Google Street-View: Wie sich Städte und Gemeinden gegen Google Street View wappnen
Die Ankündigung aus dem Hause Google überraschte viele Menschen: Man gedenke, so ließ der Konzern kurz und knapp mitteilen, den Internetdienst Street View bis Jahresende mit Straßenfotos aus 20 deutschen Städten zu starten. Widerspruch von Bürgern sei möglich, aber nur binnen vier Wochen und natürlich ausschließlich via Internet. Die Frist ende am 15. September, 24 Uhr. Punkt.
Da haben sie dann erstmal geschluckt, Deutschlands Daten- und Verbraucherschützer. Dermaßen offline waren sie wohl schon lange nicht mehr. Hatten sie nicht eben noch mit der Unternehmensführung darüber verhandelt, wie der Geodatendienst Street View zu gestalten ist, damit die Bedenken von Bürgern und Rechtswissenschaftlern so weit wie möglich berücksichtigt werden? Liegen in der Hamburger Deutschland-Zentrale von
Google nicht schon zehntausende Widersprüche gegen die Veröffentlichung von Hausund Gartenfotos?
Welches Gewicht besitzen die Protestnoten jetzt eigentlich noch? Und was bitte müssen sich deutsche Politiker von einem kalifornischen Konzern alles gefallen lassen? Fragen über Fragen, die sich nach dem plötzlichen Vorstoß der Street-View- Betreiber stellten. Und das Delikate dabei: Die meisten dürften bis heute unbeantwortet geblieben sein.
Der Vorfall offenbart zwei grundlegende Probleme. Erstens: Der Handlungsspielraum der Politik ist kleiner, als viele Regierende den Bürgern glauben machen. Zweitens: Die Street-View-Autos manövrieren auf rechtlich unübersichtlichem Terrain. Einschlägige Paragrafen sind veraltet oder treffen nur teilweise zu. Aus diesem Grund gehen die Meinungen der Juristen über die Rechtmäßigkeit von Street View auseinander.
Die Politik hinkt derweil hinterher. Während sich SPD, FDP und Grüne früh gegen Google Street View in Stellung gebracht haben, ist in der Union die Meinungsbildung noch in vollem Gange. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) etwa hegt kaum Bedenken, und es Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) dagegen schon. In einem Interview gab sie zu bedenken: „Die Frage ist: Wo geht die Entwicklung hin? Bei Google ist es schon so: Wenn 90 Prozent aller Suchanfragen weltweit nur noch über Google abgewickelt werden, wie schaut’s dann etwa mit der Freiheit eines Gewerbetreibenden aus, wenn es darum geht, ob er bei Google Werbung schaltet oder nicht?“
Außerdem beklagte die Oberbayerin, dass die Originaldaten der Straßenaufnahmen aus Deutschland „irgendwo in Amerika liegen – und keiner von uns weiß wo“. Einmal mehr musste Ilse Aigner damit einräumen: Die Möglichkeiten der Politik sind begrenzt.
Deswegen ergreifen jetzt einige Kommunen die Initiative. Städte und Gemeinden, die nicht mehr abwarten wollen, bis sich Berlin auf eine Marschrichtung geeinigt hat. Zum Beispiel im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen zwischen München und Ingolstadt. Hier hatten mehrere Gemeinden, darunter die Kreisstadt, Widerspruch gegen die Veröffentlichung
„sensibler Bereiche“ wie Kindertagesstätten und Schulen eingelegt. Doch
Google ließ die Bürgermeister abblitzen. „Derartige Widersprüche werden nicht berücksichtigt“, hieß es aus der Konzernzentrale. Begründung: Ein Widerspruchsrecht würden nur „natürliche Personen“ (also Privatleute) genießen, aber keine Kommunen, Vereine oder Gesellschaften.
Doch nicht mit den Pfaffenhofenern! Sofort riefen sie zur Gegenwehr auf. Jetzt steht die Front. Vergangene Woche haben 19 Städte und Gemeinden im Landkreis eine gemeinsame Resolution gegen Street View veröffentlicht. Darin wird Google dringend aufgefordert zu respektieren, „dass wir vor allem unsere Kinder und Jugendlichen schützen wollen“.
Gut möglich, dass bald weitere Gemeinden diesem Beispiel folgen.
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