Verbraucherzentrale legt Jahresbericht vor
Kundendaten als Währung

Andreas Adelberger, Leiter der Velberter Beratungsstelle der Verbraucherzentrale, die seit 1991 in der Friedrichstraße 107 zu finden ist.  | Foto: Ulrich Bangert
  • Andreas Adelberger, Leiter der Velberter Beratungsstelle der Verbraucherzentrale, die seit 1991 in der Friedrichstraße 107 zu finden ist.
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Untergeschobene Lieferverträge für Strom und Gas; dreiste Drückermethoden in Fußgängerzonen, im Internet, an der Haustür und am Telefon; überzogene Geldforderungen und mehr: Die Mitarbeiter der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale in Velbert hatten 2018 alle Hände voll zu tun, um Abhilfe zu schaffen.

„Von den 4.674 Anfragen in der Beratungsstelle mündeten 718 in eine Rechtsberatung oder häufig in einen Mehrfach-Schriftwechsel der Verbraucherzentrale mit der Gegenseite“, so Andreas Adelberger, Leiter der Einrichtung. Dabei falle auf, dass immer öfter das Thema "Kundendaten" in den Beratungsgesprächen auftauche beziehungsweise bei der Analyse des Problems eine wichtige Rolle spiele.

Stolperfallen des Verbraucheralltages

Kurioses Beispiel: Ein Verbraucher meldete sich telefonisch auf eine Anzeige zum Modelleisenbahnverkauf - ohne seine Mobilrufnummer unterdrücken zu lassen. Er erreichte aber niemanden. Kurz danach erhielt er auf seinem Handy einen Anruf mit der Behauptung, eine Postsendung hätte nicht zugestellt werden können und man wolle nun noch einmal die korrekte Adresse erfragen. Leider gab der Angerufene diese mit weiteren Daten am Telefon bereitwillig preis. Wenige Tage darauf erhielt er dann die Zahlungsaufforderung eines Inkassobüros. Dieses setzte den Verbraucher unter Druck, 90 Euro zu bezahlen. Als Absenderadresse waren Post- und E-Mail-Adresse in Tschechien angegeben – offensichtlich wurde die Rechnung aber innerhalb Deutschlands versandt. Die angebliche Forderung wuchs dann - nach weiteren Mahnungen - schließlich auf rund 200 Euro an und der Verbraucher war bereits versucht, diese aus Furcht zu bezahlen. „Wir haben klar davon abgeraten und vielmehr mit Vollmacht des Verbrauchers der Forderung widersprochen. Wir kennen diese Masche seit längerem und konnten den Verbraucher auch informieren, dass die Staatsanwaltschaft Fulda bereits strafrechtlich gegen diese Betrüger in mehreren Hunderten von Fällen vorgeht“, so Adelberger.

Aber längst nicht immer sei sogar Strafrecht oder Betrug Teil der Beschwerden. Es seien die vielen Stolperfallen des Verbraucheralltages, die manchmal auch aus Schlamperei entstünden. Ein Beispiel sind ungerechtfertigte Forderungen: „Wir hatten vergangenes Jahr mehrere Fälle, bei denen Inkassobüros steif und fest behaupteten, angeblich eine Forderung gegenüber dem Briefempfänger zu besitzen. Am Ende stellte sich jedoch heraus, dass es sich entweder um eine Namensgleichheit mit einer anderen Person handelte oder auch, dass verschiedene Datensätze zu Namen und Adressen im Computer des Anbieters schlichtweg vermischt wurden." Ärgerlich dabei seien sowohl die angebliche Forderung selbst, aber auch ein drohender Schufa-Eintrag, erläutert Adelberger und berichtet von weiteren Vorfällen hierzu bei E-Mail-Diensten. Die Beratungsstelle habe daraufhin die Verbraucher aber jeweils erfolgreich herausgeboxt.

Der Missbrauch von Kundendaten

Der Missbrauch von Kundendaten führe immer wieder auch zu anderen Problemen. So wurden die Verbraucherschützer 2018 wiederholt für Ratsuchende aus dem gesamten Kreis Mettmann wegen ungewollter Anbieterwechsel tätig. Leider reiche für das Anstoßen eines Lieferantenwechsels bereits die telefonisch erfragte - oder an der Haustüre auf der Jahresrechnung ausgespähte - Zählernummer des Kunden zusammen mit seiner Adresse, um den Wechselprozess einzuleiten. Zwar sei es der Verbraucherzentrale immer wieder gelungen, den ungewollten Wechsel rückgängig zu machen. Der Aufwand hierfür sei jedoch teilweise beträchtlich und der Kunde lande unter Umständen zunächst in einem schlechteren Tarif.
Weitere Dauerbrenner seien 2018 Abzocker-Schlüsseldienste, Geschäfte mit der Liebe und mit der Kreditsuche über das Internet gewesen sowie allerlei Gewinnspielmaschen auf Facebook, Instagram und Co. Verstärkt würden wieder Zeitschriftenabos am Telefon untergeschoben. Als „Türöffner“ fungierten dabei häufig Gewinnspiele in den sozialen Medien. Auch nähmen Beschwerden zu Postdienstleistungen zu – eine Folge der Verlagerung der Kaufgewohnheiten. In einigen Branchen gelänge es dem Einzelnen immer seltener, sein Anliegen selbstständig beim Anbieter vorzubringen.

„Mit der Abwehr von ungerechtfertigten Forderungen helfen wir keineswegs nur Haushalten mit knappen Kassen, sondern eröffnen beispielsweise auch finanzielle Spielräume, etwa um fürs Alter vorzusorgen, um sich gegen Risiken wie Berufsunfähigkeit abzusichern oder auch in Maßnahmen zur Energieeinsparung zu investieren“, erläutert Adelberger, dass sich Verbraucherarbeit rechnet. Versicherungs- und Versicherungsberatung im Schadenfall und die Einschaltung eines Rechtsanwaltes der Verbraucherzentrale seien weitere wichtige Bausteine, um Ratsuchende gegenüber manchmal übermächtig erscheinende Unternehmen zu unterstützen. Gefragt waren die Hilfestellungen bei ganz unterschiedlichen Ausgangssituationen: Sowohl „Vorinformierte“, die etwa übers Internet schon mögliche Problemlösungen recherchiert hatten und damit aber dennoch gescheitert waren, als auch Ratsuchende, die aufgrund vielfältiger Faktoren nur über geringes Potenzial zur Selbsthilfe im Verbraucheralltag verfügen, zählten zur „Kunden-Klientel“. Adelberger mahnte dabei, dass im Hinblick auf die Digitalisierung alle Bürger mitgenommen werden müssten. „Eine Spaltung zwischen denen, die wissen wie es mit den Technologien geht und den anderen, die eben Pech haben, darf es nicht geben.“


Stolperfallen beim Anbieterwechsel

Bei vielen außergerichtlichen Rechtsberatungen und -vertretungen hätten im vergangenen Jahr einmal mehr Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt gestanden. Nicht nachvollziehbare Posten und Drittanbieter in der Rechnung, Stolperfallen beim Anbieterwechsel - oftmals gab es mit den Unternehmen gleich mehrere Probleme. Bei Telefonshops in Velbert hatte die Beratungsstelle festgestellt, dass diese bei ihren Informationspflichten gegenüber den Kunden beim Vertragsabschluss patzten. „Wir haben daher ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei solch komplexen Vertragskonstellationen gefordert“, erklärt der Leiter, der seit 1991 in Velbert ansässigen Einrichtung und stellt fest: „Zur Europawahl haben wir gezeigt, wie die Menschen im Alltag von der europäischen Verbraucherpolitik profitieren: von der Deckelung der Gebühren beim Einsatz von Zahlungsmitteln über die Abschaffung der Roaming-Gebühren bis hin zu Vorgaben für energieeffiziente Kühlschränke und Waschmaschinen, wodurch Haushalte bei den Stromkosten kräftig sparen.“

VerbraucherzentraleNordrhein-Westfalen:
-Beratungsstelle Velbert, Friedrichstraße 107
-Tel. 02051/8090181
-velbert@verbraucherzentrale.nrw

Öffnungszeiten:
-Montag: 9.30 bis 13.30 und 14.30 bis 18 Uhr
-Dienstag: 9.30 bis 13.30 Uhr
-Donnerstag 9.30 bis 13.30 und 14.30 bis 18 Uhr
-Freitag 9.30 bis 13.30 Uhr

Autor:

Maren Menke aus Velbert

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