Der letzte Zivi
Zum letzten Mal wird Ende Juli ein Zivildienstleistender das AWO-Seniorenzentrum am Fürmannsheck verlassen: Jürgen Paßing ist „der letzte Zivi“.
Mit dem offiziellen Wegfall des Wehrdienstes am 1. Juli fallen auch die Zivildienste weg. Die letzten Dienstverhältnisse enden spätestens am 31. Dezember. Abgelöst werden sollen die Zivis künftig durch Teilnehmer des bereits bestehenden Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und - ganz neu - des Bundesfreiwilligendienstes (BFD).
„Die Einführung des BFD bedeutet für die AWO eine große Herausforderung“, erklärt Marina Schoofs, Leiterin des Willy-Könen-Seniorenzentrums am Fürmannsheck. „Junge Menschen, die bisher im Rahmen des Pflichtdienstes zu uns kamen, müssen wir nun durch Überzeugung gewinnen.“
Nicht nur die Bundeswehr befürchtet, das ihr für eine Freiwilligenarmee nicht genug Nachwuchs zur Verfügung steht. Auch soziale Träger wie die AWO rechnen mit Einschnitten. Bisher gab es im Willy-Könen-Seniorenzentrum, das gerade erst sein 40-jähriges Bestehen feierte, regelmäßig fünf bis sieben Zivis plus ein oder zwei Teilnehmer des FSJ, die sich zusätzlich um die Betreuung der 92 Bewohner gekümmert haben. „Viele Leistungen, die wir bis jetzt anbieten konnten, werden wegfallen“, sagt Marina Schoofs ganz offen. Die oft betagten, manchmal auch dementen Bewohner mal eben zum Supermarkt fahren oder einfach Gespräche mit den Menschen führen: Diese kleinen Nettigkeiten werden wohl in Zukunft auf der Strecke bleiben, denn dem Pflegepersonal bleibt dafür keine Zeit.
Noch dazu kritisiert die AWO, dass die Umstellung von politischer Seite quasi im Hauruck-Verfahren „durchgeboxt“ wurde: „Das ist eine Katastrophe. Ich habe bereits fünf Interessenten für den BFD. Aber ich kann ihnen nicht Bescheid geben, weil wir die Eckdaten und Abläufe noch nicht kennen - obwohl das Gesetz seit 3. Mai steht“, ärgert sich Marina Schoofs. „Die Umsetzung geht einfach viel zu schnell.“
Trotzdem geht die AWO nun in die Offensive und will mit der Kampagne „freiwillich“ den Nachwuchs locken. Denn nicht nur den Seniorenzentren drohen Engpässe, auch in Kindertagesstätten, Jugend- und Familieneinrichtungen oder sogar bei der Sterbebegleitung wird es Probleme geben. „Der Bund macht es sich einfach, einen Pflichtdienst abzuschaffen. Der hat schließlich viele Zivis dazu bewogen, später einen Beruf in dieser Richtung zu ergreifen“, sieht Hendrik Meyer vom AWO-Bezirksverband Niederrhein weitere Belastungen auf die Gesellschaft zukommen. Wie Jürgen Paßing: Der 21-Jährige möchte zunächst sein Fachabitur nachmachen und später in der Krankenpflege arbeiten.
Autor:Susanne Schmengler aus Duisburg |
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