Eine Innenstadt für die Bürger, Bürger für die Innenstadt

Hier gehört die Lebensader zum Herzen der Stadt: Bad Salzuflen
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Was immer man über die Neugestaltung des Rathausplatzes denken mag, und was immer bei dieser Neugestaltung herauskommen mag: die Angelegenheit hat in Menden endlich einmal so etwas wie eine Bürgerbeteiligung ausgelöst. Die Zahl der Leserbriefe wächst täglich. Gleichgültig, welche Meinung und Ansicht sie zum Ausdruck bringen, wichtig ist die Tatsache, dass die Menschen dieser Stadt anfangen, sich zu artikulieren und ihre Vorstellungen darüber zu äußern, wie Menden ihrer Meinung nach in einigen Jahren auszusehen hat.
Fünfzig Jahre lang verharrten die Menschen in einer Art Schockstarre, aus der heraus sie lediglich beobachten konnten, wie eine fast unerschütterlich scheinende Mehrheit in der Kommunalpolitik nach Gutsherrenart schaltete und waltete. Transparenz war in der politischen Szene Mendens ein Fremdwort, der Ruf nach Mitbestimmung galt als Obszönität. Selbst die Einrichtung des Sachkundigen Bürgers im Rat der Stadt wurde lediglich als eine Art Volontariat für potenziellen politischen Nachwuchs angesehen, und das nicht nur von der Mehrheitspartei.
Jetzt sind gleichzeitig mehrere Diskussionen entbrannt, die sich mit der Neugestaltung der zentralen Achse der Stadt beschäftigen, an deren beiden Enden die architektonischen Angelpunkte der Vinzenz-Kirche und des Bahnhofes die Balance halten.
Wenn jetzt die Veränderung der politischen Landschaft eine neue Denkweise ermöglicht, dann ist dies natürlich mangels Übung ein Problem für alle Beteiligten, aber die daraus entstandene Krise ist – wie so oft – auch eine Chance.
Die Bahnhofsdiskussion ist hinlänglich bekannt und bedarf keiner Erneuerung an dieser Stelle. Auch ein Appell an die städtebauliche Verantwortung der Eigentümer soll hier nicht wieder aufgewärmt werden, zumal nur wenig Aussicht auf Erfolg besteht.
Der Rathausplatz, in Verbindung mit der Bahnhofstraße, jedoch ist eine Fläche, über die man nachdenken muss. Wer die Stadtmitte aufsucht, der kommt nahezu zwangsläufig an diese Stelle der Stadt. Was spricht dagegen, sie so zu gestalten, dass sie auf lange Zeit für die Menschen die Menschen anlockt? Was spricht dagegen, einen vorhandenen Wasserlauf wieder ans Licht zu holen und den Menschen zurück zu geben? Wer ein wenig herumfährt, wird in vielen Städten mittlerweile Wasser und begleitende Elemente finden, durch die eine andere, neue Atmosphäre geschaffen wird. Wasser schafft auch bereits in kleinen Mengen und Flächen ein Kleinklima und eine Geräuschkulisse, die den Aufenthalt in der näheren Umgebung angenehmer gestalten und die Kälte und Stille brechen, sogar in einem physikalisch messbaren Ausmaß. Wasserläufe und Wasserflächen appellieren auch z.B. an Kinder, die immer neue Wege finden, mit dem Wasser zu spielen.
Allein diese Effekte machen die Stadt wohnlicher, wie Beispiele zeigen. In Cuxhaven liegt eine zentnerschwere Gneiskugel auf einem Wasserfilm, und Kinder halten sie ununterbrochen in Bewegung. In Neheim-Hüsten plätschert seit geraumer Zeit ein kleiner Wasserlauf durch die obere Fußgängerzone. In Bad Salzuflen spannen sich Seilbrücken über die Salze, die zusammen mit Trittsteinen eine unwiderstehliche Wirkung auf Kinder ausüben, während die Eltern sich in der Sonne sitzend erholen können.
In Enschede (NL) werden beim Wiederaufbau nach dem Explosionsunglück im Mai 2000 große Wasserflächen in das Stadtbild gesetzt, dessen futuristisches Aussehen dadurch relativiert wird.
In all diesen Städten scheint ein Denkprozess abzulaufen, der auch im Mendener Innenstadtkonzept des Höddinghaus-Teams deutlich geworden ist. In diesem Konzept steht ein Gedanke im Vordergrund, der wesentlich ist bei der Umkehr der Verödungstendenz, die sich in Menden andeutet: Eine Stadt lebt durch die Menschen, und die Menschen kommen nur dort hin, wenn sie sich wohlfühlen. Und nur dann nehmen sie sich die Zeit, dort zu verweilen und auch ein wenig Geld auszugeben.
Und nur dann, wenn dieses Geld in die Stadt fließt (und nicht durch maßlose Immobilien-Pachten verschlungen wird), kann die Mendener Innenstadt weiterleben und Zentrum dieser liebenswerten Stadt bleiben.

Autor:

Franz-Josef Knur aus Menden (Sauerland)

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