Peter Mohr

Beiträge zum Thema Peter Mohr

Kultur

Mieko Kawakami: „All die Liebenden der Nacht“
Erschütternder Blick in den Spiegel

„Seit ich als Korrekturleserin arbeitete, schaute ich so gut wie kein Fernsehen mehr, weil es mich ärgerte, dass ich die Fehler, die mir bei Texteinblendungen auffielen, nicht verbessern konnte. Ich hörte keine Musik, und Freunde, mit denen ich hätte telefonieren oder ausgehen können, hatte ich auch nicht“, berichtet die Protagonistin in Mieko Kawakamis neuem Roman über ihr tristes Dasein. Die 46-jährige japanische Erfolgsautorin widmet sich wie schon zuletzt im Vorgängerroman „Heaven“ (2022)...

  • Wattenscheid
  • 22.07.23
Kultur

Vor 100 Jahren: Wislawa Szymborska geboren
Mozart der Poesie

Als das Stockholmer Nobelpreiskomitee im Oktober 1996 seine Entscheidung zugunsten von Wislawa Szymborska bekannt gab und sie als „Mozart der Poesie“ rühmte, hielt sich die Lyrikerin gerade in einem Erholungsheim für polnische Autoren in Zakopane auf. Szymborska zeigte sich überrascht über die ihr zugesprochene bedeutendste Auszeichnung in der literarischen Welt: „Ich freue mich enorm, bin aber gleichzeitig erschrocken. Es ist auch eine hohe Auszeichnung für die ganze polnische Poesie.“ Nach...

  • Wattenscheid
  • 01.07.23
  • 1
  • 2
Kultur

Theresa Pleitners Romandebüt „Über den Fluss“
Ambitionen und Ernüchterung

Trauma spielte eine große Rolle. Ich finde es aber wichtig zu betonen, dass die Leute nicht nur traumatisiert ankommen, weil sie in den Herkunftsländern oder auf der Flucht Traumata erfahren haben. Auch die Umstände vor Ort können traumatisierend sein oder zu Retraumatisierungen führen“, erklärt die 32-jährige Theresa Pleitner, die als Psychologin in einer Unterkunft für Geflüchtete arbeitete und aus diesen Erfahrungen ihren ersten Roman geschrieben hat. Eine autofiktionale Bestandsaufnahme,...

  • Wattenscheid
  • 09.06.23
Kultur

Debütroman von Anne Rabe
Du darfst nicht weinen

„Ich konnte die Wende als Kindergartenkind zwar noch nicht politisch einordnen, aber die Erfahrung, dass die eigenen Eltern aus der Bahn geworfen sind, war für viele meiner Generation prägend“, erklärte die 1986 in Wismar geborene Anne Rabe, die sich in ihrem Debütroman an der eigenen Familiengeschichte abgearbeitet hat. Schon während ihres Studiums (Germanistik und Theaterwissenschaft) wurden ihre Theaterstücke im In- und Ausland aufgeführt. Hauptfigur Stine, deren biografische Eckdaten große...

  • Wattenscheid
  • 24.05.23
  • 1
  • 1
Kultur

Annika Büsings zweiter Roman „Koller“
Roadtrip und Schöpfungsgeschichte

Annika Büsing, die im letzten Jahr mit ihrem Romandebüt „Nordstadt“ gleich mehrere angesehene Literaturpreise eingefahren hat, widmet sich auch in ihrem zweiten Werk wieder Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben und einzelkämpferartig auf der Suche nach dem kleinen Glück sind. Waren es in „Nordstadt“ eine Schwimmlehrerin und ein behinderter Teenager, die (über Umwege) emotional zueinander fanden, so steht nun ein schwules Paar im Mittelpunkt. Kolja (Koller) und der Ich-Erzähler Chris...

  • Wattenscheid
  • 03.05.23
Kultur

Judith Hermanns Band „Wir hätten uns alles gesagt“
Am eigenen Leben entlang

Vor ziemlich genau einem Vierteljahrhundert ging Judith Hermanns Stern am literarischen Himmel auf. Mit ihrem literarischen Debütwerk „Sommerhaus, später“ (1998) landete sie gleich einen grandiosen Erfolg. Der Band avancierte zum Bestseller (über 250.000 verkaufte Exemplare, Übersetzungen in 17 Sprachen), und der Name Judith Hermann galt fortan beinahe als Synonym für das mediale Phänomen „Fräuleinwunder“. Als „Stimme ihrer Generation“ wurde sie gefeiert und ihren Texten ein „unwiderstehlicher...

  • Wattenscheid
  • 21.03.23
Kultur

Ulrike Draesners Roman „Die Verwandelten“
Gebrochene Lebenswege

Gebrochene Lebenswege stehen im Mittelpunkt von Ulrike Draesners neuem Roman „Die Verwandelten“. Über mehrere Generationen hinweg versucht die 61-jährige Schriftstellerin die biografischen Scherben ihrer weiblichen Figuren wieder zusammenzusetzen und deren wahre Identität zu rekonstruieren. Kurz vor diesem Roman war im Januar der Band „hell und hörig“ mit gesammelten Gedichten aus den letzten 25 Jahren von Ulrike Draesner erschienen. Gut zu wissen, denn diese Autorin vermag ihrer düsteren...

  • Wattenscheid
  • 16.03.23
Kultur

Annette Pehnts Roman „Die schmutzige Frau“
Ein goldenes Gefängnis

„Du wolltest doch immer schreiben, sagt er und lächelt mir zu, während er das Buch und den Papierstapel vorsichtig auf meinem Schreibtisch ablegt.“ So beschreibt die namenlose Ich-Erzählerin in Annette Pehnts neuem Roman „Die schmutzige Frau“ eine Schlüsselszene der Handlung. Die eigene Wohnung zum Schreiben, ein beinahe stiller Rückzugsort, um der Kreativität freien Lauf lassen zu können – das alles hatte sich die Protagonistin, Mutter von zwei erwachsenen Kinder, gewünscht. Eine bescheidene,...

  • Wattenscheid
  • 21.02.23
Kultur

Marlene Streeruwitz' Roman „Tage im Mai“
Sätze wie Schreie

In jüngerer Vergangenheit hat die österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz schon einige Male junge Frauen in den Mittelpunkt ihrer Romane gestellt – so geschehen in „Die Schmerzmacherin“ (2011) und „Nachkommen“ (2014).  Jetzt hat sie sich an einer komplizierten Mutter-Tochter-Beziehung abgearbeitet, die durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg noch an zusätzlicher Schärfe gewonnen hat. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ hatte die 72-jährige Streeruwitz...

  • Wattenscheid
  • 09.02.23
Kultur

„Zwischen Welten“ - neuer Roman von Juli Zeh
Wenn Gülle im Regal steht

Die Erfolgsautorin Juli Zeh ist in den letzten Jahren zu eine Art literarischer Seismograf unseres politisch-gesellschaftlichen Alltags geworden. In ihrem letzten Roman „Über Menschen“ (2021) hatte sie blitzschnell auf die Corona-Krise reagiert. Die zeitliche Nähe und das Abarbeiten von brisanten Alltagsthemen ist für einen Roman nicht unproblematisch, aber die routinierte Schriftstellerin Juli Zeh, die 2002 für ihren inzwischen in 35 Sprachen übersetzten Debütroman "Adler und Engel" den...

  • Wattenscheid
  • 25.01.23
Kultur

Stefanie vor Schultes Roman „Schlangen im Garten“
Trauerhaus Mohn

Die Autorin Stefanie vor Schulte hat mit ihrem im letzten Jahr erschienenen, vorzüglichen Romanerstling „Junge mit schwarzem Hahn“ die Messlatte für sich selbst sehr hoch angelegt. Als ihr 2021 in Hamburg der Mara-Cassens-Preis verliehen wurde, hieß es in der Jury-Begründung: „Mit einer klaren und bildhaften Sprache, schafft es die Autorin, Vergangenheit und Gegenwart in einem zu bündeln, ohne sich in tagespolitische Aussagen zu verlieren." In ihrem zweiten Roman hat sich die 48-jährige, in...

  • Wattenscheid
  • 25.12.22
Kultur

Leila Slimanis Roman „Schaut, wie wir tanzen“
Beherrschung und Lässigkeit

„Aicha dachte, dass es keinerlei Verbindung gab zwischen dieser Welt und der Straßburger Welt, zwischen ihrem Leben hier und ihrem Leben dort. Diese beiden Existenzen waren durch nichts miteinander verbunden.“ Diese exponierte Form der Zerrissenheit prägt den Lebensweg der Protagonistin Aicha im neuen Roman von Leila Slimani. Die französische Autorin ist gerade einmal 41 Jahre alt, hat aber bereits 2016 den renommierten „Prix Goncourt“ erhalten und nun schon vier bedeutende Romane vorgelegt....

  • Wattenscheid
  • 28.11.22
Kultur

Donna Leon wird 80: Neuer Brunetti-Roman
Ein interessanter Mann

Es gibt literarische Figuren, die bekannter sind als ihre Schöpfer. Das gilt für Georges Simenons Kommissar Maigret, für Agatha Christies Miss Marple und ganz sicher auch für Donna Leons Romanprotagonisten Guido Brunetti. Im Frühjahr ist der 31. Roman mit dem eigenbrötlerischen Kriminalkommissar aus Venedig seit 1992 erschienen, und viele von ihnen standen (auch dank der Verfilmungen)lange auf den Bestsellerlisten. Pünktlich zum Geburtstag hat der Diogenes Verlag den Band „Ein Leben in...

  • Wattenscheid
  • 24.09.22
Kultur

Ulla Hahns märchenhafter Roman „Tage in Vitopia“
Eichhörnchen als Weltretter

Vor 77 Jahren hat George Orwell in seiner großen Parabel „Animal Farm“ Tiere in den Mittelpunkt der Handlung gestellt. Eine überaus ernste und damals politisch höchst sensible Anspielung auf die Machtverhältnisse in der Sowjet-Union. Nun hat die inzwischen 77-jährige Schriftstellerin Ulla Hahn auf sehr verspielte und humorvolle Weise ein Eichhörnchen zur Hauptfigur ihres neuen Romans gemacht. „Tatsächlich hat mir das Schreiben dieses Buchs ein Vergnügen gemacht wie kaum ein Prosa-Buch zuvor“,...

  • Wattenscheid
  • 08.09.22
Kultur

Milena Busquets' Roman „Meine verlorene Freundin“
Der Name der Toten

Welch furioser, aber auch beklemmender Romaneinstieg: „Gema ist für mich immer der Name einer Toten gewesen. Oder nicht immer, aber seit gut dreißig Jahren, und das ist fast dasselbe. Sie starb mit fünfzehn. Zwei Jahre später starb mein Vater.“ Die 50-jährige Autorin Milena Busquets, die nach ihrem Archäologiestudium in London in Barcelona lebt und arbeitet, nimmt einen thematischen Faden aus ihrem Bestseller „Auch das wird vergehen“ (2016) wieder auf. Hier wie dort geht es um den Verlust eines...

  • Wattenscheid
  • 14.07.22
  • 1
Kultur

Katharina Hackers Roman „Die Gäste“
Wenn die Ratten barfuß gehen

„Ich war neugierig, was mir meine Großmutter, die vor siebzehn Jahren gestorben war, wohl ausrichten wollte", denkt die Protagonistin Friederike an ihrem 50. Geburtstag, als sie einen Brief des Rechtsanwalts Kolk erhält, der sie in seine Kanzlei bittet. Es geht um eine folgenschwere Erbschaft. Autorin Katharina Hacker, die 2006 für ihren Roman "Die Habenichtse" mit dem Deutschen Bücherpreis ausgezeichnet wurde, hat schon einmal in einem Vorgängerwerk eine ungewöhnliche Erbschaft als Plot...

  • Wattenscheid
  • 15.04.22
  • 1
  • 2
Kultur

Gerda Blees' Roman „Wir sind das Licht“
Wenn die Socken sprechen

Eine Frau verhungert, und drei ihr nahestehende Personen schauen ihr dabei zu. Das ist der beklemmende Handlungsrahmen des Romans „Wir sind das Licht“ aus der Feder der 37-jährigen niederländischen Schriftstellerin Gerda Blees. Bisher waren lediglich eine Sammlung von Kurzgeschichten und ein schmaler Lyrikband aus der Feder der in Haarlem lebenden Autorin erschienen. Und nun dieser mit dem Preis des niederländischen Buchhandels und des Europäischen Literaturpreises ausgezeichnete Roman, der uns...

  • Wattenscheid
  • 24.02.22
  • 2
Kultur

Annika Büsings Romandebüt „Nordstadt“
Stärker als das Schicksal

„Ich liebe dich, sage ich.“ Der erste Satz im Romanerstling von Annika Büsing kann leicht in die Irre führen. Hier geht es überhaupt nicht um Schmetterlinge im Bauch, um romantische Süßholzraspelei oder eine abenteuerliche Romanze. Im Debüt der in Bochum lebenden Gymnasiallehrerin für Deutsch und Religion stehen zwei Figuren im Mittelpunkt, denen das Schicksal ganz übel mitgespielt hat. „Sie ist stärker als dieses Schicksal“, hat die Autorin kürzlich im NDR-Kulturjournal über ihre Protagonistin...

  • Wattenscheid
  • 21.02.22
  • 1
  • 2
Kultur

Marieke Lucas Rijnevelds zweiter Roman
Weil ich der Teufel bin

Dieser Roman ist ausgesprochen mutig, er ist beklemmend und im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Er schickt den Leser auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle und lässt ihn am Ende tief erschüttert zurück. Die 30-jährige niederländische Autorin Marieke Lucas Rijneveld, die für ihren halb autobiografischen Erstling (dt.: „Was man sät“) gemeinsam mit der Übersetzerin Michele Hutchison 2020 mit dem International Booker Prize ausgezeichnet worden ist, hat sich in ihrem zweiten Roman auf...

  • Wattenscheid
  • 21.12.21
Kultur

Elizabeth Strouts Roman „Oh William“
Im Kern ein Geheimnis

Es gibt handlungsarme Romane, in denen nicht viel geschieht, die aber dennoch fesseln, weil sie den Leser auf der emotionalen Ebene gefangen nehmen. Dies ist auch die große Kunst der 65-jährigen Amerikanerin Elizabeth Strout, die schon für ihren 1998 erschienenen Erstling „Amy und Isabelle“ preisgekrönt wurde, die später viele Jahre als Dozentin für kreatives Schreiben tätig war und 2009 für ihren Roman „Olive Kitteridge“ (deutsch: „Mit Blick aufs Meer“) den Pulitzer-Preis erhalten hat. Der...

  • Wattenscheid
  • 30.11.21
Kultur

Sigrid Nunez' vorzüglicher, empathischer Roman „Was fehlt dir“
Traurig und glücklich

„Wenn die Leute fragen, warum ich mich so hingezogen fühle zum Thema Sterblichkeit, dann will ich immer antworten, dass es doch eher so ist, dass die Sterblichkeit mich zu sich heranzieht“, erklärte die kürzlich 70 Jahre alt gewordene amerikanische Autorin Sigrid Nunez, die erst 2018 mit ihrem später mit dem National Book Award ausgezeichneten Roman „Der Freund“ den literarischen Durchbruch geschafft hatte. Nunez, die äußerst lesenswerte semi-fiktive Bücher über Virgina Woolf und Susan Sontag...

  • Wattenscheid
  • 03.08.21
  • 1
  • 1
  • 1
  • 2
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.