Wölfe in Westfalen - Problem oder Bereicherung? Ein Kommentar
NRW Regierungsbezirk Arnsberg: Mehr und mehr Wölfe werden in NRW gesichtet, bringt das Probleme mit sich? Die Sichtungen einzelner Wölfe in NRW nehmen zu, und da stellt sich die Frage, was dies zu bedeuten hat? Viele Menschen fürchten den Wolf, da er z.B. Schafe reißt, und es gibt Berichte über die Bedrohung von Haushunden durch Wölfe. Manche Menschen geraten bereits bei der Entfernten Sichtung eines Wolfes in Panik. Das gute alte,“Rotkäppchen Syndrom“ ist auch heute noch tief verwurzelt.
Der altbekannte böse Wolf, der die arme, alte, hilflose Großmutter frisst. Ist diese Angst berechtigt ? Wenn Schafe gerissen werden, waren z.B. oftmals die vom Staat empfohlenen Schutzmaßnahmen nicht vorhanden oder nicht ausreichend. Als Argument kann man jedoch nicht sagen ,,Aber Schutzmaßnahmen sind teuer, man kann nicht erwarten, dass sie von den Tierhaltern, von ihrem eigenen Geld, bezahlt werden,’’ denn diese erhalten Zuschüsse vom Staat. Obendrein werden Schäden, die trotz Einhaltung der empfohlenen Schutzmaßnahmen eintreten, von staatlichen Stellen ausgeglichen. Die Zäune welche die Weiden umgeben sind aber oftmals nur in etwa ein Meter hoch, für einen Wolf kein Problem.
Unwissenheit ist das Problem
Als eigentliches Problem sehe ich aber schlicht das Unwissen der Menschen. Im Internet kursieren zum Beispiel Gerüchte über “Superrudel“, die in Sibirien angeblich ganze Ortschaften belagern sollen. Angeblich handelt es sich um Wölfe, die sich zu mehreren hundert Tieren zusammen geschlossen . In unserem Interview mit dem Wolfsfachmann Jos de Bruin von wolf-auffang.de, mußte dieser nur lachen - solche Geschichten gehören in die Welt der Märchen und sind reine Phantasie. Wolfsrudel sind Familienverbände – ein Paar Elterntiere und ihre Nachkommenschaft – bisweilen aus zwei Jahren, wobei die älteren Jungtiere bei Schutz und Aufzucht ihrer jüngeren Geschwister helfen. Das größte bekannte Rudel bestand laut Jos de Bruin aus 38 Tieren, welche sich nach kurzer Zeit wieder getrennt haben.
Angst ist unbegründet
Eine weitere Behauptung ist, dass Wölfe Menschen angreifen. Wolfsberater Ralf Scholz sind keine Fälle bekannt, bei denen der Wolf, sofern er nicht tollwütig war oder angefüttert wurde, einen Menschen angegriffen hat. Aber kann es nicht doch sein, dass Wölfe zu einer Gefahr für Menschen werden können? Jos de Bruin und Ralf Scholz meinen nein. Menschen müssen den Wolf nicht fürchten, denn sie sind scheue Tiere, so wie Füchse, und gehen Menschen weitestgehend aus dem Weg. Wenn man trotzdem einem Wolf begegnet, sollte man einfach Abstand halten und weitergehen. Für Panik besteht kein Grund, denn zum einen gehört der Mensch nicht zum Beuteschema des Wolfes, und zum Anderen kennen wilde Wölfe die Gefahren, die von Menschen ausgehen können.
Der Mensch ist schuld
Teilweise sind Menschen, laut Jos de Bruin, selber daran Schuld dass Schafe gerissen werden, denn: Wenn die Eltern von jungen Wölfen getötet wurden, haben die Jungwölfe nie richtig Jagen gelernt. Schließlich ernähren sie sich in der Natur hauptsächlich von Rotwild, Damwild und Rehen, welche ohne richtige Jagdausbildung schwer zu erlegen sind. Wenn die Wölfe ihre eigentliche Beute nicht erlegen können, orientieren sie sich hin zu leichteren Beutetieren, so wie Schafen, da sie langsam und wehrlos sind. Selbst wenn ausgewachsene Wölfe, die wissen wie man jagt, trotzdem Nutzvieh reißen, heißt dass noch längst nicht, dass man sie sofort erschießen muss. Die Zäune könnten erhöht werden oder es könnten spezielle Wachhunde angeschafft werden. Wie Wolfsberater Ralf Scholz berichtete, können gut durchgeführte Schutzmaßnahmen sogar zu Überraschungen führen, so wie bei einem Wolfsrudel in Brandenburg, das die Schafherden in ihrem Revier regelrecht schützt.
Der Wolf als Partner im Naturschutz?
Meine persönliche Meinung: Der Wolf bringt mögliche Probleme mit sich, doch anstatt sie gewaltsam zu lösen, indem man die Tiere jagt und tötet, sollte man einen Weg finden, harmonisch mit dem Wolf als Nachbar zusammenzuleben. Der Mensch hat schon viele Hindernisse überwunden, dies ist nur eines davon. Auch unsere geliebten Haushunde gehören zur Art „Canis Lupus Familiaris“, sind also letztlich Hauswölfe. Sowohl Wölfe als auch Menschen haben also gelernt sogar sehr eng zusammen zu leben und sich mehr als nur zu arrangieren. Vielleicht kann man auch den wilden Wolf erstmal als Partner beim Naturschutz sehen. Für Angst und übertriebene Reaktionen gibt es keinen Grund, zumal sich laut Wolfsberater Ralf Scholz keiner der angeblichen Wolfsrisse, die er bisher im Regierungsbezirk Arnsberg bearbeitet hat, bestätigt hat. Das Problem ist also – zumindest in unserer Region – derzeit gar keines.
Siehe auch mein vollständiges Interview mit Ralf Scholz, sowie den den Artikel Wölfe in NRW: Angst, Unwissen, Panikmache - und ein gehöriger Schuß Ideologie", beide hier auf Lokalkompass.de.
Fortsetzung folgt...
Danksagung:
Vielen Dank an Ralf Scholz und Jos de Bruin für ihre Zeit und die ausführlichen Antworten.
Quellenangaben:
Titelstory in den Ruhr-Nachrichten „Der Wolf wird zur Gefahr“ v. 03.02.2018
https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Cuxhaven-Fuehrungslose-Jungwoelfe-haben-sich-auf-Nutzvieh-spezialisiert-8788922.html
http://wolfsmonitor.de/?p=11829#more-11829
http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/entnahme-der-wolfsrudel-in-barnstorf-goldenstedt-und-cuxhaven-160311.html
Online-Interview von Sophie Thiesen mit Ralf Scholz, NABU Wolfsberater für den Regierungsbezirk Arnsberg am 03.02.2018
Persönliches Interview von Stefan und Sophie Thiesen mit Jos de Bruin bei „wolf-auffang.de“ in Sonsbeck am 04.02.2018
Hucht Kiorga, Ingrid und Kaise, Matthias: Wolfsmanagementplan für Nordrhein Westfalen, Natur in NRW 2/16
Reinhardt, Ilka und Luth, Gesa: Leben mit Wölfen – Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland, Bundesamt für Naturschutz, 2007
Autor:Sophie Thiesen aus Selm |
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