Äußerlichkeiten sind nebensächlich
Tine Wittler, Autorin und bekannt durch die Fernsehshow „Einsatz in 4 Wänden“, liest am Montag, 16. September, in Velbert aus ihrem Buch „Wer schön sein will, muss reisen“ vor. Beginn ist um 19.30 Uhr im BiLo. Im Stadtanzeiger-Interview erzählt die 40-Jährige, wie das Werk entstand und was es auslöste.
Frau Wittler, das Buch handelt von Ihrer Reise durch Mauretanien, einem Land in Afrika, in dem das Schönheitsideal so gar nicht dem deutschen entspricht. Wie kamen Sie auf das Thema? Eigentlich wollte ich einen weiteren Roman schreiben. Das Grundgerüst stand, meine Protagonistin sollte Kaja heißen, eine Frau, die eben nicht groß und schlank ist und auf ihrer Reise durch Mauretanien feststellt, dass gerade runde und üppige Frauen dem Schönheitsideal entsprechen. Im Rahmen meiner Recherche fiel mir auf, dass ich kaum etwas über das Land wusste. Bis heute ist Zwangsernährung ein wichtiges Thema dort, doch es tut sich langsam was, viele Frauen möchten sich dem Druck nicht mehr beugen. Ich entschied also, dass ich, um authentischer schreiben zu können, zunächst selber dorthin musste, um mir einen Eindruck zu verschaffen. Und damit war Kaja gestorben und ich bereitete mich auf die Reise vor.
Wie sah diese Vorbereitung denn konkret aus? Mir war klar, dass eine Tour durch Mauretanien gewisse Gefahren mit sich bringt, also wollte ich nicht alleine dorthin. Es entstand die Idee, die Reise zu dokumentieren und so plante ich rund eineinhalb Jahre die fünfwöchige Tour, um schließlich mit einem Filmteam nach Afrika zu reisen. Die Dokumentation, die auch den Namen „Wer schön sein will, muss reisen“ trägt, kommt am 26. September in die Kinos.
Können Sie ein oder zwei der einschneidensten Erlebnisse Ihrer Reise erzählen? Das ist natürlich schwer, denn ich habe so viel erlebt - sowohl Positives als auch Negatives, wobei das Positive überwiegt. Nicht so schön waren natürlich die politischen Umstände, uns war aber im Vorfeld klar, dass wir ein gewisses Risiko eingehen. Und tatsächlich sind wir einmal mit unserem Fahrzeug in eine Demonstration geraten und wurden mit Steinen beworfen. Ein Stein ging sogar durch die Heckscheibe und verfehlte nur knapp den Kopf unseres Regisseurs René Schöttler, da hatten wir schon ordentlich Muffensausen.
Auf der anderen Seite war es immer wieder schön, neue und interessante Leute kennenzulernen. Entgegen meiner Erwartungen waren die Frauen sehr offen, haben gerne mit mir über dieses kritische Thema gesprochen. Die meisten waren wirklich klug und diskussionsfreudig, außerdem interessierten sie sich dafür, wie es bei uns mit den Schönheitsidealen ist.
Gibt es eine Kernaussage oder einen Appell, den Sie den Lesern vermitteln möchten? Eigentlich muss jeder seine eigenen Erfahrungen machen und daraus lernen. Der Knackpunkt ist doch, dass viele Frauen einen Druck verspüren, weil sie einem Schönheitsideal entsprechen möchten, dieser Druck kann von außen kommen oder von einem selbst erzeugt werden. Dabei sind diese Ideale doch irrelevant, schließlich ist es durchaus möglich, dass man nach nur wenigen Stunden Flug auf einmal an einem anderen Ort einem anderem Schönheitsideal begegnet. Diese Ideale sind abhängig von Zeit und Raum.
Wie ist es mit Ihren eigenen Erfahrungen, haben Sie diesen Druck auch verspürt? Ich habe zum Glück nie einen großen Druck verspürt, ich habe auch nie Wert darauf gelegt nur wegen meiner Schönheit wahrgenommen zu werden. Das liegt auch daran, dass so etwas in meiner Familie nie eine Rolle gespielt hat und ich ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt habe.
Sie sind ja schon seit längerer Zeit auf Lesereise. Wie waren die bisherigen Reaktionen auf das Buch? Ich muss sagen, dass sowohl Frauen als auch Männer dieses Thema beschäftigt und dass es ein unglaubliches Redebedürfnis gibt. Viele sind längst soweit, sich die Frage zu stellen, was überhaupt ein Schönheitsideal ist und inwiefern man sich diesem unterwerfen muss oder will. Es fehlte bisher nur das passende Forum. Inzwischen ist sogar eine Bewegung entstanden.
Welche Bewegung? Aus meiner Leserschaft sind die „ReBelles“ hervorgegangen. Sie wollen das Selbstbewusstsein und die Körperakzeptanz aller Menschen stärken, sie bewerten Menschen nicht aufgrund von Äußerlichkeiten und möchten auch anderen diese Einstellung näher bringen.
Worauf können sich die Besucher am 16. September im BiLo einstellen? Ich habe spannende Passagen aus dem Buch ausgesucht, ich werde aber nicht einfach nur da sitzen und lesen, sondern auch von meiner Reise erzählen und gerne Fragen beantworten.
Infos:
-Tine Wittler: „Wer schön sein will, muss reisen - Ein Selbstversuch im Land der runden Frauen“, ISBN: 978-3-502-15197-5
-Lesung: Montag, 16. September, um 19.30 Uhr im BiLo, von-Humboldt-Straße 53 in Velbert.
-Weitere Infos auf www.mussreisen.de
-Die Bewegung: www.rebelles.de
Autor:Maren Menke aus Velbert |
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