Schwierige Verhältnisse führten zur Gründung von Haus & Grund
Ähnlich wie vor 100 Jahren: Wohnungsmangel

Der Vorsitzende von Haus & Grund und Rechtsanwalt Hubertus Freiherr von Buddenbrock berichtet über die geschichtliche Entwicklung des Vereins und die aktuelle Situation.  | Foto: Michael de Clerque
  • Der Vorsitzende von Haus & Grund und Rechtsanwalt Hubertus Freiherr von Buddenbrock berichtet über die geschichtliche Entwicklung des Vereins und die aktuelle Situation.
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Die Ursachen waren andere, die Probleme aber die gleichen: Es gab zu wenige Wohnungen. Aktuell wird in der Politik sogar eine Enteignung nicht ausgeschlossen, vor 100 Jahren packte man die Situation anders an. Entschlossen gründeten einige Mitbürger den „Haus- und Grundbesitzerverein Reusrath-Richrath“ und wählten am 26. Oktober 1919 ihren ersten Vorstand.

Der 100. Geburtstag des Ortsvereins von „Haus & Grund Langenfeld/Monheim“ war Anlass für ein Gespräch mit dem Vorsitzenden, Rechtsanwalt Hubertus Freiherr von Buddenbrock. Dabei ging es um die geschichtliche Entwicklung des mit 1400 Mitgliedern beachtlich großen Vereins ebenso wie um die aktuelle Situation – die allerdings in den beiden Nachbarstädten noch als gut bezeichnet werden kann, wenn man sie mit der Lage in Großstädten vergleicht.
Die Hauptaufgabe des Vereins sieht von Buddenbrock, der seit 21 Jahren den Vorsitz innehat, auf juristischem Gebiet, was in seiner Person erfreulicherweise zusammenfällt. Man mag dabei zunächst an Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter in Mehrfamilienhäusern denken. Doch es gibt auch unzählige Gründe beispielsweise für Eigenheimbesitzer, in Streit mit dem Nachbarn zu geraten: Die Garage sitzt einige Zentimeter auf dem Nachbargrundstück, die Hecke wächst zu hoch (1,2 Meter über Grund sind zulässig!), bei der Aufteilung des Erbes hat die nette Schwiegertochter andere Pläne als die Cousine... Der Verein, der die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder vertritt, steht mit Rat und Tat zur Seite.
Im Gespräch fällt das gerade vielzitierte Stichwort „Enteignung“. Der Begriff und seine Anwendung sind sogar durch das Grundgesetz gedeckt, er wird allerdings schnell verwendet im Zusammenhang mit kommunistischem Gedankengut. In der aktuellen Diskussion geht es um die Verstaatlichung großer Wohneigentum-Konzerne, die von Haus & Grund nicht vertreten werden. Von Buddenbrock plädiert für eine Verdichtung der Innenstadtbebauung, die sowohl in Langenfeld als auch in Monheim schon seit Jahren praktiziert wird. Einfacher ausgedrückt: Wo die Oma früher hinter dem Haus einen Hühnerstall hatte, könnte vielfach noch ein weiteres Wohnhaus gebaut werden.
„Wir haben in allen Berechnungen die Bevölkerungsentwicklung vergessen“, sagt der Vorsitzende. Man gehe stets von der Lebensdauer eines Hauses von 120 Jahren aus – man wisse inzwischen, dass sich die Bevölkerung inzwischen alle 40 Jahre verdoppelt. „Heute haben wir rund 80 Millionen, in 40 Jahren sind wir also bei 160 Millionen. Dabei wachsen auch noch die Ansprüche des Einzelnen. Wir müssen also begreifen, dass die Wohnungspolitik von morgen ganz andere Vorgaben haben muss“, philosophiert der Jurist ein nicht gerade erfreuliches Szenario auf meinen Block.
Um nicht ganz so trübe in die Zukunft zu blicken, hat er auch noch ein paar Vorschläge parat: Die Wohnungen müssen kleiner werden, die enormen Auflagen für Wohnbebauung müssen entbürokratisiert werden, um eine leichtere Umsetzbarkeit zu erreichen, die Umweltauflagen müssen gedrosselt werden, damit sich die Investition in den Wohnungsbau wieder lohnt, die Grundsteuer muss gesenkt werden (passiert in Langenfeld und Monheim!), die Betriebs- und Nebenkosten müssen wieder in realistische Grenzen gebracht werden – die Liste kann der Vorsitzende mit Begeisterung noch verlängern.
Trotz „Behördenwirrwarr“, wie er es nennt, mache seine Arbeit Freude, weil er vielen Menschen helfen könne. Die Mitglieder von Haus & Grund seien Eigentümer von privaten Häusern und Wohnungen, nicht aber von gewerblichem Wohnungsbau, und sie seien von der Herkunft und der politischen Einstellung so unterschiedlich wie die Bevölkerung in beiden Städten. Seit der Gründung des Vereins bedeute das Eigentum auch eine Verwurzelung in der Stadt, und das führe vielfach zu starkem Engagement. Und auch zu geselligem Vereinsleben, wie er schmunzelnd hinzufügt: „Wir machen so manche Rheintour: Da geht es hier rein und da rein....“

Ein Blick zurück

Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte Wohnungsnot – nicht so dramatisch zwar wie nach dem Zweiten Weltkrieg, doch es gab Chaos und Konfusion besonders nach der Neuordnung des Reiches und nach der Meuterei der Matrosen in Kiel im Oktober 1919. In Reusrath-Richrath will man durch die Vereinsgründung etwas Ruhe in das Leben bringen. Am 26. Oktober 1919 wird der erste Vorstand des Haus- und Grundbesitzervereins mit Hubert Möltgen an der Spitze gewählt. Weitere Vorstandsmitgleider sind Richard Sonnenschein, Johann Wolter, Fritz Emonds, Edmund Stosberg, Fritz Schneider, Albert Groß und Wilhelm Jacobs. In den damals schwierigen Wohnverhältnissen sorgten sie für eine Rationierung der Wohnungen.
Das Protokollbuch von damals wird von Rechtsanwalt von Buddenbrock gehütet. Er hat die Geschichte des Vereins daraus rekonstruiert und festgestellt, dass seine Vorgänger soviel Probleme zu bewältigen hatten, dass sie sich oft mehrmals im Monat trafen. Nach der „Machtergreifung“ wurden die Vorstände nicht mehr gewählt, sondern ernannt. Es gab kaum noch Sitzungen. Schon im April 1944 waren die Wohnungstauschstelle, die Wohnraumlenkung und die Kriegsschäden beherrschende Themen.
Nach Kriegsende wurde im März 1946 im Saal Ernst Ern in Immigrath ein Neuanfang gemacht. Es gab so viele Themen zu erledigen, dass sogar Vereinssprechstunden eingeführt wurden. Trotz emsiger Suche fand von Buddenbrock keinerlei Hinweise auf den Umgang mit jüdischem Eigentum.
Mit der Vereihung der Stadtrechte am 3. Oktober 1948 änderte auch der Verein seinen Namen „Haus- und Grundbesitzerverein Langenfeld“. Jetzt ging es um Lastenausgleich, um die Unterbringung von Flüchtlingen, um die Beseitigung von Kriegsschäden und vieles mehr. In vielen Versammlungen brachte Vorsitzender Karl Albaum die bundes- und landespolitischen Gesetze nahe. Zu den Versammlungen, in denen es auch um moderne Baustoffe ging, kamen oft bis zu 300 Mitglieder. Es folgten Änderungen in der Vereinsführung und auch im Namen, doch seit Sommer 1973 nennt er sich „Verein der Haus- und Grundeigentümer Langenfeld/Monheim“, abgekürzt in Haus & Grund Langenfeld/Monheim. Seit März 1998 ist Rechtsanwalt von Buddenbrock Vorsitzender.

Die 100-Jahr-Feier

Ein 100. Geburtstag muss natürlich gebührend gefeiert werden. Haus & Grund hat dafür den 9. November ausgesucht und die Richrather Schützenhalle angemietet. Für die Mitglieder und Interessierte gibt es einen unterhaltsamen Tag, zu dem die „New Orleans Heartbreakers“ spielen und zwei Originale aus den beiden Nachbarstädten auftreten werden: Emil Drösser und Manfred Stuckmann werden in Schwänken und Zwiegesprächen über ihre Heimatstädte schwadronieren.
Ehrengast ist Dr. Konrad Adenauer, Enkel des ersten Bundeskanzlers, in seiner Eigenschaft als Präsident des Landesverbandes Haus & Grund Rheinland-Westfalen.Das detaillierte Programm werden wir zeitnah zur Veranstaltung noch bekannt geben.
Elfie Steckel

Autor:

Lokalkompass Langenfeld - Monheim - Hilden aus Monheim am Rhein

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