„Wenn man ermittelt, schreibt man nicht drüber“

Der Fall sorgte im September 2010 für Aufsehen: Ein neunjähriger Junge wird vermisst. Es folgt eine der größten Suchaktionen, Polizisten durchkämmen die Umgebung von Grefrath, sogar Luftwaffen-Jets mit Wärmebildkameras sind im Einsatz. Das Fahrrad des vermissten Jungen taucht auf, ebenso seine Hose. Einem Zeugen ist ein VW Passat-Kombi aufgefallen. Bei tausenden von Fahrzeugen desselben Typs werden Faserspuren genommen. Im Januar 2011 nahm die Polizei den dringend tatverdächtigen Olaf H. fest, der die Ermittler zu der Leiche des Kindes führte und gestand, sich an dem Jungen sexuell vergangen zu haben, bevor er ihn tötete. Ingo Thiel, der Leiter der Sonderkommission, hat ein Buch über den Fall geschrieben, aus dem er heute Abend im „Alldie-Kunstkaufhaus“ liest. Vorher stand der Chefermittler dem Stadtanzeiger exklusiv Rede und Antwort.

Herr Thiel, wie hat der Fall Ihr Leben verändert? Man denkt jetzt über vieles anders nach und geht vieles ruhiger an.

War es eine Genugtuung, dass Sie den Fall so schnell gelöst haben? Vielen ging es nicht schnell genug. Aber man braucht acht bis zehn Wochen, bis so eine Sonderkommission richtig arbeitet.

Sind Sie über den Erfolg des Buches überrascht? Ja, bin ich. Wenn man ermittelt, schreibt man nicht drüber. Viele haben mich hinterher gebeten, ein Buch zu schreiben. Mit dem Journalisten Bertam Job ging das sehr gut, was wohl auch daran liegt, dass wir beide Fans von Borussia Mönchengladbach sind (lacht).

Wie stehen Ihre Kollegen zu dem Buch? Das Buch ist auf große Zustimmung gestoßen. „Endlich hat einer mal geschrieben, was wir machen“, heißt es. Es geht schließlich darum, wie es wirklich ist, wie so eine Kommission arbeitet und auch falsche Spuren verfolgt.

Gehen Sie heute anders an Ihre Arbeit? Nein. Es ist eine Teamarbeit. Es gibt zwar einen Teamleiter, aber alle machen eine hervorragende Arbeit.

Sie kommen nach Langenberg, ist Ihnen der Fall Bartsch aus den 60er Jahren ein Begriff? Ja, mein erster Ausbilder hat diesen Fall bearbeitet und uns darüber informiert.

Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen Jürgen Bartsch und dem Mörder von Mirco? Nein, da habe ich keine Zusammenhänge gesehen. Aber vielleicht kommen die noch.