Gewalt auf dem Fußballplatz - Viele Schiedsrichter haben Angst
Emotionen gehören auf dem Fußballplatz dazu. Doch Angriff und Beleidigungen gegen Schiedsrichter bereits im Jugendbereich sind ein deutliches Zeichen, dass die Hemmschwellen sehr stark gesunken sind.
„Das glaubt man kaum. Selbst im D- und E-Jugendbereich haben wir schon Spruchkammersitzungen gehabt, bei denen Kopfstöße gegen Schiedsrichter verhandelt wurden“, sagt Harald Woller, Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses Recklinghausen. Während seiner Einschätzung nach die Gewalt im Seniorenbereich stagniere, nehme die Brutalität bei den Junioren immer mehr zu.
Spirale der Gewalt
„Emotionen gehören zum Fußball dazu. Doch zur Zeit dreht sich da eine Spirale der Gewalt, angefangen bei den Trainern über die Spieler bis zu den Eltern und Zuschauern“, so Harald Woller. Die Trainer sollten, meint der Vorsitzende, den Spielern eigentlich ein Vorbild sein und diese beruhigen. Das Gegenteil sei allerdings bei vielen Spielen der Fall. Harald Woller: „Da fragt man sich oft, wo man hier gelandet ist.“
Beleidigt, angespuckt und angegriffen
Die Gewalt-Problematik ist auch beim Schiedsrichter-Nachwuchs ein großes Thema. „Viele junge Kollegen haben Angst vor Eskalation auf dem Platz“, berichtet der Vorsitzende. Mehr als 100 Unparteiische habe der Fußballkreis Recklinghausen momentan zu wenig. „Viele, vor allem junge Leute, fragen sich, wofür sie sich das antuen sollten und sich für fünf Euro pro Spiel beleidigen, anspucken und angreifen lassen.“
Am Freitag, 19. Oktober, startet im Kreis Recklinghausen ein neuer Kurs für den Schiedsrichter-Nachwuchs. 25 Interessierte haben sich, laut Harald Woller, dafür angemeldet. Wieviele schon nach ihren ersten Einsätzen das Hand werfen werden, dass könne niemand sagen.
"Schiris werden zur Sau gemacht"
Vor allem in den unteren Ligen sind die Schiedsrichter auf sich alleine gestellt. Erst in Spielen ab der Landesliga werden vom FLVW drei Schiedsrichter zu den Spielen ausgesandt. „Alle Menschen machen Fehler. Nur die Schiedsrichter werden dafür jedes Wochenende richtig zur Sau gemacht“, muss Harald Woller mit Bedauern feststellen.
Damit die Unparteiischen so gut vorbereitet wie nur möglich zu den Spielen geschickt werden können, finden in regelmäßigen Abständen Schulungen unter anderem auch zu „Eskalation und Deeskalation“ statt. Erst kürzlich luden Harald Woller und seine Kollegen Torsten Werner vom Verbandsschiedsrichterausschuss Westfalen ein, der zu diesem Thema ein Referat hielt. „Die Schiedsrichter sollen so sensibilisiert werden“, meint Harald Woller. Viel mehr könne man auf Seiten der Unparteiischen auch gar nicht tun, so der Vorsitzende.
Trainer mit ins Boot holen
In erster Linie müssten die Trainer „die Füße still halten“, fordert Harald Woller. „In den Köpfen der Übungsleiter muss reifen, dass jeder Mensch Fehler macht.“ Mit Fairness-Kampagnen, wie sie von Seiten des Deutschen Fußball-Bundes durchgeführt werden, sei man auf einem gutem Wege, findet Harald Woller. „Ich hoffe, dass sich die Verein auch etwas davon annehmen.“ Er würde sich wünschen, dass vor allem die Trainer vermehrt mit ins Boot geholt werden würden und dass die Vereine gemeinsam mit dem Kreisschiedsrichtern neue Wege beschreiten würden. Harald Woller: „Wenn Interesse besteht, dann würden wir auf jeden Fall für die Vereine auch Deeskalationsschullungen mit fachkundigen Referenten anbieten.“
Kontakt
Vereine, die Interesse an einer „Deeskalationsschulung“ haben, können sich mit dem Vorsitzenden des Kreisschiedsrichterausschusses Recklinghausen Harald Woller per E-Mail an wollerharald@googlemail.com in Verbindung setzen.
Autor:Martin Meyer aus Datteln |
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