Eine beeindruckende Geschichte
Lebensretter durch Reanimation - Pastoralreferent Gisbert Punsmann überlebte dank Erst-Hilfe-Maßnahmen vor Ort

V.l.: Gisbert Punsmann (Pastor), Herr und Frau Büttgen, Dr. Lars Bansemir (Chefarzt der Klinik für Kardiologie) und Dr. Christian Fricke (Leitender Oberarzt der Kardiologie) sind glücklich, dass die Erste-Hilfe Maßnahmen vor Ort erfolgreich waren.   | Foto: privat
  • V.l.: Gisbert Punsmann (Pastor), Herr und Frau Büttgen, Dr. Lars Bansemir (Chefarzt der Klinik für Kardiologie) und Dr. Christian Fricke (Leitender Oberarzt der Kardiologie) sind glücklich, dass die Erste-Hilfe Maßnahmen vor Ort erfolgreich waren.
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  • hochgeladen von Charmaine Fischer

Der Erste-Hilfe-Kurs wird obligatorisch von Menschen besucht, die sich zum Ziel gesetzt haben, einen Führerschein zu machen. Doch nicht nur im Straßenverkehr passieren Unfälle – auch im Alltag brauchen Menschen Retter in der Not. Wie wichtig es ist, die einfachsten Grundlagen der Reanimation zu kennen und anwenden zu können, zeigt der Fall von Pastoralreferent Gisbert Punsmann.

Es war ein ganz normaler Sonntag in Velbert Ende August diesen Jahres als Gisbert Punsmann, Pastor der Gemeinde St. Don Bosco in Velbert, sich auf den Weg zum Gottesdienst machte. Wie jeden Sonntag fuhr der sportliche 58-jährige zur Kirche und begrüßte die Gemeindemitglieder, welche sich schon in der Kirche versammelt hatten.

Gisbert Punsmann bricht bewusstlos zusammen

Nach der Ansprache schlug er den Besuchern noch zwei Gedanken zur Meditation vor, während der er Musik abspielen wollte. An alles Weitere kann er sich heute nicht mehr erinnern, denn als er sich nach unten beugte, um die Musikanlage anzustellen, sackte er vor den Augen der Gemeindemitglieder bewusstlos zusammen.

Ein Schockmoment für alle Anwesenden, doch das anwesende Ehepaar Büttgen zögerte nicht lang, sondern tat das einzige, was in diesem Moment richtig ist: Handeln – und Ersthilfe leisten.

„Ich wählte unverzüglich den Notruf und der der Mitarbeiter der Leitstelle am anderen Ende der Leitung sagte mir, dass wir seine Anweisungen befolgen- und am Telefon bleiben sollen, bis der Rettungswagen und der Notarzt vor Ort sind“, erinnert sich Frau Büttgen.

Lebensretter durch Erste-Hilfe Maßnahmen

Auf Anweisung des Leitstellenmitarbeiters überprüfte ihr Ehemann unverzüglich die Vitalzeichen des Pastors. Herr Punsmann war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar, hatte keine Farbe mehr im Gesicht und atmete nicht mehr: Ein Zeichen, dass unverzüglich mit der Herz-Druck-Massage begonnen werden musste.

Herr Punsmann erlitt an diesem Tag einen Herz-Kreislaufstillstand. Bei diesem fällt die Herzfunktion plötzlich aus, das Herz pumpt kein Blut mehr durch den Körper und der lebenswichtige Sauerstoff gelangt nicht mehr die Organe. Bereits nach wenigen Minuten ohne Sauerstoff treten im Gehirn unwiderrufliche Schäden auf und die Überlebenschance sinkt mit jeder Sekunde.

„In Deutschland versterben jährlich circa 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod, da vor Ort häufig nur unzureichend reanimiert- oder aus Angst vor Fehlern lieber gar nichts unternommen wird. Nur 30 bis 35 Prozent führen vor Ort eine Herzdruckmassage durch“, erklärt Dr. Lars Bansemir, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie am Helios Klinikum Niederberg.

"Herzinfarkt entsteht meist durch ein Blutgerinnsel"

Das Ehepaar Büttgen machte an diesem Tag alles richtig: Sie handelten zügig und besonnen, ohne in eine Schockstarre- oder in Panik zu verfallen. Während die Ehefrau die Anweisungen des Rettungsdienstes entgegennahm, führte ihr Ehemann die Herz-Druck-Massage bei Herrn Punsmann durch, um die Pumpleistung des Herzens „von außen“ zu übernehmen.

„Ein Herzinfarkt entsteht meist durch ein Blutgerinnsel, welches ein Herzkranzgefäß verstopft. Die Herzkranzgefäße sind Gefäße, die den Herzmuskel mit Blut und Sauerstoff versorgen. Meistens ist eine Arterie durch Ablagerungen und Verkalkungen an der Innenwand verengt. Eine solche Arterienverkalkung (Arteriosklerose) der Herzkranzgefäße wird auch koronare Herzkrankheit genannt“, erklärt Dr. Christian Fricke, Leitender Oberarzt der Kardiologie im Velberter Klinikum.

Bei Herrn Punsmann bildete sich auf einer solchen Ablagerung ein Blutgerinnsel (Thrombus), welches dann das Blutgefäß im Herzen verstopfte. Der Herzmuskelabschnitt, der durch dieses Herzkranzgefäß versorgt wurde, bekam nicht mehr genug Sauerstoff, es kam zum Herzinfarkt mit lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörung – dem Kammerflimmern. Unbehandelt führt das Kammerflimmern wegen der fehlenden Pumpleistung des Herzens unmittelbar zum Tode. Die sofortige Herzdruckmassage war somit das einzige Mittel, um das Leben des Pastors zu retten.

Punsmann überlebte und will sein Leben weiter genießen

„Circa 6 Minuten nachdem meine Frau den Notruf gewählt hat, kamen die Sanitäter am Unfallort an und haben mir dann die Herzdruckmassage abgenommen. Erst nachdem der Krankenwagen abgefahren ist habe ich gemerkt, wie sehr ich am ganzen Körper gezittert habe. Davor habe ich einfach nur fast schon wie ferngesteuert funktioniert“, berichtet Herr Büttgen.

Nachdem der Notarzt mit einem Elektroschock das lebensbedrohliche Kammerflimmern beendet hatte, wurde im Helios Klinikum Niederberg eine Koronarangiographie durchgeführt. Bei diesem Verfahren wird ein Herzkatheter durch eine Armarterie eingeführt. Eine Kontrastflüssigkeit ermöglicht es dem behandelnden Kardiologen die Gefäße auf einem Monitor zu sehen. Hier wurde dann der Auslöser des Herzinfarktes sichtbar: Das verstopfte Herzkranzgefäß. Mit Hilfe einer Ballondilatation wurde das verstopfte Gefäß geweitet, die Verstopfung wurde entfernt und anschließend wurde das Gefäß mit einer Gefäßstütze (Stent) versehen. Gleichzeitig wurde die Körpertemperatur mittels eines zweiten Katheters auf 34 Grad Celsius gesenkt. Diese spezielle Therapie nennt der Fachmann auch therapeutische Hypothermie, sie gehört in Niederberg bereits seit längerem zum Standardverfahren nach Herz-Kreislauf-Stillstand, seitdem mehrere Studien eine Verminderung von durch Sauerstoffmangel verursachten Spätfolgen für das Gehirn nachgewiesen haben. Nachdem das Herzkranzgefäß von der Verstopfung befreit wurde, musste der Patient ins künstliche Koma versetzt- und einige Tage intensivmedizinisch betreut werden, bis ihn die Ärzte wieder langsam ins Leben zurückholten.

Herr Punsmann hatte Glück im Unglück: Einzig und allein weil seine Retter den Ernst der Lage begriffen und somit unverzüglich mit den lebensrettenden Maßnahmen begonnen haben, geht es ihm heute wieder sehr gut. Physisch und kognitiv befindet er sich wieder auf dem Vor-Herzinfarkt-Niveau. Nach einem mehrwöchigen Reha-Aufenthalt ist er nun wieder körperlich fit und schmiedet schon Pläne für die Zeit nach dem Corona-Lockdown. Er möchte weiterhin an Fußballspielen mit seinem Sohn teilnehmen und auch wieder anfangen zu joggen. Ebenso der Kauf eines Rennrades steht weit oben auf seiner To-Do-Liste. Bei körperlichen Belastungen trägt er mittlerweile eine Pulsuhr, die ihm dabei hilft, Sport in seinem persönlichen Trainingspulsbereich zu betreiben und dadurch schädliche Höchstbelastungen zu vermeiden.

„Ich werde mein Leben nicht grundlegend ändern, sondern versuchen alles wieder so zu machen, wie ich es vor meinem Herzinfarkt auch gemacht habe. Ich werde mich auf keinen Fall in Watte packen, sondern das Leben wieder so genießen wie früher“, berichtet der leidenschaftliche Schalke-Fan.

"Es war noch nicht die Zeit zu gehen"

Für alle Beteiligten ist eines jedoch klar: Wenn mehr Menschen mit der Laienreanimation und mit Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut wären und auch bereit sind, diese im Ernstfall durchzuführen, könnten viele Leben gerettet werden. Es sind nur ungefähr zwei Minuten, die über Leben und Tod eines Menschen entscheiden, denn das Gehirn eines Menschen kann nur eine sehr kurze Zeit ohne Sauerstoff auszukommen. Ohne die sofortige Reanimation hätte Herr Punsmann es nicht geschafft.

Ob der Pastor nun einen gütigen Schutzengel an diesem Tag hatte, oder ob es einfach nur ein glücklicher Zufall war, dass seine Lebensretter zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, werden wir nie erfahren. Frau Büttgen ist sich aber sicher: „Es war einfach noch nicht seine Zeit zu gehen, weil hier noch ein paar wichtige Aufgaben auf ihn warten.“

Autor:

Lokalkompass Niederberg aus Velbert

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