Marvin Rzok (22) aus Heiligenhaus
Er ist der beste Jungforscher NRWs
Im zarten Alter von elf Jahren baute Marvin Rzok gemeinsam mit seinem Vater einen eigenen 3D-Drucker. Elf Jahre und etliche Erfindungen später darf er sich über den ersten Platz beim Landeswettbewerb "Jugend forscht" freuen.
Der Hörsaal im Berufskolleg Niederberg füllt sich. Schüler schleppen Stühle rein, nachfolgende nehmen auf den Treppenstufen Platz. Einer ihrer Mitschüler hat den ersten Preis beim Landeswettbewerb "Jugend forscht" gewonnen, auf Bundesebene wurde er Vierter. Heute stellt er seine Erfindung vor.
Erfindung revolutioniert die Wetterballon-Technik
Marvin Rzok wirkt äußerlich cool, als er seine Präsentation mit dem etwas sperrigen Namen "Femto-APRS Radiosonde" aufruft. Im Schnelldurchlauf versucht er zu vermitteln, womit er sich in den vergangenen eineinhalb Jahren intensiv beschäftigt hat. Ohne ins Detail zu gehen: Der 22-Jährige hat eine nur briefmarkengroße Sonde entwickelt, die er - besser bekannt als Wetterballon - in die Atmosphäre schickt und die in Echtzeit Wetterdaten erfassen kann.
Kleiner, umweltschonender, preiswerter
Das Neue daran: Seine Sonde ist nicht nur ein Vielfaches kleiner und leichter als die des derzeit einzigen Lieferanten auf dem Markt und hinterlässt damit weniger Müll in der Umwelt, sondern sie verbraucht zum Abheben wegen ihres geringeren Gewichts auch viel weniger teures Helium. Das macht die Radiosonde des Berufsschülers zu einer attraktiven Alternative für den Deutschen Wetterdienst. Denn pro Tag werden laut Aussage von Rzok deutschlandweit 70 Sonden von 16 Standorten in den Himmel geschickt, um Daten zur Temperatur, zum Luftdruck und zur Luftfeuchtigkeit zu erfassen. "Beim bisherigen Anbieter kostet eine Sonde mehr als 600 Euro. Meine kostet um die 50 Euro", resümiert der Heiligenhauser. Auch der Start ist bei Marvins Sonde dank der Heliumeinsparung viel kostengünstiger, so sein Fazit.
Live-Demonstration vor der Schule
Genau solch einen Start zeigt er seinen Mitschülern und Lehrern. Zum Glück hat der Regen aufgehört, als Marvin den Ballon vor dem Berufskolleg in Velbert steigen lässt. Wenige Minuten später kann er die Daten seiner Sonde in Echtzeit online abrufen. 15 Minuten nach dem Start nimmt die Sonde Kurs Richtung Hagen und befindet sich in einer Höhe von 1,7 Kilometern. Empfangen werden die Daten durch Amateurfunker, die sie dann auf die Website einspeisen.
So kann Rzok auch Sonden verfolgen, die schon lange unterwegs sind. "Ein Wetterballon, den ich vor eineinhalb Jahren losgeschickt habe, umkreist immer noch die Südhalbkugel." Um die Sonden dauerhaft mit Energie zu versorgen, hat Marvin Solarmodule angelötet.
Nachbauten bei Ali Express entdeckt
Das Interesse an seiner Arbeit ist weltweit hoch. So hat der Heiligenhauser Nachbauten seiner Sonden bereits auf "Ali Express" gesehen, wo sie zum Kauf angeboten wurden. "Ich habe einen Softwareschutz installiert, der wurde bislang noch nicht geknackt", sagt Marvin und grinst.
Unterstützt wurde der junge Mann bei seiner Forschung durch seinen Arbeitgeber, die Firma Horstmann, bei der Marvin eine Ausbildung zum Elektroniker für Geräte und Systeme absolviert.
Studium war ihm zu "trocken"
Dem Personalchef Uwe Wagner war schon im ersten Gespräch klar, dass er "einen Rohdiamant" vor sich sitzen habe. Jetzt hofft er, dass er den Forscherdrang in der Entwicklungsabteilung des Unternehmens weiter stillen kann. "Marvin sitzt dann dort mit 30 Ingenieuren", sagt Wagner. Aber erst muss der 22-Jährige seine verkürzte Ausbildungszeit mit der Abschlussprüfung zu Ende bringen, die im Januar ansteht. Ob er nicht auch ein Studium anstrebe, wird der Heiligenhauser an diesem Tag mehrfach gefragt. "Ich hatte ein Studium angefangen, aber das war mir zu trocken. Ich arbeite lieber praxisorientiert."
Marvin zu Besuch beim Bundeskanzler
Seine Leistung hat ihn sogar schon ins Kanzleramt gebracht. "Da waren die Preisträger eingeladen", erzählt Marvin wie andere vom Kaffeebesuch bei Oma. Nein, er bildet sich nichts ein auf seine Fähigkeiten. Die hat er sich übrigens über Techniktutorials auf YouTube und später Online-Vorlesungen von Universitäten angeeignet. "Andere haben ihre Freizeit mit Fortnite verbracht, ich eben anders." Nach dem 3D-Drucker im Alter von elf Jahren folgten weitere Entwicklungen: Mit 15 erfand Marvin ein automatisiertes Gewächshaus, mit 17 einen Schokoladen-3D-Drucker. Und wenn er gerade nicht tüftelt, hat Marvin ganz normale Hobbys: Er engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr, fährt gerne Rad und geht angeln.
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