„Die Menschen sind bereit darüber zu sprechen!“
Autor Jürgen Lohbeck dokumentiert in seinem neusten Buch die Auswirkungen des Luftkrieges in Velbert
Die Buchneuerscheinung, „Velbert, Langenberg und Neviges im Luftkrieg 1939-1945“, von Lokalhistoriker Jürgen Lohbeck, beschäftigt sich eindrucksvoll mit den Auswirkungen des Luftkrieges in Velbert. Reich bebildert, teilweise mit bisher unveröffentlichten Originalaufnahmen, dokumentiert der Autor diesen Teil der Velberter Geschichte. Das Buch ist eine vertiefende Ergänzung der aktuellen Gemeinschaftsausstellung des Bergischen Geschichtsvereins und des Schloss-und Beschlägemuseums.
„Hier ist doch nichts passiert.“ Das sei oftmals die spontane Aussage vieler Bürger bezüglich der Auswirkungen des Luftkrieges in Velbert, so Dr. Jutta Scheidsteger vom SCALA Verlag, in dem das Buch erschienen ist. Doch Hobby-Historiker Jürgen Lohbeck hat genauer hingeschaut und dokumentiert in seinem jüngsten Buch „Velbert, Langenberg und Neviges im Luftkrieg 1939-1945“ die vielfältigen Luftschutz- und Luftabwehrmaßnahmen, die hiesigen Zerstörungen, die vier Flugzeugabstürze und die Schicksale Betroffener auf Velberter Stadtgebiet und in den heutigen Stadtteilen. Schicksale von Velberter Bürgern, aber ebenso die von den abgestürzten Crewmitgliedern der feindlichen Bomber. Lohbeck: „Besonderes Augenmerk habe ich auf die nachgewiesenen vier Abstürze alliierter Bomber auf heutigem Velberter Gebiet gelegt. Zu den Familienangehörigen bestehen heute teils gute freundschaftliche Beziehungen, ein Zeichen für Frieden und Völkerverständigung.“ Erlebnisberichte deutscher wie alliierter Zeitzeugen lassen die Zeit des Luftkrieges mit all seinem Schrecken lebendig werden und ergänzen die vielfältigen Archivrecherchen. „Nicht nur in den Großstädten, auch in den vermeintlich kleinen Städten ist zur Zeit des Luftkrieges viel passiert. Das sind neue Erkenntnisse und lässt die menschlichen Schicksale dieser Zeit in einem anderen Licht erscheinen. Auch als Warnung für den Frieden“, so der Autor, der bereits sein siebtes Buch veröffentlicht hat. „Manches gerät im Laufe der Jahrzehnte schon wieder in Vergessenheit.“
Auch Namen und Schicksale der alliierten Flieger recherchiert
Seine Recherchen jedoch, brachten vieles wieder ans Licht. Neben den Schicksalen Betroffener sind es auch Fundstücke, wie Wrackteile abgestürzter Flugzeuge, die Licht ins Dunkle der Vergangenheit bringen. „Ehrenamtliche Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege konnten noch Teile der abgestürzten Flugzeuge aus dem Erdboden bergen und damit die exakten Absturzorte und Flugzeugtypen wissenschaftlich nachweisen.“ Auch Namen und Schicksale der Flieger konnten teilweise exakt geklärt werden. „Sicher ist, dass acht alliierte Flieger nach dem Krieg wieder nach Hause kamen. Weitere sieben mit großer Wahrscheinlichkeit.“ Im Gegensatz zu der eher schwierigen Recherche-Situation bezüglich der Flugzeugabstürze, ist die Situation der Luftschutz- und Abwehrmaßnahmen in Velbert umfassend dokumentiert. „Da könnte man tausend Seiten füllen. Im Velberter Stadtarchiv lagern umfangreiche Dokumente über die in den drei Städten realisierten Luftschutzmaßnahmen. Dazu kommt, dass viele Luftschutzbauwerke in den letzten Jahren ergänzend durch die Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege nachgewiesen und dokumentiert werden konnten.“ Dazu gehören zahlreiche Stollen, darunter der Velberter Stadtstollen, der niemals fertig wurde, ebenso wie viele Luftschutzbunker in den drei Stadtgebieten.
Velberter hatten Angst vor Luftangriffen
Wichtig war dem Autor darüber hinaus, der Versuch die Frage zu klären, ob Velbert, Langenberg und Neviges tatsächlich als vom Bombenkrieg „verschont“ bezeichnet werden können. Vor allen Dingen vor dem Hintergrund der schrecklichen Auswirkungen der Luftangriffe mit 120 Todesopfern, davon 44 in Langenberg und Neviges. „Allein 30 Bombenangriffe gab es auf Velbert-Mitte. Wie man detailliert aus den Polizeiberichten von Velbert entnehmen kann, wurden 39 Luftminen, 190 Sprengbomben und 11.000 Stabbrandbomben hierbei eingesetzt. Für Langenberg und Neviges liegen, bis auf einige wenige Einträge der Feuerwehr, keine Dokumente vor.“ Für Lohbeck steht fest: „Auch die Velberter haben in Angst gelebt. Auch wenn die Verluste und Angriffe im Vergleich mit großen Städten geringer ausfielen – für den einzelnen Menschen macht das keinen Unterschied. Die Angst ist da.“ Wie tief die Verunsicherung innerhalb der Zivilbevölkerung war, zeigen Jürgen Lohbeck auch seine zahlreichen Gespräche mit Zeitzeugen, die er in den vergangenen Jahren geführt hat. „Das Thema Krieg und die damit verbundenen Erlebnisse waren für viele früher ein Tabu-Thema. Heute sind die Menschen bereit darüber zu sprechen. Das sind oft sehr emotionale Gespräche. Man hat fast den Eindruck, dass es für manche wie eine Art Befreiung ist.“
Das Buch:
Erschienen im SCALA Verlag Velbert, erhältlich im Buchhandel, Hardcover, 200 Seiten, ISBN: 978-3-9819265-2-1
Autor:Astrid von Lauff aus Velbert-Langenberg |
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