Predigt wider das Hochdeutsch Sprechen - Hochdeutsche Version

Foto: Firla/FC Freiburg

(Achtung! Nur zum Lesen bestimmt!)

Liebe Sprachgemeinde!

Aber vor allem, liebe Mundartler aller Himmelsrichtungen!

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das Hochdeutsch Sprechen (nicht das Hochdeutsch Schreiben) ein großes Missverständnis ist. Es kann nicht sein, dass eine heimatlose Buchstabensprache, die zum Zwecke der Glaubensverbreitung per Buchdruck konstruiert wurde, von wirklichen Menschen gesprochen werden soll. Diese Wortkompromisse, sie kamen doch nie aus eines Lebenden Mund, sondern nur aus ganz bestimmten Büchern. Heute würde man „Plastiksprache“ sagen, mindestens aber Letternsprache, der die Druckerschwärze noch anhaftet, und die immer ohne Herz und Seele einer echten Mundart bleiben wird.
Hochdeutsch, das sollten wir eigentlich alle wissen, ist eine Schriftsprache in zwiefacher Bedeutung als durch Druck (Schrift) möglichst großflächig verstehbare Sprache der heiligen „Schrift“.
Wo kommt Hochdeutsch denn her? Sächsisch kommt aus Sachsen, Bayerisch aus Bayern, Hessisch aus Hessen, Mölmsch Platt aus Mülheim, aber wo kommt Hochdeutsch her? Ich will es euch sagen: Aus der Druckerei!
Hochdeutsch, meine lieben Mundartler, ist die Sprechsprache der Heimatlosen. Und zwar derer, die sich Heimatlosigkeit zum Ideal erhoben haben:
Akzentfreies Deutsch!!! Geht's noch?
Eine Sprache, die keinerlei  Rückschlüsse auf die Herkunft erlaubt. Ich glaube, ich höre nicht richtig. Ist gesprochenes Hochdeutsch die Sprache der freiwillig Vertriebenen? Dabei handelt es sich beim Hochdeutschen eigentlich um einen Sprachersatz, entstanden und ausgedacht als deutsches Bibel-Esperanto, damit möglichst viele die Bibel lesen können. LESEN!!!
Augendeutsch
nichtOhrendeutsch!
Heute rattern viele die blassen hochdeutsche Wörter als Wortkaskaden in Hochgeschwindigkeit herunter, statt spontan zu erzählen oder sich gepflegt zu unterhalten. Besonders Politiker sondern nur noch Textdateien ab. Wortkaskaden aus dem Setzkasten einer Druckerei, im willigen Geiste des DUDEN.
Dabei ist Hochdeutsch Sprechen als würde man die steife Verpackung eines leckeren Inhalts mitessen! Akzentfreies Hochdeutsch, das ist wie fleischfreie Frikadellen, alkoholfreies Bier, tabakloses Rauchen, eine Einbahnstraße zur Künstlichwerdung des Menschen!
Ähnlich wie die moderne Verehrung des „perfekten Körpers“, der möglichst frei von Merkmalen einer Abstammung von bestimmten Eltern sein soll.
Hochdeutschsprechen, liebe Dialektfreunde, ist das mündliche Nacheifern der gedruckten Schrift, die ja auch von keinem Menschen geschrieben wurde, sondern von einer Maschine. Und so atmet sie auch den Geist der Maschine, sie ist Maschinendeutsch!
Da trifft dann die tiefe Erkenntnis des Philosophen Günther Anders zu, dass es wohl eine prometheische Scham des Menschen gebe, nämlich als ein Wunsch, selbst so perfekt wie eine von ihm erfundene Maschine zu sein.
So lautet also die eigentliche Religion, die mit dem akzentfreien Hochdeutsch verbreitet wurde: Lasset uns werden wie eine von uns erfundene Maschine - oder lieber noch besser.
Das ist, meine lieben Sprachfreunde, reiner Aberglaube. Ja, mehr noch, das ist Teil des Feldzuges zur Vernichtung allen echten Lebens. – Gegen das Buchstabensprechen:

Es lebe die Mundart!

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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