Kleine Pille, große Sorgen
Bislang mussten Frauen zunächst zum Arzt gehen, um sich die „Pille danach“ verschreiben zu lassen. Ab Montag kann dieses Medikament aber auch ohne Verordnung in der Apotheke gekauft werden. Vincent Nyamosi, Inhaber der Maxmo-Apotheke, brachte im exklusiven Gespräch mit dem Stadtanzeiger seine Bedenken zum Ausdruck.
„Dass die ,Pille danach‘ nun rezeptfrei in der Apotheke gekauft werden kann, birgt sehr viele Gefahren“, sagt Nyamosi. Ihm wäre es lieber, wenn sich Betroffene nach wie vor von einem Arzt untersuchen und beraten lassen müssten. „Schließlich werden mit dieser Pille Hormone verabreicht.“ Und gerade bei jungen Mädchen in der Entwicklung sei ein ausgewogener Hormonhaushalt sehr wichtig.
Gefahr von Leichtsinn bei der Verhütung
„Meine größte Befürchtung ist, dass viele Frauen nun leichtsinniger mit der Verhütung umgehen. Denn der Gang zum Arzt oder ins Krankenhaus war immer eine große Hemmschwelle, die zur Vorsicht geführt hat“, ist der Velberter Apotheker sicher. Und im Leichtsinn sieht er nicht nur das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft: „Auch die Übertragung von Geschlechtskrankheiten spielt dabei eine große Rolle.“
Die Abschaffung der Rezeptpflicht bei der „Pille danach“ sei nicht richtig durchdacht, glaubt Vincent Nyamosi. „Die meisten Mädchen und Frauen wissen doch auch gar nicht, wie dieses Medikament wirkt“, so der Experte. „Es stimmt nämlich nicht, dass die ,Pille danach‘ ein Schwangerschaftsabbruch ist.“ Sie würde bewirken, dass der Eisprung verzögert wird und es somit gar nicht erst zur Befruchtung der Eizelle kommt.
„Es ist also unerlässlich, dass durch einen Fachmann genau nachgefragt wird, wann die letzte Monatsblutung war und wann es zum Geschlechtsverkehr gekommen ist.“ Erst danach würde der Apotheker entscheiden, welches der beiden möglichen Hormonpräparate „EllaOne“ oder „PiDaNa“ er herausgibt.
„Ohne eine ausführliche Beratung werden wir jedenfalls keines dieser Präparate an unsere Kundinnen herausgeben“, kündigt der Inhaber der Maxmo-Apotheke an. „Und auch die Empfehlung, zusätzlich einen Frauenarzt aufzusuchen, werden wir wohl immer aussprechen, gerade bei jungen Mädchen.“
Nun müsse man aber erstmal abwarten und beobachten, inwiefern sich durch die Neuregelung Veränderungen ergeben. Für Frauen sei es jedenfalls künftig deutlich leichter, die „Pille danach“ mit möglichst wenig Zeitverzögerung einnehmen zu können. „Mit den kundenfreundlichen Öffnungszeiten und dem flächendeckenden Notdiensten stellen die Apotheken die Versorgung rund um die Uhr sicher“, erläutert Lutz Engelen, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein in Düsseldorf.
Ärztliche Beratung wird empfohlen
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten der „Pille danach“ für Frauen bis zum 20. Geburtstag, sofern die Betroffene ein Rezept vorlegen kann. „Wir werden dafür Sorge tragen, dass junge Menschen verantwortungsbewusst mit der ,Pille danach‘ umgehen und die Abgabe unter Berücksichtigung des begründeten Einzelfalls erfolgt“, so Engelen. Noch nicht erwachsene Minderjährige, besonders Mädchen unter 14 Jahren, sollten sich bei der Anwendung ärztlich beraten lassen. Sie bekommen diese Medikamente im Allgemeinen nicht in der Selbstmedikation.
Tipps für die Anwendung und die Wirkung der „Pille Danach“
-Binnen zwölf Stunden nach der vergessenen Pilleneinnahme lässt sich die Einnahme der üblicherweise eingenommenen „Antibaby-Pille“ nachholen. Die vergessene Pille sollte dann sofort eingenommen werden. Eine „Pille danach“ ist dann nicht nötig. Das gilt jedoch nicht für die „Minipille“. Hier braucht man die „Pille danach“, um eine mögliche Schwangerschaft zu verhindern.
-Hormonelle Verhütungsmittel sollen auch nach Einsatz der „Pille danach“ wie üblich weiter eingenommen werden. Ihre Wirksamkeit ist aber für den Rest des Zyklus nicht mehr gesichert. Deshalb sollen zusätzlich zum Beispiel Kondome genutzt werden.
-Bei Übelkeit mit Erbrechen kann die „Pille danach“ an Wirksamkeit einbüßen. Für die kontrazeptive Sicherheit besitzt auch das Körpergewicht Relevanz. Auch durch gleichzeitige Einnahme bestimmter Arzneimittel kann die Wirksamkeit herabgesetzt sein. Darüber informiert der Apotheker vor Ort.
-Liegt der ungeschützte Geschlechtsverkehr länger als 120 Stunden (fünf Tage) zurück, nutzt auch die „Pille danach“ nichts mehr.
-So wirken die Präparate: Die enthaltenen Wirkstoffe hemmen oder verzögern den Eisprung um drei bis fünf Tage. Da die Lebensdauer von Spermien drei bis fünf Tage beträgt, erreichen die Spermien die Eizelle nach dem Einsatz der „Pille danach“ mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr.
-Die „Pille danach“ schützt nicht zu 100 Prozent. Bleibt die nächste Regelblutung länger als sieben Tage aus, gibt ein Schwangerschaftstest, gekoppelt mit dem Besuch beim Frauenarzt, Auskunft, ob eine Schwangerschaft vorliegt.
Autor:Maren Menke aus Velbert |
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