Melanie Günther darf als Verfahrensbeistand zur Seite stehen
Velberterin legt Fokus auf den Kinderwillen

Benötigt ein Kind einen eigenen Vertreter, der pädagogisch wie rechtlich in der Lage ist, den Kindeswillen und seine Rechte zur Geltung zu bringen, kann Melanie Günther vom jeweiligen Richter als Verfahrensbeistand bestellt werden. | Foto: Maren Menke
  • Benötigt ein Kind einen eigenen Vertreter, der pädagogisch wie rechtlich in der Lage ist, den Kindeswillen und seine Rechte zur Geltung zu bringen, kann Melanie Günther vom jeweiligen Richter als Verfahrensbeistand bestellt werden.
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Bei Gerichtsverhandlungen, speziell vor einem Familiengericht, wird nicht selten über das Kindeswohl entschieden. Daneben sollte aber stets auch der Kindeswille Berücksichtigung finden.

Genau diesen nimmt ein sogenannter Verfahrensbeistand in den Fokus. "Er kann als Anwalt des Kindes betrachtet werden", informiert Melanie Günther, die ab sofort im Auftrag des Betreuungsvereins der Bergischen Diakonie diese Aufgabe übernimmt. Im Rahmen einer Weiterbildung hat sie kürzlich das BVEB-Zertifikat (Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche) erworben, um ab sofort als Interessenvertretung für Kinder bei Gericht zu agieren.

Beistand wird vom Richter bestellt

"Ein Verfahrensbeistand wird vom zuständigen Familienrichter bestellt", erläutert die Diplom-Sozialpädagogin. "Nötig wird dies meist bei Scheidungen und Fragen zum Sorge- und Umgangsrecht." In welchem Umfang sie vom Gericht beauftragt wird, hängt vom jeweiligen Fall ab. "Es kann sein, dass die Gespräche mit dem Kind beziehungsweise den Kindern und die Teilnahme an dem Verfahren ausreichen. Genauso kann es aber auch erforderlich sein, dass Gespräche mit den Eltern geführt und das soziale Umfeld des Kindes genauer betrachtet werden müssen." Eines ist aber gleich: "Ich beziehe mich in meiner Funktion subjektiv auf den Willen des Kindes!"

"Kinder sind häufig loyal"

Rund eineinhalb Jahre dauerte die Weiterbildung. "Sie ist vom Gesetz nicht erforderlich, aber sehr sinnvoll", so Günther. "Die Subjekt-Stellung des Kindes wird einem deutlich erläutert, außerdem ging es inhaltlich um das Sorge- und Umgangsrecht allgemein, um die richtige Kommunikation mit Kindern und um die genaue Unterscheidung zwischen Kindeswohl und Kindeswille." Weitere Schwerpunkte der Weiterbildung waren die Anfertigung von Stellungnahmen und mögliche Loyalitätskonflikte. "Besonders Letzteres muss in meiner Arbeit besondere Berücksichtigung finden. Kinder sagen aus Loyalität zu einem Elternteil manchmal etwas, von dem sie glauben, dass Mama beziehungsweise Papa genau das hören möchten. Ob das dann auch ihrem eigenen Willen entspricht, gilt es zu hinterfragen." Durch ihr Studium der Sozialarbeit und der Sozialpädagogik sowie ihre bisherigen beruflichen Erfahrungen weiß Melanie Günther, wie sie bei den Treffen mit den Kindern und Jugendlichen auch mal zwischen den Zeilen lesen und gegebenenfalls gezielte, aber vorsichtig Nachfragen stellen muss.

Jedermann kann Anregung geben

Das Gericht in Velbert ist seit Beginn des Monats über Melanie Günthers zusätzliche Tätigkeit informiert. "Dafür haben wir sie mit einer gewissen Stundenanzahl von ihren bisherigen Aufgaben freigesetzt", erläutert Frank Schöpgens, Diplom-Sozialarbeiter und Teamleiter bei den Sozialen Diensten der Bergischen Diakonie. "Als Verfahrensbeistand kann sie nur von einem Richter bestellt werden, Eltern oder Familienmitglieder können dies aber bei Gericht anregen, wenn sie es für erforderlich halten", informiert er. "Dass es diese Interessensvertretung für Kinder bei Gerichtsverhandlungen gibt, wissen die wenigsten", ergänzt Diane Kollenberg-Ewald, Leitung. Dabei sei es wichtig, dass nicht nur Vater und Mutter beziehungsweise beide Seiten einen Anwalt haben, sondern auch die Kinder, deren zukünftiges Leben durch ein Urteil entscheidend beeinflusst werden kann. 

Wichtig: Die Aufgabe des Verfahrensbeistandes ist von einem Vormund zu unterscheiden (siehe unten). Den Verfahrensbeistand bekommt das Kind als eigenen Vertreter zur Seite gestellt, um im Rahmen der Verhandlung seine Rechte zur Geltung zu bringen.

Vormundschaften/Pflegschaften

  • Wenn Eltern keine oder nicht die volle Verantwortung für ihre Kinder übernehmen können, bekommen die Kinder einen Vormund oder Pfleger. Das Familiengericht entscheidet mit den Eltern und dem Jugendamt, für welche Bereiche das Sorgerecht entzogen werden muss.
  • Der Vormund/ Pfleger tritt an die Stelle von Eltern oder nehmen mit Eltern die elterlichen Rechte wahr. Das Kind/der Jugendliche wird zum „Mündel/Pflegling“.
  • Der Vormund/Pfleger wird zu einer wichtigen Person im Leben eines Kindes. Er kümmert sich darum, dass jedes Kind einen Ort hat, an dem es sich zu Hause fühlt. Er kümmert sich um eine geeignete Schule, alle Regelungen im Bereich der Gesundheit, der Freizeit, der Kontakte mit den Eltern und im finanziellen Bereich.
  • Der Vormund vertritt das Kind/ den Jugendlichen vor dem Jugendamt, dem Gericht, dem Heim, der Pflegefamilie, den Eltern, bei Ämtern und steht im persönlichen Kontakt für das Kind/ den Jugendlichen zur Verfügung.
  • Der Betreuungs- und Vormundschaftsverein der Bergischen Diakonie übt berufsmäßig ebenfalls Vormundschaften/ Pflegschaften aus. Die Sozialarbeiter und Sozialpädagogen mit langer Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kennen sich rechtlich aus und wissen über die behördlichen Zuständigkeiten Bescheid. Sie verfügen über verschiedene Zusatzausbildungen.
Autor:

Maren Menke aus Velbert

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