Tipp für Arbeitgeber: Arbeitsverträge sind in regelmäßigen Abständen an die aktuelle Gesetzes- und Rechtslage anzupassen!

Rechtsanwältin Susanne Thomas, geb. Schuster,
Fachanwältin für Arbeitsrecht.
  • Rechtsanwältin Susanne Thomas, geb. Schuster,
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Tipp der Rechtsanwältin Susanne Thomas: Ist der Arbeitnehmer erst einmal eingestellt, verschwindet der geschlossene Arbeitsvertrag bestenfalls in der Personalakte und gerät dort oftmals in Vergessenheit. Ein Fehler, wie ich an Hand zweier Beispiele aus meinem Kanzleialltag im Folgenden darlegen möchte. 

1. Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag

Arbeitsverträge enthalten häufig die Regelung, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden müssen, damit sie nicht verfallen. Besonders der Arbeitgeber hat Interesse an der Aufnahme von Ausschlussklauseln in den Arbeitsvertrag, um das Arbeitsverhältnis im Fall seiner Beendigung zügig abwickeln zu können. Nach Ablauf der Verfallfrist kann nämlich der Arbeitnehmer seine Ansprüche nicht mehr realisieren. Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist ist grundsätzlich wirksam, wenn die Verfallfrist mindestens drei Monate beträgt. Da Arbeitsverträge als vorformulierte Vertragsbedingungen in der Praxis fast ausnahmslos der AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegen, sind bei der Vertragsgestaltung u.a. auch die Klauselverbote des § 309 BGB zu beachten. Der ­bisherigen- Fassung des § 309 Nr. 13 BGB kam bei der Arbeitsvertragsgestaltung bislang keine große Bedeutung zu, da nach dieser nur solche Klauseln unwirksam waren, die für abzugebende Anzeigen oder Erklärungen eine strengere Form als die Schriftform vorsahen. Die in arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln oft enthaltene schriftliche Geltendmachung der Ansprüche war daher nach der bisherigen Rechtslage zulässig, die Klausel war wirksam.

Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB

Dies gilt jedoch nach der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB nicht mehr: Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts am 1. Oktober 2016 dürfen Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender ( = Arbeitgeber) oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, in einem Formularvertrag nunmehr nicht mehr an eine strengere Form als die Textform gebunden werden. Schrift- und Textform unterscheiden sich dadurch voneinander, dass die Schriftform gemäß § 126 b BGB eine eigenhändige Unterzeichnung einer Urkunde verlangt, während es für die Textform gemäß 126b BGB ausreicht, dass eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Dies ermöglicht auch die gänzliche papierlose elektronische Erstellung und Übermittlung der Erklärung, z.b. durch Fax, E-Mail oder SMS.

Stichtag ist der 30. September 2016

Dies bedeutet für unseren in der Personalakte vergessenen Arbeitsvertrag: Ist er nach dem 30. September 2016 geschlossen worden und wird im Rahmen einer Ausschlussklausel noch die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Arbeitgeber gefordert, so ist die Vertragsbestimmung in vollem Umfang unwirksam! Der Arbeitnehmer kann Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist geltend machen, ohne dass der Arbeitgeber die Vereinbarung der Verfallfrist entgegenhalten kann.
Vertragliche Ausschlussklauseln, die noch auf die Schriftform Bezug nehmen, sind deshalb zu korrigieren.

2. Erklärung des Arbeitgebers auf Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit

Vielen Arbeitgebern ist nicht bekannt, dass auch während der Elternzeit der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers wie im laufenden Arbeitsverhältnis jedes Jahr entsteht. Nach der Vorschrift des § 17 BEEG jedoch hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Anspruch während der Elternzeit um ein Zwölftel für jeden Abwesenheitsmonat zu kürzen, sofern kein Teilzeitarbeitsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien während dieser Zeit besteht. Diese Kürzung erfolgt jedoch nicht automatisch, denn der Arbeitgeber kann auch auf die Kürzung des Urlaubsanspruches verzichten. Macht er aber von seinem Recht auf Kürzung des Urlaubes Gebrauch, muss er den Arbeitnehmer durch eine eindeutige Erklärung darüber informieren. Das Gesetz nennt keinen Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubsanspruches bekanntgeben muss. Bisher konnte die Erklärung durch den Arbeitgeber nach der Rechtsprechung sogar noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer abgegeben werden. Haben die Parteien, etwa nach Rückkehr des Arbeitnehmers aus der Elternzeit, einen Aufhebungsvertrag geschlossen oder hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit gekündigt, konnte auch jetzt noch die Kürzungserklärung -etwa auf ein Urlaubsabgeltungsverlangen des Arbeitnehmers- abgeben werden.

Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann die Kürzung des Urlaubes nicht mehr erklärt werden

Dieser Praxis hat das Bundesarbeitsgericht jedoch nun einen Riegel vorgeschoben: Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann die Kürzung des Urlaubes nicht mehr erklärt werden, der während der Elternzeit angelaufenen Urlaub ist deshalb, weil er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, in vollen Umfange abzugelten. Die Höhe der Abgeltung kann je nach Verdienst und Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ( bei der Inanspruchnahme von zwei aufeinanderfolgenden Elternzeiten im Höchstfall für einen Zeitraum von sechs Jahren!) leicht fünfstellige Summen erreichen. Die Verpflichtung zur Zahlung kann kleinere Unternehmen deshalb in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen, die die Existenz eines Betriebes gefährden können. Arbeitgebern ist deshalb dringend zu empfehlen, die Kürzungserklärung rechtzeitig vor Ausspruch einer Kündigung oder vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages abzugeben. Tatsächlich jedoch ist das Risiko, dass der Arbeitgeber die rechtzeitige Abgabe der Kürzungserklärung versäumt, groß. Der sicherste Weg ist deshalb: Die Kürzungserklärung wird bereits in den Arbeitsvertrag für den Fall einer möglichen Inanspruchnahme einer Elternzeit aufgenommen.

Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann die Kürzung des Urlaubes nicht mehr erklärt werden

Die vorstehenden Ausführungen zeigen: Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie ihre Arbeitsverträge in regelmäßigen Abstanden an mögliche Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderungen anpassen. Die Überprüfung der Verträge und ihre rechtswirksame Anpassung an die aktuelle Situation gehört zu den anspruchsvollen Aufgaben des Fachanwaltes für Arbeitsrechtes.
Rechtsanwältin Susanne Thomas, geb. Schuster,
Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Autor:

Lokalkompass Langenfeld aus Langenfeld (Rheinland)

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