Ein Tag gegen das Vergessen
Das GSG erinnert mit einem Gedenktag an die Hinrichtung der Geschwister Scholl
Das Gedenken an Sophie und Hans Scholl, als Namensgeber der Schule, ist fester Bestandteil des Schulalltags des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG). Ihr Widerstand gegen das NS-Regime kostete sie und ihren Mitstreiter Christoph Probst das Leben. Vor 75 Jahren wurden die Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten hingerichtet.
Geschwister-Scholl-Tag am GSG: Die 30 Schüler der Q1 (12. Klasse) sitzen im Theaterraum der Schule und lauschen gebannt. Diesmal ist es Autor Tim Pröse, der an den Todestag der mutigen, jungen Geschwister Sophie und Hans Scholl erinnert. Und das genau 75 Jahre später. Im Zuge eines Werkstattgespräches liest er aus seinem Buch „Jahrhundertzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler. 18 Begegnungen“ vor. Er lässt Widerstandskämpfer, Lebensretter und Holocaust-Überlebende zu Wort kommen. Mit allen hat er sich persönlich getroffen, Gespräche geführt, Briefe gelesen, Archive gesichtet. Unter seinen Gesprächspartnern unter anderem auch Sophie Scholls Schwester, ihre Zellengenossin, der Auschwitz-Überlebende Yahuda Bacon, Emilie Schindler oder der Essener Unternehmer Berthold Beitz, der während des Zweiten Weltkriegs mehreren Hundert jüdischen Zwangsarbeitern das Leben rettete, indem er sie als unentbehrlich einstufte und in den von ihm verwalteten Fabriken beschäftigte.
Die Schüler reagieren mit Betroffenheit auf die Berichte der Zeitzeugen
Ein Thema, das berührt, das betroffen macht - auch noch nach Jahren. Denn: Bereits ab der fünften Klasse setzen sich die Schüler des GSG mit dem Leben und Wirken der Geschwister Sophie und Hans Scholl und ihrer Mitstreiter auf vielfältige Weise auseinander. Das Geschwisterpaar wurde am 18. Februar 1943 an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität beim Auslegen von Flugblättern gegen das NS-Regime überrascht. Nach der Verurteilung am 22. Februar 1943 erfolgte noch am selben Tag die Hinrichtung. Die gelesenen Worte machen betroffen, berühren – rücken die vergangenen Geschehnisse näher.
„Es ist ein Unterschied, ob man diese Dinge im Unterricht behandelt oder, wie heute, Zeitzeugen zu Wort kommen“, so der 17-jährige Joshua; auch Charline und Victoria bestätigen: „Als aus den Briefen vorgelesen wurde, hatten wir einen Kloß im Hals. Man macht sich mehr Gedanken darüber, wie das wohl damals war und was die Menschen gefühlt haben.“ Genau das ist das Anliegen von Autor Tim Pröse. Abgesehen von historischen Fakten, geht es ihm in erster Linie um Gefühle: „Mein Anliegen war es immer, das Thema emotional zu beleuchten.“ Und dass er Emotionen wecken kann, zeigen nicht zuletzt die Fragen der angehenden Abiturienten während des rund eineinhalbstündigen Werkstattgesprächs.
Schüler sollen Verantwortung für die Gegenwart übernehmen
Dabei kann auch der Autor nicht alle Fragen eindeutig beantworten. Zum Beispiel die Frage danach, was Sophie wohl gemacht hätte, wenn sie überlebt hätte. Wäre sie ebenfalls eine Leitfigur geworden oder vielmehr in Vergessenheit geraten? Oder die Frage nach Christoph Probst. Warum sein Tod wohl niemals die gleiche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhielt, wie der von Sophie und Hans? Es sind diese Denkansätze, die zeigen, dass sich die Schüler ihre ganz eigenen Gedanken zu dem Thema machen – fern ab vom Lehrplan. „Das entspricht unserem Schulprofil. Die Schüler sollen in die Welt gucken – Verantwortung für die Gegenwart übernehmen“, so Daniela Tschorn, Lehrerin an der Schule. „In historischen Prozessen denken und leben ist wichtig und gehört daher zum Breitenkonzept unseres Gymnasiums.“
Daher wurde das Thema an diesem Tag auch für alle Schüler altersgerecht aufbereitet. Für die Klassen 5 wurde eine Rallye zum Leben der Geschwister Scholl veranstaltet, die Sechstklässler befassten sich mit dem Leben und Erleben der Kinder im Krieg, die 7. Klassen erstellten weiße Rosen aus Papier, auf denen Sätze aus den Flugblättern der „Weißen Rose“ standen, die Klassen 8 lernten weitere jugendliche Widerstandsgruppen in der NS-Zeit kennen, die Neuner schauten eine Verfilmung über die letzten Tage der Geschwister Scholl, und die EF nahm an verschiedenen Workshops teil, die sich künstlerisch-kreativ mit der Botschaft der Geschwister Scholl auseinandersetzten.
Auch Buchautor Tim Pröse nimmt etwas mit aus seiner Lesung. Er lobt die Schüler und freut sich über ihr ernsthaftes Interesse: „Es ist toll, wenn man sieht, dass ihr etwas aus dem Vermächtnis von Sophie, Hans und allen anderen Widerstandskämpfern macht.“ Die Frage eines Schülers - warum viele der Überlebenden keinen Hass auf die Deutschen hätten - lässt Pröse einen Holocaust-Überlebenden selbst beantworten: „Wenn ich zurück hassen würde, hätte Hitler gewonnen.“
Autor:Astrid von Lauff aus Velbert-Langenberg |
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