, wenn die Deutschkenntnisse nicht ausreichten. Schon früh wusste sie: „Die Landessprache zu sprechen ist unbedingte Voraussetzung dafür, sich in einem Land wohl und damit heimisch zu fühlen.“ Außerdem hat Wonsak festgestellt, „dass die Deutschen in der Regel nicht ausländerfeindlich sind, wenn man ihre Sprache spricht“.
Und so paukt sie mit den Freiwilligen - oft mit Händen und Füßen, mit Hilfe von Fremdwörterbüchern und Smartphones. Denn ihre „Klasse“ kann sich nicht einmal untereinander verständigen, so viele Sprachen treffen da aufeinander. „Aber es klappt“, sagt die Langenbergerin und lächelt. Ihr Unterricht geht über die Vermittlung von Deutschkenntnissen hinaus. Zum Beispiel erklärt sie den Flüchtlingen, dass es wichtig ist, Fristen in Briefen von Behörden einzuhalten.
Das alles macht sie nur für die Menschen, wie sie sagt. Die liegen ihr am Herzen. Egal welcher Nation. Manchmal wird sie kritisiert: „Du setzt dich für Flüchtlinge ein. Was ist mit deutschen Bedürftigen?“ Denen entgegnet Wonsak: „Ich kaufe auch einem Obdachlosen im Winter einen heißen Kaffee.“

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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