Neuer Teil der Serie "Der Stadtanzeiger will's wissen"
Mit dem Wald auf Tuchfühlung gehen
Mit besonderer Achtsamkeit durch einen Wald gehen und sich dabei ganz auf sich sowie die Natur konzentrieren, keinen Zeitdruck verspüren und die üblichen Gedanken des Alltags rund um Erledigungen, Termine und Pläne ausblenden.
Dem Einen fällt genau das ganz leicht, für Andere hingegen ist es schwer, sich damit selber mal etwas Gutes zu tun. In Japan gehört ein bewusster Gang durch den Wald mit verschiedenen Achtsamkeits-Übungen seit den 80er-Jahren sogar zur Gesundheitsvorsorge.
Unter dem Begriff "Waldbaden" beziehungsweise „Shinrin Yoku" kann sich hierzulande allerdings kaum jemand etwas vorstellen. Stadtanzeiger-Redakteurin Maren Menke wusste ebenfalls nicht, auf was sie sich einlässt, als sie sich mit Miriam Schug und sechs weiteren Teilnehmern traf, um rund um das Felderbachtal in Langenberg mit dem Wald auf Tuchfühlung zu gehen.
Blutdruck sinkt, weniger
Cortisol wird gebildet
"Untersuchungen in Japan haben gezeigt, dass der Blutdruck gesenkt werden kann, wenn man sich bewusst im Wald aufhält", erläutert Miriam Schug, die das "Waldbaden" ab sofort zweimal im Monat anbieten möchte. Neben zwei Strecken in Langenberg, hat sie auch schon ein Waldgebiet in Heiligenhaus ins Auge gefasst, das sie mit kleinen Gruppen von höchstens zehn Leuten in einer Zeit von rund drei Stunden mit allen Sinnen erleben möchte. "Auch die Produktion des Stresshormons Cortisol wird dabei deutlich runtergefahren", ergänzt sie. Dafür verantwortlich seien unter anderem Terpene - also Duftstoffe, die von Pflanzen und Bäumen gebildet werden.
Barfuß durch den Wald
Nach einer kurzen Erläuterung, in der darüber informiert wird, dass es sich nicht um eine esoterische Zeremonie handelt, geht es los. Alle sind gespannt, was sie erwartet. Jeder kann für sich entscheiden, wie weit er sich auf die einzelnen Aufgaben und Achtsamkeits-Übungen einlässt. So ist es keine Pflicht, seine Schuhe auszuziehen und barfuß über den feuchten Waldboden zu laufen. "Aber wer es probiert, wird feststellen, dass allein dadurch ein deutlicher Unterschied entsteht", verspricht Miriam Schug und soll Recht behalten. Die Erde ist nass, an einigen Stellen sinkt man leicht ein, kalte Steine, glitschiges Laub und auch die eine oder andere Nadel eines Baumes, die leicht piekst - Schuhsohlen hätte all diese Feinheiten nicht spürbar gemacht. Mit dieser zunehmenden Konzentration auf das "Fühlen" schwinden nach und die (belastenden) Gedanken.
"Buchen stehen für Stärke und Kraft."
Es besteht keinerlei Zeitdruck, gemütlich geht es entlang der Waldwege. "Es sind etwa drei bis vier Kilometer, die wir zurücklegen. Genau, weiß ich es nicht. Das ist aber auch nicht wichtig", sagt Miriam Schug, die rechts und links verschiedene Baum-Arten entdeckt und die Gruppe wissen lässt, was sie sieht und was sie weiß. "Buchen stehen für Stärke und Kraft." Eigenschaften, die jeder brauchen kann. Also sucht sich jeder eine Buche und tut, wonach ihm ist: Sich anlehnen, den Baum umarmen, bewusst an die Rinde fassen oder sich einfach nur daneben setzen.
"Wenn man alleine im Wald spazieren ist, traut man sich nicht, einfach mal einen Baum anzufassen und sich gegen ihn zu lehnen", sagt eine Teilnehmerin. "Die Sorge, gesehen und verurteilt zu werden, ist zu groß. Dabei empfinde ich das sogar als gemütlicher als eine Parkbank." Die Anderen stimmen ihr zu und erzählen, wie unbeholfen sie als Kinder durch den Wald rannten, Buden bauten und ihre Lieblings-Bäume hatten.
Spaziergang mit besonderer Qualität
Sich einfach auf die grüne Wiese legen, Arme sowie Beine von sich strecken und die Augen schließen; auf einem Stapel Baumstämme Platz nehmen und eine Pause machen; Pflanzen anfassen sowie an ihnen riechen; ganz bewusst die Blicke schweifen lassen und sich dafür um die eigene Achse drehen - kleine Dinge, die dem Spaziergang durch den Wald eine andere Qualität geben, machen das "Waldbaden" aus.
Es geht mal steiler hinauf, dann wieder hinab, vorbei an Himbeer-Sträuchern und schönen Feldern; beim Stopp am kleinen Bach wird auf Steine und Baumstämme geklettert; wer mag, läuft barfuß durch das kühle Wasser. Es darf geplaudert werden, es ist aber auch nicht unangenehm, wenn alle schweigen und den Wechsel von kühlem Schatten unterm Blätterdach und warmen Sonnenstrahlen unter freiem Himmel genießen.
"Das tat sehr gut", so das Fazit am Ende. "Es ist beeindruckend, wie entschleunigend es ist, seine Achtsamkeit bewusst auf sich zu lenken!"
Weitere Informationen:
- Das nächste "Waldbaden" mit Miriam Schug findet am Samstag, 25. Juli, statt.
- Die Kosten für die drei Stunden liegen bei 25 Euro.
- Weitere Informationen finden Interessierte online unter www.balancefitness-academy.de.
- Anmeldungen nimmt Miriam Schug unter Tel. 0177/4202989 entgegen.
Autor:Maren Menke aus Velbert |
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