Endlich Ruhe gefunden

Neben Bürgermeister Rudi Geukes (rechts) waren auch zahlreiche Familienmitglieder anwesend. | Foto: Privat
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Lange Zeit ruhte er praktisch vergessen und ohne Identität auf dem Friedhof in Isselburg. Nun, 95 Jahre nach seinem Tod, kann Julius August Wienand endlich in Frieden ruhen, denn nun ziert eine Grabplatte seine letzte Ruhestätte.

Julius Wienand wurde am 27. Mai 1918 auf dem Friedhof beigesetzt. Er war gerade einmal 23 Jahre alt geworden, als sein Flugzeug während des 1. Weltkriegs in der Nähe von Brüssel aufgrund tief hängenden Nebels gegen eine Baumreihe flog und zu Boden stieß. Die sofortige Entzündung des Benzins und die Detonation einer hängengebliebenden 100 Kilo Bombe führten zur vollständigen Vernichtung des Flugzeuges und des größten Teils der Besatzung. Von den fünf tödlich verunglückten konnten nur zwei namentlich ausgemacht werden, einer von ihnen war der Motorenschlosser Julius Wienand.
Am Morgen des 10. Mai 1918 wurde erst das ganze Ausmaß der Katastrophe deutlich. Drei Riesenflugzeuge stürzten bei den Landeanflügen ab. Die Leichen wurden nach Gent in das Lazarett Palace (altes Hotel) eingeliefert und von dort zur Trauerzeremonie zum Westfriedhof Gent überführt und beigesetzt. Aufgrund der Regel, dass in den heißen Jahresmonaten zwischen Mai und Oktober keine Heimatüberführungen stattfinden durften, war es nur wenigen „betuchten“ Familienangehörigen möglich an der Traunerfeier teilzuenhmen.

Bruder holte Julius heim

Der Isselburger Familie Wienand war das alles vollkommen gleichgültig. Julius älterer Bruder Karl machte sich auf die Reise nach Gent, ließ den Körper seines verstorbenen Bruders in einen Zinksarg betten und machte sich auf die zwei Tage dauernde Heimfahrt nach Isselburg. Die ganze Zeit über saß er in dem verschlossenen, dunklen Bahnwaggon neben seinem verunglückten Bruder. Am 27. Mai 1918 konnte der Flieger Julius Wienand dann in der Heimat beigesetzt werden. Doch leider ruhte er in all den Jahren ohne Identität auf dem Friedhof. Das äußerliche Zeichen, ein Grabstein, fehlte. „Lange Jahre stand dort wenigstens ein Kreuz, wo das geblieben ist, weiß niemand“, erzählte uns der in Isselburg geborene Neffe, Julius Wienand.
Vor einem Jahr schließlich meldete sich der Leiter der Dokumentation „Klassiker der Luftfahrt“, ein Herr Sziget bei Julius Wienand in Pulheim bei Köln. Die Bemühungen, den Flieger Julius August Wienand aus der Anonymität zu holen, nahmen konkrete Formen an. Doch es verging ein weiteres Jahr, ohne das sich etwas Konkretes tat. Das war dem Bundesvorsitzenden des Deutschen Luftwaffenrings, Horst Schuh dann zu bunt. Er kümmerte sich darum, dass Julius August Wienand einen angemessenen Garbstein auf dem Friedhof in Isselburg, direkt am Familiengrab der Familie Wienand, erhielt.

Familienangehörige dabei

Neben dem Isselburger Bürgermeister Rudi Geukes, dem Dilpom-Ingenieur Fritz Stege vom Heimatverein Isselburg nahmen auch der Neffe Julius Wienand mit seiner Frau, seine Cousine Ursula Apeltrath, geborene Wienand, mit ihrem Enkel Julian, der Bundesvorsitzende des Deutschen Luftwaffenring, Horst Schuh sowie der Bundesschatzmeister, Diplom-Ingenieur Horst Obbelode mit einer 14-köpfigen Delegation an der kleinen Feier teil.
Kurz noch einmal ein Blick in die Vergangenheit: Drei Tage nachdem deutsche Truppen die belgische Grenze überschritten hatten, meldete sich im Sog der euphorischen Stimmung auch Julius Wienand zu den Truppen. Am 7. August war er als Kriegsfreiwilliger in das Ersatz-Bataillon des Infanterie-Regiments Herzog Ferdinand von Braunschweig eingetreten. Der Abschied in die Festung Wesel dürfte ihm dabei nicht allzu schwer gefallen sein, da es ja nur knapp 20 Kilometer von Isselburg entfernt lag.
Über eine Umwege landete er im Armeeflugpark in Strantz in Metz. Hier gehörte er zu einem ausgewählten R-Trupp, der sich im Herbst 1917 in der Zeppelinhalle Staaken, mit der viermotorigen R.32 vertraut machte. Dort wurde er dann kurz nach seinem 23. Geburtstag erstmals zu einem Nachteinsatz befohlen. Diesen Einsatz sollte Julius August Wienand allerdings nicht mehr überleben. Nach so vielen Jahren hat er jetzt endlich würdevoll seine letzte Ruhe gefunden.

Autor:

Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein

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