Episode von einem DDR-Besuch

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Es war Sommer 1976, als ich wieder einmal einen Verwandtenbesuch in der DDR machte.
Dieses mal hatte ich ein festes Ziel.
Ich wollte die letzten im Einsatz befindlichen Dampfloks, vor allen Dingen die Königin unter ihnen, die BR01, sehen und fotografieren.
Zuhause hatte ich das Ende der Dampflokära verschlafen.

Wir fuhren zum Leipziger - Hbf. Als wir am Bahnsteig angekommen waren und ich vorne am Bahnsteig die qualmende Lok sah, war ich bald nicht mehr zu bremsen.
Mein Cousin , der mich bisher begleitet hatte, verschwand als er mein Vorhaben sah. Er wollte mit mir nichts mehr zu tun haben und das aus gutem Grund:
Fotografieren von Bahnanlagen und Loks war streng verboten.
So lief ich an dem langen Zug, *blind und mit Herzklopfen, vorbei zur Krönung meiner „Safari“.

Da stand sie, die 01, die Pumpen rasselten, es zischte leise und es roch nach warmen Öl .
Ich war aus dem Häuschen. Der Heizer putzte liebevoll, bewaffnet mit Putzwolle und Ölkännchen das Gestänge der Maschine während der Lokführer seine Umgebung aufmerksam beobachtete und auf die Abfahrt wartete.

Den Fotoapparat (noch analog) stellte ich von Hand ein, Belichtungszeit, Blende, Entfernung und schoss meine Aufnahmen aus der „Hüfte“, während ich meinen Puls am Hals spüren konnte.
Jetzt kam der schwierigste Teil, ich wollte die Abfahrt filmen. Wer die alten Super8-Kameras kennt, weiß, dass sie im Vergleich zu heutigen Kameras klobig waren und ein Display um sie unauffällig zu handhaben gab es auch nicht. Also blieb es nicht aus, dass der Lokführer mein Unterfangen registrierte.
Als er abfuhr machte er ein Kurbelzeichen, ein Relikt aus der Zeit wo die Bilder laufen lernten, ich nickte und dann machte er mir eine Riesenfreude.
Er fuhr mit aller Kraft an. Er riss den Regler auf, Dampf zischte in die Zylinder, schwarzer Qualm schoss wummernd aus dem Schlot und die 2m großen Treibräder schleuderten. Langsam setzte sich der Zug in Bewegung.
Ich war überglücklich und im Vorbeifahren winkte mir der stolze Lokführer zu und dann…..,
*zu meinem Entsetzen sah ich, dass in allen Waggons Militär saß.
Das Herz, vorher am Hals, rutschte mir augenblicklich und buchstäblich in die Hose.

Man hat mich zum Glück nicht festgenommen oder den Film beschlagnahmt und so bin ich im Besitz einiger einzigartigen Fotos und eines Films.

Autor:

Rüdiger Pinnig aus Neukirchen-Vluyn

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