Demenzkranke und ihre Angehörigen sind in Langenfeld nicht alleine

Vor einigen Jahren hörte ich die Geschichte einer in Langenfeld lebenden Frau, die traumatisiert durch ihre Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg ihres Lebens nicht mehr glücklich werden konnte. Zu Zeiten des Krieges wurde sie Opfer einer Vergewaltigung und verlor überdies ihre beiden Kinder und ihren Mann. Wer sich in die Gefühlswelt eines derart leidgeplagten Menschen hineinversetzt, wird vielleicht in etwa nachvollziehen können, wie schlecht es um die Lebensfreude eines solchen Menschen bestellt sein muss. Doch das Blatt sollte sich im zunehmendem Alter überraschend wenden, denn die Dame erkrankte an einer Demenz, die ihre Erinnerungen an die Traumata ihrer Vergangenheit offenbar so weit zu tilgen vermochte, daß all jene, die mit ihr seither zu tun hatten, sie als lebensfrohen Menschen beschrieben. Einen Menschen, der nicht länger in der Vergangenheit lebt, sondern im hier und jetzt. Mich hat die Geschichte dieser Frau gerührt und ich war froh, daß sie ihren Lebensabend dank der Demenz doch noch gewisser weise zufrieden verleben konnte.

Jedoch: Dieses Beispiel ist ein Einzelfall. Nur für die allerwenigsten an Demenz Erkrankten ist die Demenz ein solches Glück im Unglück - erst recht nicht für deren Angehörigen. Mitunter auch aus diesem Grund fand am 1. Juli ein seitens der Stadt Langenfeld und dem "Netzwerk Demenz" veranstalteter Diskussionsabend statt, welcher sich der Lebenssituation Demenzkranker und ihrer Angehörigen widmete. Als (Probe-)Mitglied der Bürgergemeinschaft Langenfeld (BGL) haben unser Sozialpolitischer Sprecher Harald Degner und ich an dieser Veranstaltung teilgenommen. Ich möchte an dieser Stelle einen Eindruck dieser Veranstaltung wiedergeben.

Gekommen waren schätzungsweise 50 Personen, die sich in wechselnden Gruppen tischweise zu unterschiedlichen Themen unterhalten haben. An jedem Tisch wurden Arbeitsergebnisse gesammelt, die im weiteren Verlauf in einem Bericht münden sollen, welcher in den kommenden Wochen vorgestellt werden soll.

Obwohl das Thema Demenz mich selbst weder mittelbar noch unmittelbar betrifft, habe ich die Veranstaltung als recht lehrreich empfunden. Ich wurde auf einige Punkte hingewiesen, die meines Erachtens nach einem größeren Publikum vorgestellt werden sollten. Drei dieser Punkte möchte ich an dieser Stelle gesondert benennen:

1.) Ziemlich erhellend war für mich die Aussage, daß man im Zuge jeder Demenzdiskussion neben den Demenzkranken selbst besonders auch all jene in den Blick nehmen muss, die die Demenzkranken pflegen. Insbesondere die Familienmitglieder stehen oftmals unter einer massiven körperlichen und psychischen Herkulesaufgabe, die oftmals unvereinbar mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ist und nicht selten in einem allgemeinen "Ich kann nicht mehr!" mündet.

2.) Wer zu Beginn der Diagnose Demenz man als Angehöriger mit diesem Thema neu konfrontiert wird, steht in aller Regel zunächst verhältnismäßig ratlos da. Man weiß oftmals nicht, an wen man sich mit der Bitte um Rat und Tat wenden kann. Zwar stellt sich im Laufe der Zeit heraus, daß es diese Stellen durchaus gibt und daß sie einem sogar gut helfen können, doch insgesamt berichteten einige Betroffene, daß gerade die Einstiegsphase als sehr mühselig empfunden wird.

Auch wenn ich mit diesem Hinweis sicherlich nicht jeden einzelnen in Zukunft eventuell Betroffenen erreichen werde, so möchte ich auf die Internetseite der Stadt Langenfeld verweisen, die für alle Interessierten einen Prospekt über das Netzwerk Demenz zum Download bereithält. In diesem Prospekt sind über 15 Langenfelder Anlaufstellen inkl. ihrer Beratungsschwerpunkte gelistet. Wer Beratungsbedarf hat, sollte hier einen hilfreichen Ansatz für sein erstes Hilfeersuchen finden.

3.) Es wurde mehrfach mit Freude berichtet, daß es im Laufe der Jahre gelungen sei, das Thema Demenz enttabuisiert zu haben. Trotz allem sei in der Zivilgesellschaft noch immer nicht ausreichend angekommen, daß auf die Bedürfnisse von Demenzkranken und ihrer Angehörigen verstärkt Rücksicht genommen werden solle. Das sei alleine schon aufgrund der demographischen Entwicklung, nach der es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten signifikant mehr Rentner als Junge geben wird, unverzichtbar.

Leider, so berichteten mir einige der Teilnehmer, sei die Interessenvertretung der Demenzkranken und ihrer Angehörigen noch immer zu schwach und verbleibt somit oftmals unbeachtet. Meine Empfehlung, die einzelnen Interessenvertreter - seien es nun Einzelpersonen oder Institutionen - sollten sich lokal sowie auf Landes- als auch auf Bundesebene stärker vernetzen und gemeinsam mit Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Dialog treten, stieß auf regen Zuspruch.

Abschließend sei an dieser Stelle ein Dank an die Frauen Rothenkirchen und Prell von der Stadt Langenfeld, die Mitglieder des Netzwerk Demenz, die Hochschule Coburg sowie an die "Wir! Stiftung pflegender Angehöriger" gerichtet, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen, daß man in Langenfeld und anderenorts als Hilfesuchender nicht alleine gelassen wird.

Autor:

Peter Piksa aus Langenfeld (Rheinland)

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