Man muss sich nur zu helfen wissen - und die Blie half!
Auf der Grundlage des Artikels „Die Geschichte eines Autobusses“, den der mittlerweile verstorbene Neukichener Bürger W. Altenschmidt aus Anlass eines Geburtstages geschrieben hat
- Mitte der 30er Jahre wurde entlang der Grenze zu Holland und Belgien der sogenannte Westwall errichtet: Eine kilometerlange Befestigungslinie, „bestehend aus Betonbunkern und Panzersperren“. Zahlreiche, mehr oder weniger freiwillige, „Helfer“ mussten dazu an die Baustellen gekarrt werden. Züge, Lastwagen und Omnibusse übernahmen diese Transportaufgaben. Die notwendigen Fahrzeuge wurden häufig mitsamt Fahrer requiriert.
„So kam es dann auch, dass Peter Indefrey [ein Neukirchener Bürger] mit seinem Bus im Jahre 1938 eingezogen – so nannte man das damals – wurde. Zwei Jahre hat Peter Indefrey mit seinem Bus diesen Dienst tun müssen.
Peter Indefrey erhielt dann im Frühjahr 1939 einen Wochenendurlaub. Er kam mit dem Bus nach Neukirchen und nutzte die Stunden auch, um an dem Auto eine kleinere Reparatur vorzunehmen. Da das an seinem Wohnhaus in der Lindenstraße – gegenüber dem Schuhgeschäft Schmidt – aus Platzgründen nicht möglich war, führte er die Arbeit auf dem Hof der Schmiede Cremmer – jetzt Leinung – durch. Zum Schluss ließ er dann den Motor noch im Stand laufen und begab sich zu Fuß zum Fahrradgeschäft Perbix, früher gegenüber der Apotheke. Ein Weggang mit schlimmen Folgen. Durch Überhitzung des Motors geriet nämlich der Bus in Brand und brannte völlig aus. Wenn auch die Feuerwehr bald zur Stelle war, so konnte doch am gesamten Aufbau und an den Motorzuleitungen bzw. den Reifen nichts mehr gerettet werden.
Da war aber wirklich Holland in Not! Was sollte jetzt getan werden? Wie sollte wohl aus diesem Torso noch einmal ein fahrender Bus werden? In dieser fast aussichtlosen Situation kam jemand auf den Gedanken, doch einmal bei der Schreinerei Kersten op de Blie anzufragen, ob die vielleicht eine Rat und eine Hilfe wüssten. Und, man hält es kaum für möglich, die Herren Kersten sahen eine Möglichkeit!
Noch an gleichem Tage wurde das, was von dem Bus noch übriggeblieben war, von Peter Indefrey und Tochter Gertrud mit dem PKW op de Blie geschleppt. Und dann ging es dort zur Sache. Mit dabei für die Holzarbeiten Vater Kersten, Sohn Peter, Sohn Tilmann und Schwager Arnold Baten. Und für den technischen Teil Johann Perbix – genannt Blücher – und Peter Indefrey.
Und, was heute noch unvorstellbar ist, nach einer Woche mit einer ungeheuren Fleißarbeit von allen Beteiligten, fuhr Peter Indefrey wieder mit dem „neuen Bus“ gen Westen. Bekannt ist nicht mehr, was wohl der TÜV dazu gesagt hat; wahrscheinlich gar nichts. Denn es war ja kurz vor dem Krieg und da nahm man es mit den bürgerlichen Gesetzten schon nicht mehr so genau.
In diesem Zusammenhang noch eine nette Geste, Die Kollegen von Peter Indefrey nahmen an seinem Unglück großen Anteil. So haben sie in seiner Abwesenheit alle Fahrten, die er eigentliche hätte machen müssen, für ihn übernommen, so dass er damit keinen Verdienstausfall hatte.
Dieser Bus, eigentlich ja mehr eine fahrbare Holzkiste, hat dann noch Monate seinen Dienst getan, bis ein Ersatzfahrzeug beschafft werden konnte.
Später hat der Busaufbau hier bei uns […] noch eine wertvolle Verwendung als Hühnerstall und danach als Spielhäuschen für unsere Kinder gefunden…“
Autor:Volker H. Glücks aus Neukirchen-Vluyn |
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