"Das ist ein Skandal"
Claudia Baitinger ist in diesen Tagen ein gern und oft gesehener Gast in Kamp-Lintfort: Erst stand die Sprecherin für Technischen Umweltschutz beim BUND der lokalen Presse Rede und Antwort, und schließlich interessierte sich auch das überregionale Fernsehen für sie.
Denn Claudia Baitinger hat sich in den letzten zwei Jahren intensiv mit den Vorgängen rund um den berüchtigten „Giftberg“, den Eyller Berg, beschäftigt. Und ist dabei zu interessanten Schlüssen gekommen. Zum Beispiel, dass die aktuell im April, Mai und Juni gemessenen Bleiwerte viel zu hoch sind. „Jenseits von Gut und Böse“, formuliert es die Expertin. Es bestünde eine akute Gefahr für Obst und Gemüse.
Und auch das ärgert Claudia Baitinger: „Es fehlt eine Feinstaubmessung nach EU-Verordnung.“ Der BUND fordert dafür so genannte Milis-Stationen. „Doch die sind aufwändig und kosten Geld.“ Auf eine Anfrage beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, in dem die Stadt Kamp-Lintfort um eine Wiederholungsmessung zur Bestimmung der Luftqualität in der Nähe des Eyller Berges anfragt, kam jedenfalls die Antwort, es stünden zurzeit keine „Messkapazitäten“ zur Verfügung.
Um sich ein noch besseres Bild machen zu können, hat sich Claudia Baitinger außerdem die Änderungsgenehmigungen von 2005 und 2006 angesehen. Für sie steht fest: Der Berg ist höher verfüllt, als es der Fall sein sollte. Und wieso es eine Änderungsgenehmigung von 2006 gibt, nach der die Deponie unbefristet betrieben werden darf, ist ebenso wenig klar. „Ich glaube, das Ganze wächst der Bezirksregierung über den Kopf“, folgert die Expertin. Zwar lägen alle nötigen Zertifizierungen für den Betrieb vor. „Aber bei Envio (Dortmunder Umweltdienstleister und Verursacher von Umweltschäden durch PCB, Anm. der Red.) war auch alles bis übers Dach zertifiziert“ - und was daraus geworden ist, ist bekannt.
Das BUND-Mitglied Otto Sartorius, der umtriebige Sprecher der Bürgerinitiative, wittert einmal mehr in der Giftberg-Affäre Korruption in der Politik: „Das ist ein Skandal. Der Berg ist noch nie vermessen worden. Hier geht es doch nur um billige Abfallmöglichkeiten für die Industrie.“ Ähnlich sieht das auch Claudia Baitinger: „Das Land ist froh, wenn hier Sondermüll abgeladen werden kann.“
Beide sehen nun die aktuelle rot-grüne Minderheitsregierung am Zug. „Umweltminister Johannes Remmel und Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne) sind nicht verantwortlich, auch nicht für die schlechte Arbeit der Dezernate. Aber jetzt müssen sie handeln und Bodenanalysen machen“, fordern Baitinger und Sartorius.
Die beiden letzten Fragen von BI-Mitglied Ottilie Schwedler kann allerdings auch die Expertin nicht beantworten: „Wo bleibt das Allgemeinwohl? Was ist eine erlaubte Vergiftung?“ Es bleibt abzuwarten, was Claudia Baitinger hier ins Rollen bringen kann.
Die nächste Sitzung des Umweltausschusses Kamp-Lintfort findet statt am Donnerstag, 15. September, um 15 Uhr im Sitzungssaal 1 des Rathauses. Interessierte Anwohner und Bürger haben dann Gelegenheit, Fragen zur Problematik Eyller Berg zu stellen.
Autor:Susanne Schmengler aus Duisburg |
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