In Westerholt endet eine Ära - Werner Schnieders hört auf
Die Titanic sinkt und in Westerholt beginnt eine echte Ära: Schuhhandelsvertreter Bernhard Schnieders eröffnete 1912 mit Frau Johanna auf der Bahnhofstraße 97 das Schuhgeschäft, welches bis heute in Familienhand ist. Werner Schnieders beendet das Kapitel nun in diesem Jahr unwiderruflich.
„Damals war Westerholt fast ausschließlich vom Bergbau geprägt“, erzählt Werner Schnieders von den Anfangstagen seines Großvaters. „Hauptsächlich wurden Schuhe repariert“, weiß er aus Erzählungen. „Das war ein ganz anderer Markt damals.“
An welchem Tag genau der letzte Schuh geschnürt wird, ist hingegen noch nicht ganz sicher. Fest steht, dass spätestens am 30.September das Geschäft geschlossen wird, weil das Geschäftshaus im Herbst verkauft werden soll. Für die Schnieders wird das ein großer Einschnitt sein. "Meine Frau und ich freuen uns auf einen neuen Lebensabschnitt. Bewusst werden wir neben dem Geschäft auch unsere Ehrenämter zur Verfügung stellen. Es kann aber durchaus sein, dass wir uns noch Tätigkeiten suchen, die die Haushaltskasse aufbessern.
Mehr Zeit für Freizeit
Für mich selber gibt es Interesse aus dem Kreis von befreundeten Kollegen in der Schuhbranche, die gerne unsere Erfahrungen im Bereich der Bequemschuhe nutzen möchten", erzählt Werner Schnieders dem Stadtspiegel.
Im Vordergrund stünden aber viele Interessen, die aus Zeitmangel nie verfolgt werden konnten. Reisen in Deutschland und dem angrenzenden Ausland, lesen, fortbilden, und Gesundheitspflege. "Aber auch das Theater", sagt der passionierte Schauspieler. Schnieders Vater Heinrich, übernahm das Geschäft vom Großvater, als er 1949 aus der
Es wurde immer schwieriger
Kriegsgefangenschaft zurückkam und packte beim Wiederaufbau Deutschlands kräftig an. Das Wirtschaftswunder ermöglichte einen Umzug in das bis heute benutzte Ladenlokal. Schusterarbeiten waren da längst passé und das Motto, das Schnieders bis heute inne wohnt ,„schöne bequeme Schuhe“, wurde herausgebildet. Das eine solch lange Tradition zu Ende geht, bewegt die Schnieders natürlich. "Dennoch sind wir nicht traurig. Das passiert halt immer wieder. Nichts ist für die Ewigkeit gemacht. Wir blicken dankbar und zufrieden mit den noch lebenden Familienangehörigen, also auch meiner Mutter (98) auf die lange Zeit zurück und erinnern uns gerne an die vielen lieben Kundinnen und Kunden und unsere Mitarbeiterinnen." Es sei in den letzten Jahren aber auch zu beobachten gewesen, dass das Führen eines Fachgeschäftes immer schwieriger werde. "In unserem Fall konnten wir in den letzten zehn Jahren zwar jedes Jahr mehr gute Schuhe verkaufen, aber es wurde auch immer schwieriger, ein Betriebsergebnis zu erzielen, von dem man leben kann. Steigende Kosten und Steuern, steigende Anforderungen an die Warenauswahl, an Service und Beratungsleistung, feilschende Kunden, hoher Konkurrenzdruck und immer höhere Anforderungen grade im technischen und digitalen Bereich setzen kleinen Geschäften und älteren Betriebsinhabern doch sehr zu."
Der Blick bleibt auf Westerholt
Für Westerholt endet damit eine Ära, die den Stadtteil geprägt hat. Werner Schnieders wird die Geschicke "seines" Dorfs jedenfalls weiter gespannt betrachten. "Die Entwicklung von Westerholt mit der Neuen Zeche und die Werbegemeinschaft werde ich auf jeden Fall aufmerksam verfolgen." Mehr Geschichte geht fast nicht: Das Schuhhaus Schnieders wurde 1912 eröffnet.Foto: Schnieders Werner Schnieders mit dem „Weihnachts-Boten“, einer Gazette, in der sein Großvater in seinen Anfangszeiten Inserate schaltete.Foto: ST
Autor:XY Z aus Sonsbeck |
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