Was Corona-Skeptiker auf die Straße treibt
Jeder Dritte glaubt an Verschwörungen

Anhänger von Verschwörungstheorien fühlen sich als Mitglied eines kleinen, elitären Kreises, der die Lage durchschaut. | Foto: Foto: Tumisu auf pixabay
  • Anhänger von Verschwörungstheorien fühlen sich als Mitglied eines kleinen, elitären Kreises, der die Lage durchschaut.
  • Foto: Foto: Tumisu auf pixabay
  • hochgeladen von Miriam Dabitsch

Prof. Michael Butter ist einer der führenden deutschen Forscher im Bereich Verschwörungstheorien. In der VHS-Reihe "Wissen live" informierte er über das Thema. Überraschend: "Jeder dritte Deutsche ist empfänglich für Verschwörungstheorien!" Und das nicht erst seit Corona.

Was ist eigentlich eine Verschwörungstheorie?
Verschwörungstheorien zeichnen sich durch drei Merkmale aus: 1. Nichts geschieht zufällig; 2. Nichts ist wie es scheint; 3. Alles ist miteinander verbunden (Definition von Michael Barkun)

Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?
Besonders empfänglich für Verschwörungstheorien sind nach Butter Menschen, die Angst vor Unsicherheit und Kontrollverlust haben. Verschwörungstheorien erfüllen eine Sündenbockfunktion - es gibt immer einen oder mehrere Schuldige - und entlasten die Anhänger von Sorgen und Verantwortung. Und, so paradox es klingt, sie verbreiten Optimismus, denn es besteht die Chance, den "Sündenbock" zu besiegen. "In Verschwörungstheorien ist es immer fünf vor 12, nie kurz nach 12", so Butter. Nicht zuletzt fühlen sich Anhänger von Verschwörungstheorien als kleiner, elitärer Kreis, der die Lage durchschaut.

Warum verbreiten Menschen Verschwörungstheorien?
"Der häufigste Grund ist, weil sie wirklich daran glauben", so der Professor für amerikanische Literatur und Kulturgeschichte. Es gibt aber auch Menschen, die damit politische Interessen verfolgen, zum Beispiel Ungarns Premierminister Viktor Orbán, oder auch wirtschaftliche Interessen, zum Beispiel der amerikanische Moderator Alex Jones.

Sind Verschwörungstheorien gefährlich?
Sie können es werden, wenn sie beispielsweise zu Gewalt führen. Laut Butter waren Amokläufer wie Anders Breivik oder der Täter von Halle Anhänger von Verschwörungstheorien. Sie können eine Gefahr für die Demokratie sein oder - wie im Fall der Corona-Demos - eine Gefahr für die Gesundheit.

Hat die Anzahl an Theorien in den vergangenen Jahren zugenommen?
"Nein", sagt der Experte. "Verschwörungstheorien waren früher viel verbreiteter und häufiger." Durch das Internet habe es einen "moderaten Anstieg" gegeben. Allerdings seien die Theorien durch das Internet heute leichter zugänglich als früher und Anhänger bekämen leichter Bestätigung im Netz.

Warum gehen die Anhänger von Verschwörungstheorien seit der Pandemie auf die Straße?
"Die Menschen haben schon vor Corona an ihre Theorien geglaubt", ist Butter überzeugt. Allerdings eher für sich, sie sind damit nicht hausieren gegangen. Neue Theorien bahnen deshalb an bestehende an, etwa, dass Bill Gates hinter der Pandemie steckt und damit den globalen Impfzwang durchsetzen möchte. Oder, dass die Bundesregierung die Menschen entrechten möchte. Oder, dass es Corona gar nicht gibt - und wenn, dann sei es nicht schlimmer als eine Grippe. Dies führt zu dieser bunten Mischung bei den Corona-Demos: Impfgegner, Rechte, QAnon-Anhänger treffen da aufeinander. Sie trauen sich jetzt aus ihren Kammern, weil sie sich durch die Pandemie konkret bedroht fühlen.

Was kann man zur Eindämmung von Verschwörungstheorien tun?
Das beste Mittel ist Bildung, so Butter. Denn es gebe einen Zusammenhang zwischen dem Bildungsgrad und der Empfänglichkeit für diese Theorien - mit einer Ausnahme: Akademiker sind im Bereich medizinischer Verschwörungstheorien weit vorne dabei.

Wie gehe ich mit einem Anhänger von Verschwörungstheorien um?
Der Experte empfiehlt, Menschen, die Sympathien für eine Theorie hegen, aber noch nicht fest daran glauben, damit zu konfrontieren, dass man glaubt, dass sie einer Verschwörungstheorie aufgesessen sind. Bei denen, deren Glauben bereits fest verankert ist, komme man damit aber nicht weiter. Hier sei das Ziel, sie durch Fragen zur Selbstreflexion anzuregen.

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

Miriam Dabitsch auf Facebook
Miriam Dabitsch auf Instagram
Miriam Dabitsch auf X (vormals Twitter)
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

260 folgen diesem Profil

15 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.