Kann der Kriminalfall aufgeklärt werden? Der genagelte Frauenschädel im Kulturellen Forum
Wer war diese Frau? Was hatte sie verbrochen? Wie kam sie ausgerechnet nach Langenfeld? Warum wurde ihr abgeschlagener Kopf genagelt? Warum findet sich nichts über sie in den umliegenden Archiven? Fragen über Fragen, und nur wenige Antworten. Das Opfer des Kriminalfalles um das Jahr 1700 – besser das, was davon noch übrig ist – kann ab sofort im Schädel-Kabinett des Stadtmuseums im Freiherr-vom-Stein-Haus besichtigt werden.
Von Elfie Steckel
Langenfeld. Das ganze Team des Hauses hatte sich lange und intensiv mit dem Fall befasst, der auch von zahlreichen Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen untersucht wurde. Einiges ist bisher über die Unbekannte in Erfahrung gebracht wurden, anderes ist Spekulation, weitere Untersuchungen – so über ihre mögliche landschaftliche Herkunft – sind noch nicht abgeschlossen. Was jetzt schon feststeht, hat das Team Ralf Gellwitzki, Desirée Astor und Susanne Wittelsbürger in besagtem Kabinett neben der Dauerausstellung museal umgesetzt. Dieses Trio hat auch die Umgestaltung des Museums geplant.
Die Leiterin des Hauses, Anne Graw-Lipfert, konnte bei der Präsentation des Kabinetts den vielen interessierten Besuchern eine optische „Zeitreise“ in das Langenfeld des ausgehenden 17. Jahrhunderts präsentieren. Langenfeld war eine unbedeutende Ansiedlung von Bauernhöfen, allerdings gab es eine Straße, da „ging die Post ab“. An dieser Hauptfernstraße, der B 8, wurden viele Ausgrabungsfunde gemacht, die zum Teil bis in die Antike reichen.
1964 wurde an der Kölner Straße ein von einem langen Nagel durchbohrter Schädel gefunden. Es handelt sich dabei um den Kopf einer jungen, vermutlich adeligen Frau, an der zur Abschreckung diese grausame Tat vollzogen wurde. Wie Graw-Lipfert sagte, gab es in Richrath zwei Richtstätten und dazu noch eine am Galgendriesch, unweit der B 8. „Es wurde aus Gründen der Sparsamkeit so häufig hingerichtet. Man brauchte kein Geld aufzuwenden für das Gefängnis. Die Missetäter wurden sofort bestraft, an den Pranger gestellt, mit Prügel bestraft oder getötet“, so sagte sie. Doch die Frage nach der Tat dieser Frau bleibt offen.
Seit 1979 wird der Schädel vielfach nach allen Richtungen untersucht. Die Frau hatte offenbar eine kostbare Kopfbedeckung getragen, und die Textilanalyse ließ auf die Zeit zwischen 1668 und 1715 schließen. Mit einer Computer-Tomographie wurde der Schädel rekonstruiert. Der Original-Schädel ist so fragil, dass er im Landesmuseum Bonn bleiben muss und in Langenfeld nun die samt Nagel gescannte und nachgebaute Kopie zu sehen ist. Die Museumsdesigner haben zudem eine visuelle Gesichtsreproduktion im Linsenrasterstereogramm angefertigt. Mit Hilfe holländischer Fachleute wurde auch ihre Kleidung, die sie getragen haben könnte, genäht.
Graw-Lipfert empfahl allen Besuchern, sich die umfangreichen Erläuterungen am Terminal anzusehen. Es ist in der Tat eine interessante und spannende Lektüre. Zu diesem Ergebnis kam auch Bürgermeister Frank Schneider, der das Kabinett mit dem Titel „Das Ende einer Reise“ offiziell eröffnete. Auch er dankte den Mitarbeitern des Hauses – hier namentlich Anne Graw-Lipfert und Katrin Kropp – ausdrücklich für diese und die vorangegangenen 73 Ausstellungen im Haus, das seit 12 Jahren zum Besuch einlädt. Der Schädelfund sei ein ganz besonderes Ausgrabungsstück in der Geschichte der Stadt und stelle einen Glanzpunkt in die Neukonzeption der Dauerausstellung dar. Die umfangreichen Forschungsergebnisse seien hier hervorragend aufbereitet worden. Unter Einsatz modernster Technik sei der Originalschädel reproduziert worden. Die Rauminszenierung und die interaktive Informationsstation bezeichnete er als wichtige und gelungene Schritte in die anstehende neue Konzeption des Hauses.
Autor:Stefan Pollmanns aus Langenfeld (Rheinland) |
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