Das Lied vom Satz II.
Hoffentlich hat euch der erste Teil des umgetexteten Werkes aus Schillers Glocke gefallen?
Hier folgen nunmehr die weiteren Verse aus der Feder von Rudolf Köstenberger aus Graz aus dem Jahr 1928.
Mit des Kenners Zuckerzange
Greift dort erst das Geisteskind
Der Metteur, der wohl mit Bange
Jedes neue Werk beginnt.
In der Lade tiefem Schoße
Ruhen nun des Werdens Lose
Und der Faktor frägt mit Sorgen:
"Wann beginnt es?" -- Stets heißt´s: "Morgen!"
Die Tage fliegen pfeilgeschwind,
Sodann beginnt das liebe Setzen.
Pakler kommen nach der Reih´
Ein jeder kriegt so ein´ge Fetzen
Von dem Setzer höchst egal,
Ihm erscheint aus geist´gem Tönen
Ganz ein andres Ideal.
Was des Autors Geist geboren,
Scheint dem Pakler immer Blech,
Sei von Musen es erkoren,
Er bezeichnet´s kurz als Seech!
Einzig und gewiss gewinnen
Kann der Speck sein Herz allein,
Mag der Autor ruhig spinnen:
Wenn nur recht viel Ausgäng´sein!
Sorgt der Metteur für Quadraten
Und für Durchschuss allezeit,
Find´t der Seech beim Pakler Gnaden,
Schwelgt sein Herz in Seligkeit!
O, dass es Grundgesetz doch bliebe,
Dass der Autor nur Ausgäng´schriebe!
Wie sich schon die Spalten dehnen
Ellenlang auf jedem Schiff!
Doch es gilt des Setzers Sehnen
Immerdar dem letzten Griff!
Korrektoren, frisch,
Prüft nun Satz und Fisch´!
Was der Scharfblick mag erreichen,
Brandmarkt mit des Fehlers Zeichen!
Denn wo das Setzen sich und Seechen
Beim Pakler mengt mit Geistesschwächen,
Nimmt oft der Zufall seinen Gang.
Drum prüfe, wer so fein empfindet,
Dass er dies Nächsten Fehler findet,
Ob trotz des Seechs der Satz gelang.
Wichtig legt die Manuskripte
Sich zurecht, ergreift den Kiel
Der Korrektor, der geübte,
Zum Versteck- und Suchespiel.
Ach, des Setzers sorglos Walten
Endet des Korrektors Ruh´,
Nach den Fehlern in den Spalten
Sucht er schnüffelnd immerzu.
Der Setzer, der quatscht,
Der Korrektor soll´s lesen,
Ist´s noch so vergratscht,
Schrieb der Autor mit Besen,
Zerstreut und im Saus:
Korrektor -- bring´s raus!
Hinaus in das Leben!
Dir ist´s gegeben,
Zu wissen, zu raten,
Du bist voll der Gnaden!
Erliest´es erraff´es,
Von vorn, hint begaff´es --
Sind´s auch Hieroglyphen:
Tauch in ihre Tiefen!
Da fließt aus der Feder in Strömen die Tinte,
Dass niemand mehr sag´, dass der Tepp drin nichts finde,
Die Zeichen, sie wachsen, es ist schon ein Graus!
Und wütend waltet
Der sinnende Leser,
Was der Autor gestaltet:
Er weiß es besser!
Drum drehet er weise
Und zeichnet die Fische,
Das Gute im Kreise
Entdecket ein Komma
Und rüget die Teilung,
Bringt Wunden und Heilung,
Und schmiert ohne Ende
Sich müde die Hände
Und mehret den Sinn,
Bis keiner mehr drin!
So, dann kommt in Bälde des Textes Folgesatz!
Das Lied vom Satz I.
Das Lied vom Satz III.
Das Lied vom Satz IV.
Das Lied vom Satz V.
Das Lied vom Satz VI.
Autor:Fritz van Rechtern aus Neukirchen-Vluyn |
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