Schulchronik der Immigrather Volksschule - Später Felix Metzmacher Schule

Aus der Schulchronik der Kath. Volksschule Immigrath

Aufgezeichnet vom Schulleiters der Kath. Volksschule Immigrath Johannes Müller- später Felix-Metzmacher Schule

Aus der Schulchronik 1914/15 der Metzmacherschule

Der Nachfolger von Felix Metzmacher in der Leitung der Schule, Rektor Johannes Müller, berichtet in seiner Chronik zunächst vom Beginn des Ersten Weltkrieges und vom frühen Soldatentod des Langenfelder Bürgermeisters am 31. Oktober 1914.

Dann folgen Notizen über die Veränderungen im Alltag der Langenfelder Bevölkerung und ihre Mentalität im Verlauf der ersten Kriegsmonate. Sie bieten interessante und nachdenklich stimmende Einblicke in die Zeit vor 100 Jahren:

Kriegsleben bei den Erwachsenen in der Heimat

"Seit Ausbruch des Krieges hörten alle Festlichkeiten auf; kein Tanz, keine Aufführungen, keine Vorstellungen waren mehr gestattet. Nach dieser Seite hin hatte der Krieg bessernd eingewirkt. Bis dahin war die Vergnügungssucht und die Genusssucht bis zum Verderben für jung und alt gesteigert gewesen. Unsere Arbeiter konnten es sonntags nicht mehr zu Hause aushalten; der ganze Sonntag wurde häufig unter Versäumnis des Gottesdienstes dem Vergnügen, dem Ausfluge gewidmet.

Das beste Fleisch, die beste Wurst wurde überall verlangt, Speck konnte kein Mensch mehr essen, der war zu gering. Nur Weißbrot und Kuchen durfte auf den Tisch kommen. Dementsprechend war auch die Kleiderpracht. Das alles änderte der Krieg. Um 10 Uhr abends war Polizeistunde, da musste jeder Bürger nach Hause gehen.

Steigende Lebensmittelpreise

Die Lebensmittel waren im Preis gestiegen. Da die meisten Familien auf die Kriegsunterstützung angewiesen waren, so musste haushälterisch mit dem Geld umgegangen werden. Da jetzt die englische Aushungerungspolitik bekannt wurde, so wurde in öffentlichen Versammlungen und in der Zeitung auf weise Sparsamkeit hingewiesen und auf schärfere Ausnutzung des Gartenbodens durch Anpflanzen von Wintergemüse.

Kriegserleben der Schuljugend

Der Schuljugend bemächtigte sich ein soldatischer Geist; Kriegsbegeisterung erfasste sie und diese geben sie nach außen hin zu erkennen. Die meisten Knaben trugen seit Beginn des Krieges soldatische Abzeichen! Soldatenmütze mit und ohne Schirm, Achselstücke, Bänder in deutschen Farben um Hut oder im Knopfloch. Mit lauten Liedern durchzogen sie die Straßen und es war eine helle Freude, die Trabanten anzusehen, die sich ausgerüstet hatten, bis zu den kleinsten Knirpsen. Sie scharten sich zusammen, bauten Schützengräben und Festungen, die sie teils angriffen, teils verteidigten.

Solche Plätze waren besonders das Gelände neben der Schule, Möncherderweg, Richrather Heide, Brachland an der Kölner und Düsseldorfer Straße. Dort trafen sich häufig Kinder der Nachbarorte Berghausen und Richrath und es entspannen sich regelrechte Kämpfe, bei denen es oft blutig herging. Das Draufgehen mit Stöcken und Steinen wurde lebensgefährlich, so dass mit aller Schärfe seitens der Schule eingegriffen werden musste.

Der Erste Weltkrieg wird heute als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bewertet. In den Berichten des Schulchronisten ist davon noch nichts zu spüren.

Bereits vor Beginn des Ersten Weltkrieges hatte Felix Metzmacher mit der Verwirklichung seines Vorhabens einer Kultivierung der Richrather Heide begonnen. Durch den Kriegsausbruch gerieten die Arbeiten zwar ins Stocken, doch schon bald nach dem Soldatentod des Bürgermeisters in Frankreich erwies sich seine Vision als zukunftsträchtig, wie das heutige Industriegebiet der Stadt Langenfeld zeigt. Rektor Müller berichtet darüber in seiner Chronik:

1914/1915 Kultivierung von Öd- und Brachland in der Richrather Heide
Schon vor Ausbruch des Krieges hatte die Gemeinde zur Hebung des Bodenwertes durch landwirtschaftliche Bearbeitung in der Richrather Heide (zwischen Fellerings Fabrik und der Götsche) ein Gelände von ca. 500 Morgen Heidland angekauft; dieses Brachland war teils im Privatbesitz, teils Richrather Kirchengut, teils Spekulanten gehörig gewesen. Die Errichtung zweier Gehöfte (später Heidehof und Metzmacherhof genannt) und die Urbarmachung war schon in Friedenszeit vorgesehen. Seit Juni 1914 arbeitete hier der Dampfpflug. Mit Ausbruch des Krieges musste die Arbeit eingestellt werden, weil die erforderlichen Arbeitskräfte fehlten. Im Lauf des Winters wurden die Arbeiten durch gefangene Russen fortgesetzt.

Immerhin konnte die Gemeinde hier schon im 1. Kriegsjahr 100 Morgen mit Kartoffeln und Hafer bepflanzen. Außerdem pachtete die Gemeinde von Landwirten Öd- und Brachland und griff tätig ein zur Kultivierung. So wurden die Ländereien am „Bärenbusch“ (Bockstation) zwischen Langenfeld - Hucklenbruch - , am Möncherderweg, umgegraben und den Familien, deren Angehörige im Felde standen, zur unentgeltlichen Benutzung überlassen.

Gefangenenarbeit

Um die erforderlichen Arbeitskräfte zu erlangen, wurden in Langenfeld in der stillgelegten Pertschken-Mühle hundert kriegsgefangene Russen einquartiert. Sie trugen ihre Militärkleidung: feldgraue Mäntel, Pelzmützen und Schirmkappen; sie waren bei den Siegen Hindenburgs in Ostpreußen gefangengenommen worden. Sie machten einen stumpfsinnigen Eindruck, wenn sie morgens zur Arbeit schritten mit dem Eßkessel in der Hand und dem Spaten oder der Hacke auf der Schulter zu zweien in der Reihe unter militärischer Bewachung und abends wieder in ihr Lager zurückkehrten. Anfänglich waren sie von den Blicken Neugieriger begleitet, später achtet man kaum mehr darauf. Im Frühjahr 1915 kamen auch noch 25 Franzosen dazu, die alle Tage mit der Elektrischen nach Monheim fuhren, um in der Kettenfabrik von Pütz beschäftigt zu werden. In ähnlicher Weise waren auch Gefangene in Benrath und Auf derhöhe beschäftigt.

Autor:

Rolf D. Gassen aus Langenfeld (Rheinland)

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