Rechts-Tipp: Wann ist ein Betrieb ein „Kleinbetrieb“ im Sinne des § 23 Abs.1 KSchG?
Wann ist ein Betrieb ein „Kleinbetrieb“ im Sinne des § 23 Abs.1 KSchG? - dieser Frage geht in unserem Rechtsanwalt-Tipp Susanne Thomas, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, nach.
Kündigungsschutzgesetz
Den meisten meiner Mandanten, die in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten meinen Rat suchen, ist nicht bekannt, welche Anforderungen an eine wirksame Arbeitgeberkündigung zu stellen sind. Die erste Frage eines Arbeitnehmers in Kündigungsschutzangelegenheiten lautet oft: „Darf er/sie das einfach so? Mich kündigen?“ Meine Antwort lautet dann immer erst einmal: „Das kommt darauf an…“ Tatsächlich bestimmt § 1 des Kündigungsschutzgesetzes, dass eine Kündigung rechtunwirksam ist, wenn sie „sozial ungerechtfertigt“ ist. Was das bedeutet, lässt sich ebenfalls der vorgenannten Vorschrift entnehmen: Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung, wenn sie durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, bedingt ist.
Hohe Anforderungen an die Rechtsprechung
An die vorgenannten Kündigungsgründe stellt die Rechtsprechung sehr hohe Anforderungen, sodass eine Kündigung vom Arbeitgeber nur überlegt und vorbereitet ausgesprochen werden kann, sollte sie in der Lage sein, wirksam das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Nicht immer "soziale Rechfertigung" nötig
Doch der Arbeitgeber ist nicht immer gehalten, die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses „sozial“ im vorgenannten Sinne zu rechtfertigen. Eine Ausnahme ( es gibt noch andere! ) gilt im sogenannten „Kleinbetrieb“. Und deshalb „kommt es darauf an“, ob „ er/sie das einfach so darf“. Im Kleinbetrieb gelten Besonderheiten, die dem Arbeitgeber eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit von Arbeitnehmern eröffnen. Man spricht auch vom Kündigungsschutz der „zweiten Klasse“. Aus diesem Grunde ist es sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber wichtig zu wissen, ob sie in einem Kleinbetrieb arbeiten bzw. einen solchen führen. Die Bestimmung, ob ein Kleinbetrieb gegeben ist, ist tatsächlich oftmals gar nicht so einfach, deshalb möchte ich die wichtigsten Kriterien im Folgenden darstellen:
Sonderfall
Auszugehen ist von der Vorschrift des § 23 Abs. 1 KSchG: Nach ihr findet das Kündigungsschutzgesetz und damit die Pflicht des Arbeitgebers zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung nur dann Anwendung, wenn in einem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass eine Kündigung nicht sozial zu rechtfertigen ist, wenn weniger als 10 Arbeitnehmer im Betrieb vorhanden sind.
Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. 1. 2004 begründet wurden, gilt noch eine Sonderregelung ( hier löst unter Umständen bereits eine Beschäftigtenanzahl von mehr als 5 Arbeitnehmern den Kündigungsschutz aus). Diesen Sonderfall, der dem Schutz der Altarbeitsverhältnisse dient, möchte ich der Übersichtlichkeit wegen in diesem Beitrag ausklammern.
Wann aber verfügt nun ein Betrieb über mehr als 10 Arbeitnehmer? Wer gehört alles dazu?
Folgendes ist zu beachten:
- Auszubildende zählen nicht zu den Arbeitnehmern eines Betriebes, sie bleiben bei der Berechnung außer Betracht;
- Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer sind mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit einem Faktor von 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit einem solchen von 0,75 zu berücksichtigen. Jeder Arbeitnehmer, der mehr als 30 Stunden wöchentlich arbeitet, zählt als „ganzer Arbeitnehmer“. Es kommt insoweit auf die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit an und nicht auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit an. Bei unregelmäßiger Arbeitszeit ist auf die im Jahresdurchschnitt geleistete Arbeitszeit abzustellen. Überstunden bleiben regelmäßig außer Betracht.
- Mitarbeiter in Elternzeit zählen bei der Bestimmung der Anzahl der Arbeitnehmer mit, ist für sie eine Ersatzkraft angestellt, findet eine Doppelzählung jedoch nicht statt.
- Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind – so die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (Urteil vom 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12) – auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruhe.
Ich möchte diese Grundsätze an Hand eines Beispiels verdeutlichen:
Beispiel
Ist ein Malerbetrieb, der 3 Arbeitnehmer mit 20 Stunden, 7 Arbeitnehmer mit 40 Stunden, eine Aushilfe ( Reinigungstätigkeiten ) mit 4 Stunden, 3 Auszubildende und eine Mitarbeiterin im Büro, die grundsätzlich 30 Stunden arbeitet, aber sich in Elternzeit befindet, beschäftigt, ein Kleinbetrieb ?
Lösung:
Tatsächlich ist der Malerbetrieb ein „Kleinbetrieb“ im Sinne des Gesetzes, obwohl augenscheinlich mehr als 10 Personen beschäftigt werden. Zu rechnen ist wie folgt:
Die vier Arbeitnehmer, die bis 20 Stunden arbeiten ( auch die Reinigungskraft!) sind jeweils mit dem Faktor 0,5 zu bewerten. Die sieben Arbeitnehmer, die 40 Stunden arbeiten zählen voll und die Mitarbeiterin, die 30 Stunden arbeitet, aber sich zur Zeit in Elternzeit befindet, zählt 0,75. Die Auszubildenden zählen gar nicht. Er ergibt sich folgende Rechnung: 4x05 + 7x1 + 1x 0,75 = 9,75 Arbeitnehmer. Der Betrieb zählt folglich noch als Kleinbetrieb.
Stammarbeitnehmer und Leiharbeitnehmer
Es gibt, wie könnte es auch anders sein, weitere von der Rechtsprechung entwickelte Kriterien, die letztendlich über die Frage Kleinbetrieb, ja oder nein, entscheiden. So wird es zum Beispiel problematisch, wenn der Betrieb neben den Stammarbeitnehmern auch Leiharbeitnehmer beschäftigt. Wie oben dargestellt, geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass diese mitzuzählen sind, wenn sie „in der Regel“ beschäftigt werden. Die Entscheidung, wann diese Voraussetzung gegeben ist, wird durch die Gerichte entschieden, erforderlich ist eine Einzelfallbetrachtung. Die obigen Grundsätze erlauben aber zunächst einmal eine solide Vorentscheidung, bei Zweifeln sollte aber immer rechtskundiger Rat durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeholt werden.
Arbeitsrechtlichen Fallgestaltungen
Gerne berate ich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Thematik „Kleinbetrieb“ und natürlich allen anderen arbeitsrechtlichen Fallgestaltungen.
Neue Zweigstelle der Kanzlei an der Bachstraße 40
Eine Information zum Schluss: Ab August 2018 finden Sie mich in der neuen Zweigstelle unserer Kanzlei auf der Bachstraße 40 in 40764 Langenfeld. Ich würde mich sehr freuen, Sie in meinen neuen Kanzleiräumen begrüßen zu dürfen. Der genaue Eröffnungstermin wird auf unserer Homepage rechtzeitig bekanntgegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Thomas
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
Autor:Lokalkompass Langenfeld aus Langenfeld (Rheinland) |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.