Die Weihnachtswichtel….

Joshua war sieben Jahre alt. Er fühlte sich bereits zu alt, um mit seiner Oma oder seiner Mama zu Weihnachten Kekse zu backen. Normalerweise machen das alle Kinder in seinem Alter noch, doch Josh war das peinlich. Ausserdem hatte man ihm in der Schule erzählt, dass es ja überhaupt keinen Weihnachtsmann und kein Christkind gibt. Warum sollte er sich also anstrengen und in irgendwelchen mit Eiern, Backpulver und Mehl zubereiteten Teigen rummatschen. Ausserdem fand er das ekelig, weil ewig alles an den Händen kleben blieb und man sich diese ständig waschen musste.

Wenn es aber kein Christkind und keinen Weihnachtsmann gibt, wie funktioniert das dann mit den Geschenken? Er hatte doch in den Jahren zuvor, als er noch nicht so gut schreiben konnte, mit Mamas und Papas Hilfe einen Wunschzettel verfasst, den er höchstpersönlich auf die Fensterbank gelegt hatte. Danach sind alle schlafen gegangen und am anderen Morgen war der Zettel weg! Irgendwer musste ihn doch abgeholt haben – wenn nicht das Christkind, wer denn dann?

Es war Ende November und Weihnachten rückte immer näher. Zeit also, für den Wunschzettel. Er hatte sich schon ein paar Notizen gemacht!: Nintendo, Handy, Base-Cap, den neuen Baukasten, mit dem man mit eigenem Werkzeug Dinge zusammen zimmern kann, eine DVD von Superman und dann noch eine von Sponchbob-Schwammkopf, die coolen Sportschuhe, dazu den passenden Schulranzen und natürlich die ergänzende Federmappe – logischerweise mit Inhalt, denn die Stifte aus der alten Federmappe waren ja bereits „angefangen“. Dann fiel ihm noch eine Digitalkamera ein, um seine gezimmerten Werke zu fotografieren. Ach ja, und ein kleiner Computer – nur für ihn – wäre auch nicht schlecht.

Joshua nahm sich einen großen weißen Zettel aus dem Drucker seines Papas und zog mit einem Lineal Linien darauf. Zwar ein wenig schief, aber das machte ja wohl hoffentlich nichts. Weil er der Meinung war, dass die Linien für seine Wünsche nicht ausreichen würden, nahm er sich gleich ein zweites Blatt Papier – vorsichtshalber natürlich !

Er begann zu schreiben, mit Großbuchstaben: N I N T E N D O, D V D, D I G I C A M, COMPUTER…..

Das waren allesBegriffe, die er bereits schreiben konnte, weil er sie aus der Werbung kannte. Er wollte allerdings sicher gehen, dass seine Wünsche auch genau verstanden wurden, also holte er sich Mamas Versandhaus-Katalog, in dem er bereits oft mit ihr nachgeschlagen hatte. Er wusste genau, hier fand er alles…

Nachdem er alles aufgeschrieben hatte, ging er damit zu seiner Mum. „Schau mal, ich habe alles gaaanz fleißig aufgeschrieben, was ich mir zu Weihnachten wünsche. Soll ich den Zettel wieder auf die Fensterbank legen? Das mache ich doch immer so.“ Mama stimmte ihm zu und beobachtete ihren Filius, wie er mit hochroten Wangen den richtigen Platz auf der Fensterbank suchte, damit ihn auch ja das Christkind zwischen den Blumen fand. Doch dann fiel ihm ein: ES GIBT DOCH GAR KEIN CHRISTKIND UND KEINEN WEIHNACHTSMANN!! Hatten die großen Kinder doch gesagt…..

Aufgeregt lief er zu Mum zurück und berichtete ihr davon, dass man ihm erzählt habe, dass es weder das Christkind noch den Weihnachtsmann gäbe. Wie könnten denn nun seine Wünsche in den Himmel gelangen?

Seine Mama nahm sich –trotz Küchenarbeit- die Zeit, setzte sich auf einen Stuhl und zog den kleinen Burschen auf ihren Schoß.

„Weisst Du,“ sagte sie, „es stimmt schon, dass die größeren Kinder erzählen, dass es Christkind und Weihnachtsmann nicht gibt. Dafür gibt es aber Weihnachtswichtel, die behilflich sind, den Kindern ihre Wünsche zu erfüllen. Mann muss nur fest an sie glauben. Oder, was denkst Du, wer die Wunschzettel immer abholt? Und jetzt ist es Zeit ins Bett zu gehen. Geh schon mal rauf, ich komme gleich und sage Dir Gute Nacht.“

Josh zwischte ab, begab sich auf sein Zimmer und zog sich aus. Brav ging er ins Bad, um seine Zähne zu putzen. Als er dann endlich unter seine mollige Bettdecke geschlüpft war, betrat auch schon seine Mama das Zimmer. „Zähne geputzt?“ „Ja, habe ich. Mama, erzähle mir mehr über die Weihnachtswichtel, bitte!“

Mum setzte sich auf Josh´s Bettkante, strich dem Jungen zärtlich durchs Haar und begann zu erzählen:

„Nun, das sind die Gehilfen des kindlichen Himmels, und sie sind immer zur Stelle, wann immer ein Kind ihre Hilfe anfordert. Man kann sie immer kontaktieren, wenn einen was bedrückt, oder wenn man sich etwas ganz fest wünscht. Sie holen sich dann die Wunsch- oder Beschwerdezettel ab und versuchen, alles wieder in Ordnung zu bringen, wenn mal was schief gelaufen ist. Darüber hinaus können sie trösten und sind unglaublich lieb. Nun schließ aber Deine Augen und schlafe gut. Du wirst schon sehen, was passiert. Gute Nacht, mein Großer, ich habe Dich sehr lieb.“

Als Mama gegangen war, dachte Josh noch eine Weile nach und er kam zu der Erkenntnis, dass die Kinder in der Schule wohl doch Unrecht hatten. Mama würde ihn niemals anlügen – und wenn sie sagt, dass es Weihnachtswichtel gibt, die schriftliche Botschaften der Kinder entgegen nehmen, dann ist das so. Dann ist es im Grunde genommen auch egal, ob es kein Christkind oder keinen Weihnachtsmann gibt. Hauptsache ist doch nur, dass es die Wichtel überhaupt gibt……

Er schlief über seine Gedanken ein. ….

Am anderen Morgen war seine Wunschliste von der Fensterbank verschwunden! Er hatte gleich nachgeschaut. Wow,es gibt sie also, die Weihnachtswichtel……., aber das wollte er coolerweise seinen älteren Schulkameraden nicht erzählen.

© Christiane Rühmann

Autor:

Christiane Rühmann aus Langenfeld (Rheinland)

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