Ruhestand – was nun?

Sigrid Moryson bei ihrer Arbeit in der Glück- Auf - Werkstatt. (Foto: Kadner) | Foto: Kadner
  • Sigrid Moryson bei ihrer Arbeit in der Glück- Auf - Werkstatt. (Foto: Kadner)
  • Foto: Kadner
  • hochgeladen von Heinz Kolb (SPD

Eine Herausforderung für jeden, auch für Menschen mit geistiger Behinderung und deren Begleiter

von Doreen Kadner

Liebe Leser, einige von ihnen sind den Weg vom Berufsleben in den Ruhestand vielleicht schon gegangen und kennen sich, was dieses Thema betrifft, bestens aus. Andere von ihnen wünschen sich diesen grundlegenden Wendepunkt vielleicht sehnlichst herbei … Auf jeden Fall erfordert der Übergang in diesen neuen bedeutsamen Lebensabschnitt, wenn man ihn erfüllt und zufrieden erleben will, eine frühzeitige und bewusste Auseinandersetzung mit seinen Vorstellungen, Zielen und Wünschen. Dies trifft gleichermaßen auf Menschen mit geistiger Behinderung wie auch auf nicht Behinderte zu. Wie sie lesen werden, gibt es viele Gemeinsamkeiten als auch einige Unterschiede … oder doch nicht?!

40 Jahre, oder mehr bzw. weniger, fünf Tage die Woche, vielleicht auch am Wochenende, malochen. Viel zu oft wünscht man sich Urlaub herbei oder träumt gar schon von der Rente - heutzutage für die Meisten naus finanzieller Sicht keine rosigen Zeiten. Die Jahre scheiden dahin und „plötzlich“ ist er in Sichtweite – der Ruhestand. Ein prägnanter Lebensabschnitt, der durch die erhöhte Lebenserwartung, bis zu 30 lebenswerte Jahre umfassen kann. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema mag für einige nicht leicht sein, ist jedoch auch nix für Spontane – vorausgesetzt man möchte den Ruhestand entspannt und glücklich verleben.

Der Ruhestand – eine Herausforderung

Bei manchen löst der Schritt in den bzw. der bevorstehende Ruhestand zunächst ein Gefühl von Leere oder Nutzlosigkeit aus. Denn irgendwann ist der Keller entrümpelt, die Fotos eingeklebt, wichtige Papiere sortiert und Kreuzworträtsel machen auf Dauer auch keinen Spaß mehr. Außerdem dient Arbeit heutzutage nicht mehr zum alleinigen Broterwerb. Einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, fördert die Selbstbestätigung, gibt Sicherheit und das Gefühl, gebraucht zu werden und etwas nützliches zu tun. Zugleich fallen aber auch feste Strukturen und Abläufe weg, die auch eine Art Sicherheit und Orientierung geben. Vor allem bei Menschen mit Behinderung bedeutet Arbeit auch Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Der Lebensabschnitt nach dem Erwerbsleben stellt eine Herausforderung dar, sich neu zu orientieren, denn diese neue Lebensphase ist nicht mehr auf Leistung und Erfolg ausgerichtet sondern … auf was eigentlich? Diese Probleme und Fragen kann jeder Einzelne nur für sich selbst beantworten. Entscheidend sind jedoch die unterschiedlichen Potentiale der Bewältigungsstrategien. Menschen mit Behinderung sind hierbei häufig auf professionelle Unterstützung angewiesen. Auf Assistenten, die mit den zukünftigen Ruheständlern Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, ganz persönliche Wünsche und Ideen einbeziehen und vor allem eine selbstbestimmte Lebensführung fortführen bzw. verwirklichen.

Neue Impulse in der Behindertenarbeit erforderlich

Aus unterschiedlichen Gründen erreichen erstmals in der Geschichte viele Menschen mit Behinderung, ebenso wie Menschen ohne Behinderung, eine hohe Lebenserwartung und gehen, nach einer Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung oder außerhalb, in den Ruhestand. Praxiserfahrungen aus diesem Bereich gibt es bisher nur wenig, aber es werden immer mehr Projekte dieser Art installiert. Obwohl die Bestrebungen der Behindertenhilfe schon auf dem Weg sind, müssen noch viele Dinge getan werden. Es müssen u.a. adäquate Wohnformen und Projekte zur Freizeitgestaltung geschaffen werden. Typische Wohnheime müssen sich bzgl. der Alltagsgestaltung ihre Strukturen verändern ebenso wie die Werkstätten und und und.

Frau Sigrid Moryson, eine Bewohnerin unserer Wohnstätte Haus Lebenshilfe, erzählt seit einiger Zeit stolz, sie möchte nächstes Jahr im Sommer in Rente gehen. Die Frage, ob sie denn schon eine Idee hat, womit sie dann ihre Freizeit verbringt, beantwortet sie sehr überzeugend mit Handtücher falten und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Da stellt sich zugleich die Frage, ist das erfüllend, wird das nicht eintönig und langweilig? Möchte sie das wirklich oder hat sie überhaupt eine Vorstellung, was auf sie zukommt? Welche Vorlieben möchte sie pflegen und ausleben? Vielleicht gibt es ja etwas, was sie schon immer mal tun wollte, bisher nur noch keine Zeit dafür hatte? Womöglich eine ehrenamtliche Tätigkeit? Wir werden diesen Weg voller Herausforderungen mit dieser Bewohnerin gemeinsam gehen und lernen ...

Anbei einen Auszug aus dem Programmsatz des Behindertenberichts der Bundesregierung: „Behinderte Menschen sollen auch im Alter ohne Ausgrenzung am Leben der Gesellschaft teilnehmen. Hierfür sind Rahmenbedingungen erforderlich, die ein Altern von behinderten Menschen in größtmöglicher Selbstständigkeit und Würde ermöglichen.“

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

36 folgen diesem Profil

3 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.