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Schießen, um zu schützen?! Keine Schonzeit für Wildschweine in NRW

Auch Frischlinge dürfen ganzjährig in Nordrhein-Westfalen erlegt werden. Muttertiere hingegen sind Tabu.  | Foto: Oliver Völker/Pixabay
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  • Auch Frischlinge dürfen ganzjährig in Nordrhein-Westfalen erlegt werden. Muttertiere hingegen sind Tabu.
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Genau 49.566 Wildschweine haben Jäger laut Landesjagdverband in der Saison 2020/21 in Nordrhein-Westfalen erlegt. Und so soll es weitergehen, finden die Verantwortlichen im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Schonzeit wird für fünf weitere Jahre ausgesetzt.

Damit soll die Population möglichst klein gehalten werden, als Vorsichtsmaßnahme vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP), die über Osteuropa bereits bis nach Brandenburg gelangt ist. "Wir haben weiterhin den Auftrag, prophylaktisch die Wildschweine sehr intensiv zu bejagen", konstatiert Andreas Schneider, Pressesprecher des Landesjagdverbands Nordrhein-Westfalen. Das Ziel sei, möglichst wenig Tiere "auf der Fläche" zu haben. Sollte die Krankheit bis nach NRW vordringen, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sich die ASP ausbreite, dadurch geringer. Schneider betont, dass diese Methodik bereits in der Vergangenheit erfolgreich gewesen sei, etwa bei der Ausrottung der Tollwut bei Füchsen.

"Der Mensch ist das Problem"

Anders sieht das Lea Schmitz, Pressesprecherin beim Deutschen Tierschutzbund. "Es gibt keinerlei belastbare Belege dafür, dass die Aufhebung von Schonzeiten und Intensivierung der Schwarzwildjagd zur Prävention des ASP-Risikos in westlichen Bundesländern beiträgt." Sie sieht das Problem bei der Ausbreitung der Schweinepest nicht bei den Wildschweinen, sondern beim Mensch. "Weil in der Intensivhaltung tausende Mastschweine in immer größeren Beständen zusammengepfercht gehalten werden - verbunden mit häufigen Tiertransporten auch über Landesgrenzen hinweg, wird die schnellere Ausbreitung von Krankheiten bzw. Seuchen begünstigt. Hier muss man ansetzen. Die Nutztierbestände müssen wieder reduziert werden - auch damit sich im Seuchenfall Tötungen regional und auf möglichst wenige Tiere begrenzen lassen", sagt die Tierschützerin.

"Schaden in Milliardenhöhe"

Auch Schneider hat Sorge, dass die Seuche, wenn einmal in NRW angekommen, auf Nutztierbetriebe übergehen könnte. "Das wäre ein volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe. Selbst wenn ASP nicht vom Wildtier auf ein Nutztier übertragen würde - was denkt der Händler, der Fleisch aus einem Seuchengebiet kauft?" Hier seien die rund 97.000 Jäger in der Pflicht, auch partnerschaftlich mit Blick auf die Landwirte, die Wildschwein-Population auszudünnen.

Muttertiere sind Tabu

Aber auch dabei gibt es Grenzen. Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, betont: "Selbstverständlich gilt bei der Jagd von Schwarzwild auch in Zukunft der wichtige Muttertierschutz.“ Das heißt, dass Muttertiere von Frischlingen nicht geschossen werden dürfen. "Das ist ein absolutes No Go, denn die Jungtiere würden elendig verhungern", erklärt der Pressesprecher des Jagdverbands.

"Aus Tierschutzsicht inakzeptabel"

Lea Schmitz hält dagegen, dass der Elterntierschutz zwar nun auch wieder als Priorität dargestellt, in der Praxis aber oft genug nicht beachtet werde. "Wenn Schonzeitaufhebungen und Schüsse in Rotten mit führenden Sauen hingenommen werden, ist dies aus Tierschutzsicht inakzeptabel." Zudem betreffe die Aufhebung von Schonzeiten vor allem biologisch sensible Zeiten und beeinträchtige durch die Unruhe, die eine Bejagung mit sich bringt, auch andere Tierarten.

Schonzeit 2019 aufgehoben

Bis 2019 galt in NRW, dass Wildschweine zwischen dem 1. Februar und 31. Juli nicht gejagt werden durften. Im Schnitt lag die Zahl der erlegten Tiere zwischen 30.000 und 40.000. Bereits 2016/17, also noch vor der Aufhebung der Schonfrist, wurden um die 60.000 Wildschweine geschossen, ebenso in der Saison 2018/19. „Bei einem weiteren guten Mastjahr und günstigen klimatischen Bedingungen rechnen wir damit, dass die Wildschweinpopulation schnell wieder ansteigt – und damit auch das Risiko der Afrikanischen Schweinepest. Deswegen ist es notwendig, die Zahl der Wildschweine in Nordrhein-Westfalen weiterhin zu regulieren", so die Ministerin. 

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Empfindet ihr die weitere Aufhebung der Schonzeit als probates Mittel zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest?

Bist du dafür, dass Wildschweine ganzjährig gejagt werden dürfen, um die Afrikanische Schweinepest einzudämmen?

Auch Frischlinge dürfen ganzjährig in Nordrhein-Westfalen erlegt werden. Muttertiere hingegen sind Tabu.  | Foto: Oliver Völker/Pixabay
Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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