Verdrängung ist vorprogrammiert

Richtfest beim "EK3". Foto: Heike Cervellera

Bessere Umsätze als 2010, hitzige Diskussionen um die Ladenöffnungszeiten und Gerangel um die Planungsvorhaben Königlicher Hof und GrafenGalerie in Moers: Interessante Ergebnisse brachte die alljährliche Jahresumfrage des Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes Niederrhein.

Ein wichtiges Fazit vorab: Die Umsätze im Einzelhandel sind 2011 besser ausgefallen als erwartet. Die Zahl der Unternehmen, die zumindest das Vorjahresergebnis erreichten oder sogar ein leichtes Umsatzplus erzielen konnten, lag bei über 74 Prozent. „Dieses Ergebnis zeigt, dass das Konsumklima anhaltend hoch war“, so der Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Alfred Walzer. Maßgeblich beigetragen zu diesem Ergebnis haben das stabile Konsumklima und das befriedigende Weihnachtsgeschäft. 25,8 Prozent der befragten Unternehmen mussten allerdings einen Umsatzrückgang hinnehmen.

Mit 949 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen wurde das Vorjahresergebnis auf dem Lehrstellenmarkt zwar nicht erreicht, doch lag diese Zahl zumindest über dem Stand von 2008. Dr. Ulrich F. Kleier, stellvertretender Vorsitzender: „Besonders freuen wir uns, dass die Betriebe auch in diesem Jahr auf diesem hohen Niveau ausbilden werden, denn 77,8 Prozent der Ausbildungsbetriebe beabsichtigen, die Ausbildungsplatzkapazität konstant zu halten.“ 22,2 Prozent der Unternehmen hätten sogar angekündigt, noch mehr ausbilden zu wollen, so Dr. Kleier weiter. Keines der befragten Einzelhandelsunternehmen wolle seine Ausbildungsbemühungen einschränken.

Fast 70 Prozent der Einzelhändler am Niederrhein gingen optimistisch ins Jahr 2012, wie die Umfrage ergab. Mit 16,2 Prozent hat sich allerdings die Gruppe der Pessimisten verdoppelt. Sorge bereitet dem Einzelhandel neben möglichen weiteren Steuern und kommunalen Abgaben das Flächenwachstum im Einzelhandel. Trotz des demographischen Wandels entstünden immer mehr Einzelhandelsflächen - bei deutlich sinkender Einwohnerzahl und Kaufkraft in der Region.

Viel Staub aufgewirbelt hat bei den Einzelhändlern am Niederrhein die Diskussion um die verkaufsoffenen Sonntage in Bochum. Fast alle Befragten halten die derzeitige Regelung für völlig ausreichend. Gleiches gilt für den Dauerbrenner Ladenöffnungszeiten: „Es ist feststellbar, dass gerade im Lebensmitteleinzelhandel viele Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Wenn der Ladenschluss an Werktagen beschränkt wird, ist ein Absinken der Beschäftigung logische Konsequenz“, sagt Wilhelm Bommann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes.

Im Fokus stehen natürlich auch die aktuellen Planungsvorhaben in Moers, Königlicher Hof und GrafenGalerie. Dr. Kleier: „Fast man alle Planungsansätze zusammen, so würden circa 29.600 Quadratmeter zusätzliche, innerstädtische Verkaufsfläche entstehen. Hier ist Verdrängung vorprogrammiert.“ Wie Kleier betonte, entsprächen diese Planungen in etwa 50 Prozent der heutigen Verkaufsfläche in der gesamten Innenstadt.

Bekanntermaßen ist der Projektentwickler CharterHaus mit einer Planung für das ehemalige Horten-Areal an die Stadt herangetreten und möchte dort unter dem Arbeitstitel „GrafenGalerie Moers“ ein Einkaufszentrum errichten. Auch im Bereich des Königlichen Hofes existieren konkrete Ansätze einer Quartiersaufwertung. Ebenso haben die Eigentümer der Grafschafter Passage angekündigt, sich umfassend neu aufstellen zu wollen.

Die Stadt Moers habe mit moersKonzept/masterplan innenstadt Bausteine der Stadtentwicklung gesetzt, die es gelte einzuhalten und abzuarbeiten. moersKonzept und masterplan innenstadt sähen Königlichen Hof und Kautzstraße/Königlicher Hof als vorrangige Flächen an, denen stadtentwicklungspolitisch Priorität einzuräumen sei.„Wir sehen die Notwendigkeit, die Moerser Politik nochmals an ihre eigenen Beschlüsse und Leitlinien zu erinnern“, so Bommann.Moers würde Entwicklungen benötigen, die von Maßstäblichkeit und städtebaulicher Qualität geprägt seien. Die Handlungsmaxime müsse die Alleinstellungsmerkmale hervorheben und die endogenen Kräfte fördern. Bommann zielte mit dieser Aussage auf manche Projektentwickler, deren Auftrag der Bau eines Zentrums ist, die Erstvermietung zu gewährleisten und dann eine Veräußerung zu planen.Eine integrative Stadtentwicklung sei so nicht zu machen.

Auch die Stadt Moers plane Veränderungen im öffentlichen Raum, um den Kö und Königssee attraktiver zu gestalten. Eine Verbesserung dieses Areals wird vom Einzelhandelsverband begrüßt.„Eine Nutzungsmischung von Einkaufen, Wohnen, Gastronomie und Flanieren, wie vom Verband immer ins Feld geführt, ist allemal besser, als eine überdimensionierte Verkaufsflächenerweiterung. Eine kleinteilige Lösung und ein angemessenes Verkaufsflächenplus machen Sinn“, so Dr. Kleier.

Ein weiteres leidiges Thema in Moers ist aus Sicht der Einzelhandelsfachleute das Parkplatzangebot, das durchaus noch verbessert werden könne. Viele Berufstätige in Moers seien sehr verärgert über die hohen Parkplatzgebühren. Ein Lob gab es für die Arbeit des Stadtmarketings.Der nächste Schritt müsse sein, dass MoersMarketing den Weihnachtsmarkt organisiere. Ziel sei, diesen für die nächsten Jahre so aufzupeppen, dass er zur Weihnachtszeit wieder den Magneten darstelle, der er in seinen Anfängen war. Dr. Kleier: „Der Aufsichtsrat der MoersMarketing hat den Stadtmanager beauftragt, entsprechende Vorarbeiten zu leisten.“ Der Verband wäre im begleitenden Arbeitskreis eingebunden, was für die Berücksichtigung der Handelsinteressen wichtig wäre.

Auch aus Kamp-Lintfort gibt es Neuigkeiten: Die Hochschule Rhein-Waal hat sich aus Sicht des Einzelhandelverbandes in der Region positiv positioniert. Wie die Anmeldezahlen und Reaktionen aus dem Campus darlegen, könnte die Hochschule dazu beitragen, die „weichen Standortfaktoren“ zu fördern. Dr. Kleier: „Wir sehen mit der Hochschule die Chance, den Bildungsstandort Moers und Niederrhein zu stärken. Die Kombination mit der Uni in Duisburg eröffnet zusätzlich die Möglichkeit, Studenten aus anderen Teilen der Bundesrepublik für den Niederrhein zu interessieren.“ Dies sei ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Auch die Nähe zur Wirtschaft sei Ziel führend, Mit der Hochschulansiedlung werde der Anfang des erforderlichen Strukturwandels eingeleitet, welcher unbedingt erforderlich sei, um jetzt schon die Weichen für die Zukunft zu stellen: „Man denke nur an die bevorstehende Schließung des Bergwerkes West.

Das Einkaufszentrum „EK3“ in der Kamp-Lintforter City und die städtebaulichen Aufwertungen dort werden begrüßt. Nach dem Richtfest müsse die Zeit bis zur Eröffnung genutzt werden, um integrative Arbeit zu leisten.Wie die Verbandsvertreter deutlich machten, bildet dieser Bereich ein Eingangstor für die Stadt Kamp-Lintfort und hinterlässt somit auch den ersten Eindruck für den Besucher, . Deshalb sei es wichtig, auch die Kaufmannschaft in diesem Bereich in die weiteren Planungen einzubeziehen.Kamp-Lintfort definiere sich zukünftig dreipolig. Mit dem Einkaufsbereich Prinzenplatz, dem EK3 und dem Areal um das ABC-Gelände wären drei Schwerpunkte geschaffen. Das Bindeglied Moerser Straße sei gemeinsam mit Handel und Eigentümern weiter zu entwickeln.Wie Bommann ausführte, sei es zu begrüßen, dass andere Bereiche der Kamp-Lintforter Innenstadt zeitgleich aufgewertet werden sollen. Immerhin sei zu bedenken, dass das neue Einkaufszentrum mit seinen 8.000 Quadratmetern Verkaufsfläche rund ein Drittel der gesamten Handelsfläche im Lintforter Zentrum ausmachen würde und damit ein weiterer Handelsschwerpunkt gesetzt sei.

Autor:

Susanne Schmengler aus Duisburg

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