"Wenn ich Tür an Tür mit dir wohne - dann bin ich deine Alice"

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Ein Zitat aus dem Liebesbrief, den der singende Charmeur nach einem Bad in der Menge gänzlich unüberrascht in seiner Jacke findet und vorliest  - allerdings ist die Verfasserin mit 81 Jahren deutlich älter als die Fans am Anfang des Karrierewegs des Sängers aus Südafrika, der vor 50 Jahren seine Lebenstournee auf Deutschlands Bühnen begann. Eines Sängers, der sich auch und gerade heute eher als "Entertainer" denn als "Schlagersänger" versteht: Howard Carpendale.

"Wenn nicht wir..." - Das Konzert in Oberhausen

Die "Theaterkonfiguration klein" der König-Pilsener-Arena Oberhausen bot mit 3000 Plätzen hinreichend Raum für die teils langjährigen, teils doch jüngeren Gäste des Abends, es konnten sogar einige Plätze leer bleiben, ohne den gespannt-festlichen Charakter zu stören. Die konzentrierte, moderne Bühengestaltung mit klaren Bildmotiven und ohne jeden Schnickschnack fokussierte den Abend gut auf den Sänger und seine musikalische Begleitung. Schon der Beginn des Konzerts macht deutlich, dass es nicht um ein Revival der Ur-Erinnerung gehen wird: Modern hämmernd und drängend der Sound, klare Lichtführung, die volle Bandbreite der Instrumente von Klavier, Keyboard, Schlagzeug, Schlagwerk, Gitarren, Bässe, Saxophon und Vierer-Background in Dunkelblau bis Schwarz.

"Mit 71 Jahren - ist noch lang noch nicht Schluss..."

Anekdotisch unterbochen wurde der Abend immer wieder durch leichte Erinnerungsfragmente, schwer zergrübelte politische Anmerkungen, selbstironisch stiliserte Neckereien rund um das Thema des eigenen Alterns und Großvater-Werdens. Nicht jede Anmerkung musste sein, mancher Dialog mit den Kollegen auf der Bühne zerbrach als Ritual, weil das Herz und der Kopf wohl eher mit der Musik verbandelt waren.

Einen langen Bogen über fünfzig Jahre hinweg spannte die Musik des Abends. Die eigenen Klassiker dockten sehr schnell an Herz und Tanzmuskeln der Gäste an, wenn  "Fremde oder Freunde", "Nachts, wenn alles schläft", "Hello Again", "Tür an Tür mit Alice", "Ti Amo" und andere in gelegentlich leicht moderniserter Fassung zu hören waren.
Die großen Vorbilder der Jahrzehnte (The Beatles, Tina Turner, Udo Jürgens) standen für eine Dynamik, Lebensenergie und swingende Leichtigkeit, der sich sich Howard Carpendale sehr respektvoll verpflichtet wusste und anzunähern trachtete.
Ein echtes musikalisches Highligt brachte sich im Duett mit der jugendlich-weiblich-energetisch strahlenden Stimme von Bella Franke auf den Weg in die Herzen des Publikums.

Eine der Qualitäten des Entertainers zeigte sich eben darin, dass er seine Show ganz deutlich modern hielt und auch hier öffnete: Die stärksten Stücke - bei allem Respekt für die Klassiker des Altmeisters - waren die modernen Sprechgesänge, die fast so wirkten, als seien sie einem guten Slam-Poetry-Wettbewerb deutscher Sprache entrissen worden.
Gerade im Kontrast zur singenden Brillianz der Background-Sängerin, die ihn neuerdings mit drei Männern begleitet, wurde deutlich, wie sehr Carpendale Texte eher vor der Musik spricht als auf der Musik singt. Wenn die Texte dann noch gut sind - kann man nur zufrieden sein.
Ein wenig wirkt das Konzert so wie das Familientreffen von Freunden mit einem Musiker und seiner Band, die gemeinsam ihre Linien in die Zukunft fortschreiben wollen. Das mag gelingen, wenn der Namensgeber weiterhin in der richtigen Weise hinter der gemeinsamen Sache steht. Frische Ideen sind in ebenso am Start wie die passenden Menschen. Let him entertain you!

Namensgebend: "Wenn nicht wir..."

Sozialkritisch: "Unter einem Himmel..."

Autor:

Jesaja Michael Wiegard aus Selm

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