Gutes Klima mit Bedacht
Interview mit Martin Zöllner (Grüne) über Schutz, Folgen, Anpassung und Konzepte
Weil sie sich bei ihrem Kernthema Klimaschutz nicht richtig durchsetzen konnten, verließen die Grünen das "regierende" Sechserbündnis. Zurzeit geht es in der Kommunalpolitik wieder ums Thema. Wir sprachen darüber konkret mit Martin Zöllner, erster Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/ Die Grünen.
-----------------------------------------------------------
Weitere Lokalpolitik: Matthias Gohr (SPD)
-----------------------------------------------------------
Können Sie den Grund, warum Sie aus dem Bündnis ausgetreten sind, näher präzisieren? Gibt es Beispiele für Anträge, die Sie nicht durchsetzen konnten?
Zöllner: Ich würde das gar nicht mal so negativ sehen: Wir haben viele gute Entscheidungen in den letzten Jahren getroffen, zum Beispiel im sozialen Bereich, bei der Entlastung der Familien und vor allem bei den Kinderbetreuungskosten. Wir haben uns halt mehr versprochen im Bereich Klimaschutz. Klimafolgenanpassung und Klimaschutzmaßnahmen kosten aber auch viel Geld, da ist es nicht so einfach, solche Ziele durchzusetzen. Wir werden gerade von der - weltpolitischen - Entwicklung überrollt, was zeigt, wie wichtig es ist, die richtigen Signale zu senden. Klimaschutz und Klimafolgenanpassung als notwendige Maßnahme zur Erhaltung unserer demokratischen Freiheit. Insbesondere der Weg in die Unabhängigkeit von Autokraten. Es gibt aber auch den sozialen Aspekt ,heute' zu berücksichtigen. Es ist schwierig für die Stadt, für die Wirtschaft und für die Bürger. Schade ist, dass sich das Bewusstsein - Klimafolgenanpassung/ Klimaschutz als Chance für die Weiterentwicklung Gesellschaft/Wirtschaft - jetzt erst durchsetzt.
Ist Velbert ein Nachzügler in Sachen Klimaschutz, wie die Grünen beim Thema „Große Feld“ mal sagten?
Zöllner: Wir haben Nachholbedarf. Wenn wir Klimaschutz denken, dann geht es nicht nur um ausreichendes Grün in der Stadt - wichtig insbesondere auch für Mikroklima und Hitzeresilienz, wir müssen auch Wälder beziehungsweise den bewirtschafteten Forst erhalten, in Regenerative Energie und Energieeinsparung investieren, Mobilität verändern et cetera.Hinsichtlich der beschlossenen Energiesparmaßnahmen kann man sagen: Diese Energieeinsparung hätte man auch früher machen können (ohne die aktuellen weltpolitischen Umstände). Wünschenswert wäre gewesen, wenn man noch die Straßenbeleuchtungen mit hinzu genommen hätte. Man könnte sich fragen, welche Leuchtpunkte brauche ich jetzt wirklich, natürlich ohne sogenannte Angsträume zu schaffen. Das Ausschalten von Laternen können wir natürlich nicht im (kritischen) Verkehrsbereich machen.
Intelligentes Lichtpunktmanagement
Zöllner: Grundsätzlich bietet aber ein intelligentes Lichtpunktmanagement auch viele weitere Vorteile (z.B. Reduktion von Lichtsmog!). Wir haben vielleicht 8400 bis 8500 Lichtpunkte und ein kleinerer Teil ist mit LED ausgestattet. Wir müssen viel konsequenter auf eine neue Technologie wechseln.
Hochdrucklampen/Leuchtstoffröhren haben einen hohen Energiebedarf. Vor allem, wenn sie defekt sind. Wie hoch ist die Ausfallquote, die Defektquote - das müssen wir (Stadtverwaltung bzw. der Betrieb) herausfinden. Möglicherweise gibt es Kapazitätsprobleme in der Stadtverwaltung, um die Prüfung in der Fläche vorzunehmen.
Sie hatten einen eigenen Beschlussvorschlag für einen Masterplan „Klimaneutrales Velbert 2045“ vorbereitet. Reichte das Klimakonzept der Stadt nicht aus?
Zöllner: Wir müssen mit breiten Mehrheiten die Stadt entwickeln. Mehrheiten haben, Konsens haben, Leute überzeugen und „Wir müssen ambitionierter werden.“ Wir wollen eine Welt hinterlassen, die für die nachfolgenden Generationen lebenswert ist. Grundsätzlich wollen wir das Energie- und Klimakonzept der Stadt Velbert weiterführen, aber es müssen ambitioniertere Ziele anvisiert werden.
Sie haben dazu auch schon einen Antrag im Klima- und Umweltausschuss eingebracht?
Zöllner: Hierzu wurde konkret im Klima- und Umwelt-Ausschuss unser Antrag in den Antrag der Stadt “eingebaut” und beschlossen.
Wir kommen also zu messbareren Zielen und damit auch konkretere Vorgehen um ambitioniertere Ziele zu führen. Das ganze dann unter Beteiligung von vielen Stackholdern um einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu erzielen.
Entsprechend dem Beschlussvorschlag 275/2022 (neu) wurde nun folgender Passus übernommen:
"Die Verwaltung wird beauftragt, das integrierte Energie- und Klimakonzept auf Basis des vorliegenden Umsetzungsberichts fortzuschreiben und die Klimaziele für Velbert unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 29.04.2021 (Klimaneutralität bis 2045) sowie der Klimaschutznovelle 2021 fortzuschreiben. Um aufzuzeigen, wie Velbert seinen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele und damit zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad in Deutschland leisten kann, soll die aktuelle Klimastrategie umfassend evaluiert werden, um daraus einen Fortschreibungsbedarf abzuleiten sowie neue Ziele und Maßnahmen für die Stadt zu definieren. Im Zuge der Fortschreibung sollen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Verbände, Politik sowie Jugendvertreter*innen einbezogen werden. Dieses schließt die notwendige Netzwerkarbeit, das Projektmanagement und den Einsatz digitaler Werkzeuge zum Monitoring und zur Entwicklung eines wirksamen, sektorübergreifenden Vorgehens in der Stadt Velbert ein. Ein Vorschlag zur Fortschreibung wird den politischen Gremien im Zusammenhang mit der Evaluation vorgelegt, so dass diese bis Mitte 2023 durchgeführt werden kann."
Autor:Harald Landgraf aus Dinslaken |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.